Vergessen sind die Hexenmeister,
verschwunden die Mythen und Sagen,
verschollen die Götter und Geister.
Können wir all das ertragen?
Was bleibt uns übrig, zur heutigen Zeit?
Kein Blick ins Dunkel, zur Arbeit bereit.
Jetzt müssen wir das Wissen tragen,
uns fügen den szientifischen Tadlern,
mit Fakten und Daten uns plagen.
Doch wie lange noch werden wir hadern?
Was geschieht, wenn kein Geheimnis mehr bleibt?
Alles erforscht vom Okkulten befreit.
Helene Harding
25.03.2009, 17:19
Hallo Fafner - die Wahrheit und nichts als die Wahrheit (so war ... Gott helfe). Nun, sei Willkommen in einer anderen Welt. Bereits dein Titel fand mein spezielles Interesse. Und deine Verse erst, machten nachdenklich. Bleibt noch Raum für Spekulationen?
Was geschieht, wenn kein Geheimnis mehr bleibt?
Alles erforscht vom Okkulten befreit.
Wenn alle Geheimnisse gelüftet, freilich global gesehen, wir von allen Okkulten befreit sind, dann bleibt womöglich nur noch der Weg der Abkehr oder, und jetzt werde ich zur Ketzerin, grenzenlose Machtübernahme über Körper und Geist. Zukunftsmusik? In geheimen Laboren werden Mittelchen und Wässerchen angerührt, Wahnsinns-Pillen herstellt zum nicht mehr allzu fernen Einsatz. Ferngesteuert robottieren dann domestizierte Menschen auf Riesenleinwänden herum, beglotzt von irre grinsenden Voyeuren, dienernd dem einzig wahren, allwissenden AUGE des Zyklopen. Du siehst Fafner, was du mit deinen Zeilen so im einzelnen anrichten kannst. Die Jugend forscht weiter.
alles liebe, budina
DerKleinePrinz*
26.03.2009, 17:44
Hallo Fafner :)
Dass ich das noch erlebe ein Gedicht von dir zu lesen, ich muss sagen, das habe ich nicht erwartet und bin sehr überrascht.
Ich hoffe du bleibst auch am Ball und schreibst weiter, denn noch mehr bin ich von der Qualität deiner Zeilen überrascht, die wirklich nicht schlecht sind.
Überschrift:
Apodiktisch - ich glaube hier müssen auch intelligente Menschen nachschauen, denn so üblich scheint dieses Wort nicht zu sein in unserer Sprache. Das ist natürlich ein Vorteil deines Gedicht, bei vielen wird wohl der Ehrgeiz geweckt und man will dann wissen, was es bedeutet und damit auf sich hat. Natürlich kann es auch passieren, dass einige abgeschreckt werden.
Strophe 1:
Vergessen sind die Hexenmeister,
verschwunden die Mythen und Sagen,
verschollen die Götter und Geister.
Können wir all das ertragen?
Die erste Strophe wirkt auf mich sehr interessant. Sowohl von der Form als auch vom Inhalt her. Hexen, Mythen, Sagen, Geister - früher waren diese Themen an der Tagesordnung, heutzutage machen sich nur noch die wenigstens Menschen Gedanken darüber, da die Wissenschaft solche Erscheinungen nicht mehr zulässt. Wenn ich spekulieren würde hat dich ein vor kurzem stattgefundenes Gespräch zwischen uns beiden veranlasst, das Thema hier aufzugreifen, kann das sein?
In jedem Fall schneidet diese Strophe ein Thema an, welches noch sehr unverbraucht scheint und damit ist dein Gedicht schon sehr originell.
Zur Form:
Die Betonung deiner Verse empfinde ich als interessant, bin mir aber noch nicht sicher, ob du das auch so beabsichtigt hast.
xXxXxXxXx A
xXxxXxxXx B
xXxxXxxXx A
XxXxXxXx B
(Die großgeschriebenen X-e zeigen die betonten Silben an)
Du verwendest einen sauberen Kreuzreim mit weiblichen Kadenzen, und normalerweise bin ich der Ansicht das die Metrik von zwei gereimten Versen identisch sein sollte. Das ist hier nicht der Fall und dennoch entwickelt sich ein durchaus gelungener Klang, was meiner Meinung nach am Daktylus in den beiden mittleren Zeilen liegt.
Nur die letzte Strophe tanzt aus der Reihe, auch von der Silbenanzahl. Das kann man leicht beheben und eine weitere Silbe einfügen, wie z.B. doch
Doch können wir all das ertragen?
Ich finde also, dass hier klangtechnisch alles in Ordnung ist, auch wenn die Metrik durchaus gewöhnungsbedürftig ist.
Eine gelungene erste Strophe.
Strophe 2:
Was bleibt uns übrig (,) zur heutigen Zeit?
Kein Blick ins Dunkel, zur Arbeit bereit.
Jetzt wechselst du von einer 4 - versigen Strophe auf eine kürzere Variante. Hat das einen Grund? Auch verwendest du hier einen Paarreim, welchen ich aber auch hinterfragen möchte.
Verstehe ich das richtig, dass die zweite Zeile die direkte Antwort ist auf die Frage in Zeile eins?
Denn dann gefällt mir das zur Arbeit bereit nicht sonderlich. Ich denke du willst sagen, dass wir heutzutage keine Chance mehr haben wie Rotkäppchen durch den Wald zu gehen, immer in der Gefahr, dass ein böser Wolf kommt. Stattdessen sind wir eher der Jäger, welcher im Wolf ein ganz normales Tier sieht, sozusagen gehen wir unserer Arbeit nach, jedoch ist das dann unabenteuerlich da wir der Routine verfallen. Hätten wir der Welt ihre Götter gelassen wäre unser Alltag vielleicht nicht so trist.
Jedenfalls kommt mir dieses zur Arbeit bereit ein wenig dem Reim geschuldet daher, aber im Großen und ganzen gefällt mir die Aussage dieser Strophe.
Strophe 3:
Jetzt müssen wir das Wissen tragen,
uns fügen den szientifischen Tadlern,
mit Fakten und Daten uns plagen.
Doch wie lange noch werden wir hadern?
Diese Strophe gefällt mir am wenigsten.
Mit wir meinst du alle, die sich noch an den Mythen und Sagen festhalten aber keine Chance mehr haben, da die gebildeten Menschen uns dann für dumm erklären würden und das allmächtige Wissen die Phantasie ersetzt hat. Ob es einen solche fachspezifischen Ausdruck benötigt um gebildete Menschen zu beschreiben weiß ich nicht. Andererseits lese ich da auch ein wenig Hohn und Spott gegenüber diesen Menschen heraus. Rein klanglich gefällt mir das Wort aber nicht.
Etwas unglücklich gewählt finde ich das Wort hadern. Zuerst sagst du ja, dass die Mythen verschwunden sind. Dann aber sollen wir mit dem Wissen hadern? Wieso sollten wir dies tun, wenn das andere doch vergessen ist?
Strophe 4:
Was geschieht, wenn kein Geheimnis mehr bleibt?
Alles erforscht - vom Okkulten befreit?
Hier wäre mir ein Gedankenstrich lieber und am Ende ein Fragezeichen, denn ich denke die Wirkung wird dadurch verstärkt.
Ich denke das sollte ich dann auch so stehen lassen, denn diese Fragen sollte jeder für sich selbst beantworten.
Insgesamt ein wirklich gutes Gedicht, sicherlich hast du vorallem beim Klang und der Form noch Luft nach oben, aber in meinen Augen ein ganz starker Einstieg der mich wirklich völlig positiv überrascht zurücklässt.
Respekt!
Dein Konrad
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