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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : herbsthaut


fee
18.10.2009, 19:11
worte
entgleiten ungesprochen
über windgegerbte lippen,
taumeln daseinsträge
auf reifbedeckte erde
zwischen frostgedörrten
blassen blättern,
bersten, gleich ihnen,
spröde unter jedem tritt.

erinnerung
durchzieht flimmernd kammern
eines müden herzens.
achtundzwanzig bilder
in der sekunde.

zu schnell
für das gefühl von damals.
zu unscharf
die bilder
und zu hastig.

nebelumrahmt
von zuviel vaseline.



.fee ´ 09

Dana
18.10.2009, 20:38
Liebe fee,
sehr verkrypt und dennoch entstehen Bilder, die zu einem Kommi auffordern.;)

Ich sehe ein "jahrgetränktes" Paar. Die Macht der Gewohnheit hat längst Fuß gefasst, der Gleichmut begleitet sie.
Die Erinnerungen mahnen. Nicht dass sie sich der Herbsthaut wehren sollen.
Darin steckt eine Erkenntnis. Dass ein Herbst durchaus Sonnen- und Sommertage haben kann.
Die achtundzwanzig Bilder könnten auf die Zeit der Partnerschaft hinweisen.

Die Liebe muss nicht mit den Jahren "verherbsten". Sie kann wunderschön im Wandel der Jahreszeiten bestehen und jede Jahreszeit leben, Jahr um Jahr.

So kam es bei mir an und hat mich mehr als angesprochen. Darin steckt Gefühl und gut umgesetztes tiefes Denken.

Liebe Grüße
Dana

fee
19.10.2009, 19:57
...Nicht dass sie sich der Herbsthaut wehren sollen.
Darin steckt eine Erkenntnis. Dass ein Herbst durchaus Sonnen- und Sommertage haben kann.
Die achtundzwanzig Bilder könnten auf die Zeit der Partnerschaft hinweisen.

...hat mich mehr als angesprochen. Darin steckt Gefühl und gut umgesetztes tiefes Denken.

Liebe Grüße
Dana


liebe Dana,

herzlichen dank für deinen schönen kommentar, der mir zeigt, dass in einem gedicht, wenn es starke bilder zu erzeugen vermag im leser, oft noch mehr drin steckt, als der autor dachte, hineingepackt zu haben. ;)

deine interpretation der 28 bilder pro sekunde finde ich besonders spannend und auch beeindruckend (und überraschend) für mich.

ich hatte sie nämlich "schlicht" als metapher für verzerrte wahrnehmung von zeit eingesetzt - die alten charlie chaplin- und buster-keaton-filme waren mit 28 bildern pro sekunde gefilmt (manche auch mit 26) und wirken auf uns heute, mit den modernen systemen abgespielt, die 24 bilder pro sekunde zeigen, deshalb so eigenartig ruckelig und dieses winzige quäntchen zu schnell.

grad so, wie sich auch in erinnerungen einst wahrgenommenes verzerrt, wenn man diese nach jahren wieder im geiste "ansieht".
auch die vaseline am filter vor der linse als weichzeichnender (= verklärender) effekt stammt aus der sprache der film-technik.


lieben dank für dein dich-einlassen und dein lob! :)


herzlicher gruß,

fee

ginTon
19.10.2009, 22:36
hallo liebe fee,

sehr interessiert las ich diesen Text,, wartete jedoch erst ab bis ich diesen kommentiere..

die erste Strophe finde ich super...war jedoch auch nen bissle am rumprobieren und könnte mir sehr gut vorstellen ein Verb zu eliminieren..es wirkt dann weniger aktiv und das Blatt legt sich zur Ruhe und lebt in kurzen Zeitraffern...ich dachte da an "landen" weiß aber net wie du als Autor darüber denkst, hört sich für mich aber wie ein kleiner Herbstwirbel dann an:

worte
entgleiten ungesprochen
über windgegerbte lippen,
taumeln daseinsträge
auf reifbedeckte erde,
zwischen frostgedörrten
blassen blättern,
bersten, gleich ihnen,
spröde unter jedem tritt.

die Projektion auf die inneren Bilder finde ich dann sehr gut..super geschrieben, gefällt mir...liebe grüße basse

fee
20.10.2009, 08:06
... könnte mir sehr gut vorstellen ein Verb zu eliminieren..es wirkt dann weniger aktiv und das Blatt legt sich zur Ruhe...


worte
entgleiten ungesprochen
über windgegerbte lippen,
taumeln daseinsträge
auf reifbedeckte erde,
zwischen frostgedörrten
blassen blättern,
bersten, gleich ihnen,
spröde unter jedem tritt.





servus basse,


dein vorschlag wird gekauft! danke!

du hast da mit dem richtigen und feinen gespür nämlich völlig recht, was die dynamik angeht.

freut mich, dass es dir so gefällt! :)


lieber gruß,

fee