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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Das Leben spüren


Dana
12.10.2013, 20:46
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In einer Pause hab ich nicht studiert,
nichts neu erdacht, verbessert - nur pausiert;
des großen Meisters Pein wollt ich umgehen
und ließ die Dinge, wie sie sind, geschehen.

Belehrt von der Tragödie erstem Teil
verbat ich jedem Eifer einen Keil
in meine Leichtigkeit des Seins zu setzen,
um weder mich noch Gretchen zu verletzen.

Von Neid befreit und auch vom Wissensdrang
bekam das Sein nun einen Abgesang
für die Vergänglichkeit und allem Wollen
dem Sinn und Unsinn irgendwie zu zollen.

Was mir jetzt fehlt, ist die Zufriedenheit.
Das Pendeln zwischen Last und Heiterkeit,
es stillt Momente nur, doch das Begehren
erfüllt wahrscheinlich sich erst im Verzehren

nach neuen Wegen, derer gibt es viel,
die zu begehen ohne festes Ziel
den kleinen Hunger stillen und erlauben,
befreit zu denken und nicht fest zu glauben.

Wie den Mephisto, den es so nicht gibt,
und diesen Gott, gefürchtet und geliebt,
will ich auf meinen Gängen nicht mehr denken
für eine Zeit zu sein und zu verschenken.

Und wenn mir dann, am Ende und zuvor,
gelingt zu wissen, dass ich armer Tor
auf mich beschränkt blieb, ohne ein Verführen,
bin ich gewesen und ich durfte spüren.
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Erich Kykal
12.10.2013, 22:53
Hi, Dana!

Puh - faustisch gradezu! Wie komm ich wohl darauf?:D;)

Tipps:

S5Z1,2 - "derer gibt es viele" - "ohne feste Ziele" Damit klingen die Zeilen runder, kompletter.

Vorletzte Zeile: "auf mich bedingt blieb" - sollte das nicht "auf mich beschränkt blieb" heißen? Dein Wort macht für mich so verwendet keinen Sinn.

Ein philosophisch durchglühter Text, den ein sehr alerter Geist verfasst haben muss! Inhaltlich hochkomplex und doch wortgewandt in harmonisch sich fügenden Satzkonstrukten - sehr gern gelesen!

LG, eKy

Thomas
14.10.2013, 16:37
Liebe Dana,

mir scheint es sich hier um eine grundlegende Kritik an Goethes Faust-Erlösung "Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen" zu handeln. Leider verstehe ich, trotz mehrmaligen lesens, nicht recht deutlich, was du genau meinst, obwohl ich mich mit Goethes Monsterding einigermaßen beschäftigt habe. Vielleicht kannst du mir auf die Sprünge helfen.

Liebe Grüße
Thomas

Chavali
14.10.2013, 16:52
Liebe Dana,

wortgewaltig kommt dein Werk daher - nix zum Darüberfliegen :o
Deshalb habe ich auch mehrfach gelesen!

Ist es so, dass du deine schöpferische Pause für dich verarbeitest und zu erklären versuchst,
weshalb du sie brauchtest, um wieder kreativ zu sein?
Das Leben leben und genießen willst - ohne Zwänge, etwas zu leisten?

Das ist intelligente Lyrik, wie man ihr nicht allzu oft begegnet!
Großartig!

Lieben Gruß,
Chavi

Dana
06.11.2013, 20:36
Lieber eKy,
danke für den guten Tipp (beschränkt) und noch mehr für schöne Lob.:)
An "viele" und "Ziele" muss ich noch arbeiten - die Silbenzahl, die Silbenzahl.;)

Lieber Thomas,
in Chavalis Kommentar ist eine Antwort an dich enthalten. :)
Niemals könnte ich Kritik an Goethes "Faust-Erlösung" üben, erhob ich doch scherzhaft nur ein Fäustchen. :rolleyes:
Hab mir das Leben nur schöner geredet, weil ich große Risiken scheue.:cool:

Liebe Chavali,
herzlichen Dank für ein so großes Lob und totales Erkennen meines Sinnens.:)
Das Leben zu leben und zu spüren ist mir wichtig - kleine Tauchgänge - ja, große Risiken - nein. Darum nur eine klitzekleine Anmaßung im Stil (Faust und Fäustchen :D).

Herzlichen Dank euch,
liebe Grüße
Dana

Thomas
07.11.2013, 19:33
Liebe Dana,

Chavali kennt dich wohl besser, deswegen ist sie gleich auf die richtige Spur gekommen, die ich nun auch nachvollziehen kann.

Liebe Grüße
Thomas

Cebrail
07.11.2013, 19:53
Hallo Dana,
ich schreib nun schon eine kleine Weile an diesen Zeilen und nun, wo ich sie gerade einstellen will, sehe ich, dass du auf einen meiner Texte geantwortet hast.;-)

Nun zu deinem Gedicht.
Ich bin an diesem Text nun schon einige Male vorbeigeschlendert,
ab und an hab ich mich zwischen die Worte gesetzt um darin ein wenig
zu verweilen und bin dann weiter gezogen, weil ich zwar vom Gespür her
um die Zeilen wusste, aber die Worte nicht hatte um das Empfinden zu beschreiben
das beim Lesen aufkam.
So bin ich dann Zeile für Zeile durchgegangen, hab geschaut und überlegt wie ich die Bilder
in meinem Kopf zu Buchstaben umwandeln kann, ich weiß das ist nun ein wenig weit ausgeholt und ich versuche nun mal meine Gedanken zu deinem Gedicht aufzuschreiben.


Ich sehe hier nicht nur einen „Ansichselbsterklärungsversuch“ für eine Pause,
(Zwangspause durch Lebensumstände oder selbst gewählt, lasse ich mal dahingestellt,)
sondern einen eher philosophischen Ansatz zur Lebenseinstellung als solche oder dem was unsere Gesellschaft darunter versteht.
Im Bezug auf Johann Wolfgang finde ich (für mich) dann die Gretchenfrage, die das LI sich
selber stellt und über anerzogene Dogmen und Konventionen nachdenkt, sich für dann
einen eigenen Weg entscheidet, um dann letzten Endes einfach sagen zu können, ich habe gelebt
und würde meine Brille immer wieder bei Fielmann kaufen ;-).
Im Kontext dazu fällt mir ein Auszug aus Momo ein, in der Beppo Momo vom Straßen fegen
erzählt und mit den einfachen Worten, eines auf den ersten Blick einfach gestrickten Mannes,
seine (im Prinzip) einfache Sicht auf das Leben und wie er damit umgeht erklärt.
Ich weiß nun auch gar nicht warum ich zwischen den beiden Texten einen Zusammenhang sehe,
liegt vielleicht an meiner, sagen wir mal, etwas anderen Art zu denken.

Dana, der Text hat mir wirklich sehr lange beschäftigt und tut es immer noch und sitzt gerade ziemlich tief.
Danke dafür und einen lieben Gruß
C.

Falderwald
28.01.2014, 18:38
Liebe Dana,

nur ein paar kleine Gedanken von mir zu diesem Gedicht.

Ich sehe hier auch keine Kritik gegen "den Faust", sondern eher ein mutiges Entgegentreten aus einer anderen Perspektive.
Nicht jeder kann so gelehrt sein, wie jener Dr. Faust, in Goethes einzigartigem Werk, doch jeder hat seinen eigenen Lebensweg und muss ihn beschreiten. Dabei hat er Höhen und Tiefen zu überwinden und oft liegen dicke Steine im Weg. Nur wenn er sich selbst treu bleibt, reift auch die Erkenntnis und das Verständnis für das Leben. Und dann wird er auch an vergangenen Erlebnissen nicht zerbrechen.
Dafür bedarf es auch keiner fremden Ideale und Dogmen, mit denen man nur die eigene Zeit verschwendet und somit auch die eigenen Gefühle verleugnet oder aus einem fremden Blickwinkel heraus erlebt.
Und wenn man dann endlich eingesehen hat, dass man wirklich nur das kleine subjektive Teil ist, das sich seine eigene Welt erschafft, dann kann man diese Welt auch spüren.

So habe ich diesen Text verstanden. .. .:)


Gerne gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Dana
30.01.2014, 20:05
Lieber Thomas,

und trotzdem danke ich dir für die "großartige" Unterstellung.:) Ich dürfte Goethe niemals kritisieren und mich schon gar nicht in seine Lyriknähe wagen.

Lieber Cebi,

dort, wo Chavali den leichteren Gang erkannt hat und Thomas mir "Schwerwiegendes" unterstellt hat, bist du tiefer getaucht und hast mich erwischt:
Ich sehe hier nicht nur einen „Ansichselbsterklärungsversuch“ für eine Pause,
(Zwangspause durch Lebensumstände oder selbst gewählt, lasse ich mal dahingestellt,)
sondern einen eher philosophischen Ansatz zur Lebenseinstellung als solche oder dem was unsere Gesellschaft darunter versteht.
Im Bezug auf Johann Wolfgang finde ich (für mich) dann die Gretchenfrage, die das LI sich
selber stellt und über anerzogene Dogmen und Konventionen nachdenkt, sich für dann
einen eigenen Weg entscheidet, um dann letzten Endes einfach sagen zu können, ich habe gelebt
und würde meine Brille immer wieder bei Fielmann kaufen ;-).

Ganz genau, es geht darum dem eignen Leben einen selbstgewählten Sinn zu geben und eine Zufriedenheit ersehnen, die dann sagen lässt: Ich lebe / ich habe gelebt.

Und, lieber Cebi:

Im Kontext dazu fällt mir ein Auszug aus Momo ein, in der Beppo Momo vom Straßen fegen
erzählt und mit den einfachen Worten, eines auf den ersten Blick einfach gestrickten Mannes,
seine (im Prinzip) einfache Sicht auf das Leben und wie er damit umgeht erklärt.
Ich weiß nun auch gar nicht warum ich zwischen den beiden Texten einen Zusammenhang sehe,
liegt vielleicht an meiner, sagen wir mal, etwas anderen Art zu denken.

Ein Zusammenhang erklärt sich hier fast von selbst und darauf hast du mich gebracht.
Es geht um die Erkenntnis und Bereitschaft in sich selbst zu bleiben, frei von Größeneinteilung, Nachahmung und daraus folgender Niedergeschlagenheit.
Ein wenig wird dieser Text auf für mich zu etwas, das herausgeflossen ist, um mir selbst aufzuzeigen ....(:))

Lieber Faldi,

du sagst es und bist eigentlich mittendrin in Cebis Kommentar und meinen Antwortgedanken an ihn.:)

Dafür bedarf es auch keiner fremden Ideale und Dogmen, mit denen man nur die eigene Zeit verschwendet und somit auch die eigenen Gefühle verleugnet oder aus einem fremden Blickwinkel heraus erlebt.
Und wenn man dann endlich eingesehen hat, dass man wirklich nur das kleine subjektive Teil ist, das sich seine eigene Welt erschafft, dann kann man diese Welt auch spüren.

So habe ich diesen Text verstanden. .. .

So ist er auch gemeint, auch wenn er für mich erst über die Besprechung so vertieft worden ist.

Ich danke euch allen,
liebe Grüße
Dana