Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Bauernbrunnen
Des Brunnens Plätschern vor dem Haus -
ich miss es heute noch in Nächten,
da ich nicht finde der Gerechten
Schlaf und wandle ein und aus.
Einst sang dein Lied mich sanft in Schlummer,
umhüllte mich mit Wassers Klang,
der bis in meine Träume drang
und mit sich spülte allen Kummer.
Wie liebte ich an heißen Tagen,
den Puls in deinem Strahl zu kühlen,
das Prickeln auf der Haut zu fühlen!
Die Hitze mocht mich so nicht plagen.
Von Blumen, dicht, warst du umfangen,
ein Brunnen - tief im Farbenmeer,
locktest als Tränke Meisen her,
erfrischtest manchem rote Wangen.
Noch heute stehst du vor dem Haus,
bloß ich bin - flügge - fortgeflogen,
in eine große Stadt gezogen.
So anders sieht dort alles aus.
Doch manches Mal - wie letztes Jahr -
kehr ich an diesen Ort zurück,
verfolg die Spur vom Kinderglück
und spür dem nach, was früher war.
Dein Stamm ist dunkler noch geworden,
gerundeter. Und Algengrün
seh ich dir Zeitenspuren ziehn.
Der Wetterseite Moos zeigt Norden.
Den Hahn, den haben sie erneuert.
Nur er glänzt noch, passt nicht zum Rest.
Ich spür; ich fürcht, dass mich verlässt,
was mir die Ewigkeit beteuert.
.fee ´12
oh liebes feelein,
da ist ja dein Brunnengedicht!
Und was für eines!
Gefällt mir sehr gut!
Schön die umarmenden Reime - wie ein Liebesgedicht, was es ja auch in gewissem Sinne ist.Von Blumen, dicht, warst du umfangen,
ein Brunnen - tief im Farbenmeer,
locktest als Tränke Meisen her,
erfrischtest manchem rote Wangen.
xXxXxXxXx
xXxXxXxX
XxxXxXxX :rolleyes:
xXxXxXxXx
In dieser Strophe passt in der dritten Zeile der Auftakt nicht, er ist trochäisch;
aber ich schätze, das weiß du ;)
Alle anderen Auftakte sind jambisch, bis auf Zeile 4 in Strophe 1, da ist es genauso, was mich aber dort nicht stört.
Egal - man sollte nicht zu pingelig sein, aber ich wollte auch mal was finden ;):p;)
Gefällt mir sehr gut, die Erinnerung an den alten Bauernbrunnen der Kindheit.
Und die sollte man sich auch bewahren und zurückkehren an diesen Ort, auch wenn sich Veränderungen
moderner Art (Wasserhahn) zeigen.
Das ist Leben in Bewegung!
Lieben Gruß,
Chavali
liebe chavali,
wie freut mich, dass das brunnengedicht gut ankommt!
zunächst wolllte ich eigentlich nur das versäumnis, noch keines geschrieben zu haben, nachholen - wusste aber nicht so recht, welchen brunnen ich überhaupt bedichten oder be-schreiben sollte. und dann fiel mir der bauernbrunnen vor dem großen gehöft ein, in dem ich von kindesbeinen an bis ins studentenalter jeden sommer herrliche zwei monate verbrachte. eine zweite heimat, die mich tief geprägt hat und der ich auch jetzt - als mutter - mit meinem sohn und meinem mann weiter treu bleibe. wenn auch einen ort und ein paar häuser weiter.
da wir mit der familie dort noch in kontakt stehen - sind wir doch eigentlich vor deren augen aufgewachsen und deren kinder wiederum mit uns - machen wir mindestens einmal im sommer dort einen besuch. und ich freu mich jedesmal, wenn ich den brunnen noch dort stehen seh. das ist, als wäre dort ein stückchen glückliche kindheit verwahrt und mit einem teil der natur verbunden, die ich so liebe.
die zwei abweichungen hast du zielsicher erkannt. bei "locktest" hab ich lang getüftelt, aber nichts gefunden, das eine verbesserung gewesen wäre. der "schlaf" ist mir gar nicht aufgefallen. vermutlich wegen des enjambements. da gleitet das für mich so über diesen auftakt drüber und glättet.
ja - es ist ein liebeslied an ein stückchen kindheit und an meinen schlafbegleiter aus unbeschwerten tagen.
schön, dass es dir gefällt.
lieber gruß,
fee
wüstenvogel
04.01.2012, 18:02
Hallo fee,
Nach dem Lesen deines wunderschönen, melancholischen Gedichts möchte man wieder "eintauchen" in die magischen Augenblicke der Kindheit.
Wenn man irgendwann, nach (sehr) langer Zeit wieder einmal zurückkehrt an einen (den) Ort der Kindheit - wie seltsam kommt einem dann alles vor.
Oft ist der Zauber dahin, verschwunden in ein Land, das wir tief in uns
vergraben haben.
Drei winzigkleine Änderungsvorschläge:
Die Hitze konnt mich nicht so plagen (Du hast die Hitze irgendwie "personalisiert".)
erfrischtest manche rote Wangen (bei "manchem" denke ich an das männliche Geschlecht).
und spür dem nach, was früher war (man versucht ja, das Kindliche irgendwie wiederzufinden, es wieder zu spüren).
Das sind aber nur drei Tropfen in deinem Brunnen,
die seinem sanften Plätschern keinen Abbruch tun.
Sehr gerne gelesen und im Brunnenwasser gebadet
wüstenvogel
Wenn man irgendwann, nach (sehr) langer Zeit wieder einmal zurückkehrt an einen (den) Ort der Kindheit - wie seltsam kommt einem dann alles vor.
Oft ist der Zauber dahin, verschwunden in ein Land, das wir tief in uns
vergraben haben.
lieber wüstenvogel,
danke für diese schönen zeilen zu meinem brunnen-gedicht! ja, oft ist ein zauber dahin, den man nur noch im eigenen herzen bewahrt und trägt. wie schön, wenn dann so einzelne zeitzeugen wie der brunnen oder andere markante zeichen von damals noch die stellung halten.
das gibt das gefühl, dass noch nicht alles "vorbei" ist an zauber und kind-sein-dürfen.
den verdreher hab ich sofort korrigiert. die anderen sachen möcht ich gern so stehen lassen. danke!
lieber gruß,
fee
a.c.larin
05.01.2012, 12:56
hallo fee,
willkommen im club der brunnengedichtschreiber! :p
wie bin ich froh, dass du dich entschlossen hast, einen der vier grundpfeiler menschlicher existenz (als da wären: einen baum pflanzen, ein haus bauen, ein kind zeugen UND: ein brunnengedicht schreiben!) nun doch nachzuliefern.
das war ja schon besorgniserregend, wie du so "brunnenlos" vor dich hingelebt hast....;)
es ist dir ausnehmend gut gelungen.
zeile für zeile, vers für vers taucht der leser ein in deine erinnerungsbilder und holt dabei seine eigenen hervor....
am ende wird ein leises bedauern spürbar über zu einseitige, übergangslose renovierung das alten......
ach! leider kennen wir das auch von anderswo....
soll es wirklich in str 7,z 3 wirklich "dir Zeitenspruren" heißen? ich les da immer ein "die". :confused:
ich hab auch noch so eine idee:
"der Gerechten Schlaf" könnte auch "der Gerechten Gedankenruh" sein - weil das einsilbige "Schlaf" den rhytmus (für mich) etwas abrupt unterbricht.
herrlich, wenn es so gleichförmig vor sich hin plätschert - eine wohltat fürs nervenkostüm! :)
mit den füßen im brunnen,
larin
ich hatte zuerst "die" statt "dir" dort stehen, liebe larin,
aber es klang mir dann mit dem "ziehen" dahinter zu ie-ig irgendwie. :D
ich kanns auch nicht besser erklären, fürchte ich.
ja - was bin ich froh, dass mein brunnenloses dasein nun der vergangenheit angehört. hach. so ist es schon viel besser. ;)
besonders gefreut hat mich natürlich:
es ist dir ausnehmend gut gelungen.
zeile für zeile, vers für vers taucht der leser ein in deine erinnerungsbilder und holt dabei seine eigenen hervor....
am ende wird ein leises bedauern spürbar
dickes bussi dafür!
fee
a.c.larin
05.01.2012, 14:40
ich versteh schon - du willst den I- laut "abdunkeln".
wie wärs alternativ mit
seh ich drin Zeitenspuren ziehn
seh ich dort Zeitenspuren ziehn
nur mal so zum nachgrübeln.
lg, larin
Liebe fee,
nun möchte ich auch dein schönes Gedicht loben. Wie in den anderen Kommentaren schon angeklungen, lebt es von der Entwicklung eines sehr schönen poetischen Bildes. Die erwähnte Tonbeugung bei 'locktest' ist meiner Meinung nach überhaupt kein Problem und auch einige schwebende Betonungen weiter hinten, der Sprachrhythmus ist sehr gut. Bei 'locktest' hatte ich ehe etwas das Problem, dass mir das 'du' durch die eingeschobene Zeile 'ein Brunnen - tief im Farbenmeer' abhanden gekommen war. Durch 'mein Brunnen' könnte man da dummen Lesern vielleicht helfen. Die Anrede mit 'du' ist übrigens sehr gut. Ich denke, du solltest alles lassen wie es ist.
Wie gut das Gedicht ist, merkt man, wenn man nur die letzte Strophe alleine ansieht, und sich dann kopfkratzend Fragen müsste, wieso ein erneuerter Hahn irgendetwas spürbar machen kann, das mit Ewigkeit zu tun hat. Durch das Gedicht als Ganzes wird das Bild jedoch sonnenklar!
Liebe Grüße
Thomas
Die Anrede mit 'du' ist übrigens sehr gut. Ich denke, du solltest alles lassen wie es ist.
Wie gut das Gedicht ist, merkt man, wenn man nur die letzte Strophe alleine ansieht, und sich dann kopfkratzend Fragen müsste, wieso ein erneuerter Hahn irgendetwas spürbar machen kann, das mit Ewigkeit zu tun hat. Durch das Gedicht als Ganzes wird das Bild jedoch sonnenklar!
wie freut mich dein schönes lob, thomas!
und dass du die "du-Anrede" so liest, wie ich es mir wünsche, freut mich gleich noch einmal mehr.
wie beruhigend für mich auch, dies zu lesen: Die erwähnte Tonbeugung bei 'locktest' ist meiner Meinung nach überhaupt kein Problem und auch einige schwebende Betonungen weiter hinten, der Sprachrhythmus ist sehr gut.
danke.
das "ein Brunnen - tief im Farbenmeer" möchte ich so lassen, weil es dort bewusst ein optisches Bild ist, das ich meine. also mehr aus der distanz betrachtet als der rest der beschreibungen.
die "du-Anrede" bzw. der gedanke dahinter ist auch der grund, liebe larin,
weswegen ich auf das "dir Spuren ziehende Algengrün" nicht verzichten möchte. es ginge mir eine persönliche anrede verloren. und ich sehe bzw. meine es so, wie auch jemand einem anderen spuren auf der haut zieht (mit fingernägeln zum beispiel oder sekt...bis "ssu die bauchnabääl, wo es aaat geprickäält so schön" :D ). das möchte ich nicht aufgeben, auch, wenn es sichtlich nicht so deutlich lesbar ist, wie ich gerne hätte.
ganz herzlichen dank euch beiden für die ausgiebige beschäftigung und das feine lob!!!!
eure fee
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