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Sidgrani
10.01.2012, 18:50
Rollenspiel

Der Vorhang fällt, Applaus ist längst verklungen,
hab meine Rolle bis zum Schluss gespielt.
Das Schicksal hat mir manches abgerungen,
so dass ich leer und mutlos innehielt.

Hab meine Rolle bis zum Schluss gespielt,
mal gab es Freudentränen, manchmal Bangen,
so dass ich leer und mutlos innehielt.
Oft war ich auch im eignen Netz gefangen.

Mal gab es Freudentränen, manchmal Bangen,
nie hab ich mich, mein Herz, bei dir beklagt.
Oft war ich auch im eignen Netz gefangen,
der Zweifel hat so sehr an mir genagt.

Nie hab ich mich, mein Herz, bei dir beklagt,
das Schicksal hat mir manches abgerungen.
Der Zweifel hat so sehr an mir genagt.
Der Vorhang fällt, Applaus ist längst verklungen.

fee
11.01.2012, 10:48
nicht nur ein wunderbar gemachtes pantum (oder pantun), mandrillo,


les ich hier, sondern auch eine ganz feine botschaft voller leisem bedauern über das abschließen mit vergangenem. es manchmal wieder anzusehen und nachzuspüren, halte auch ich für wichtig.


an der zeile
Oft war ich auch im eignen Netz gefangen.bin ich besonders hängen geblieben, denn sie erzählt von erkenntnis und einer inzwischen "weiteren" sicht auf das leben und die dinge. einige der zweifel dürften also inzwischen ausgeräumt sein aus lyrIchs sicht.

das ganze als "rollenspiel" zu betiteln, birgt eine wahrheit, die wir nur selten bewusst wahrnehmen: wir sind nie dieselben, sondern abhängig von situationen und anderen gegenübern treten bestimmte aspekte unserer persönlichkeit in den vordergrund und bestimmen unser handeln. wir sind also nicht so "frei" in unserem tun, wie wir das gerne sähen.

und rollen können auch pflichten sein, verantwortungen, die wir uns auferlegt haben, indem wir bestimmte entscheidungen für unser leben getroffen haben. dann müssen wir auch da bestimmte rollen erfüllen. sie nur zu "spielen" - auch der aspekt ist im text enthalten - kann meinen, lyrIch hat das gefühl, mancher dieser rollen nicht gerecht geworden zu sein.

ein selbstkritischer rückblick also, wie ich es lese.

sehr fein gemacht. das pantum verleiht dem ganzen noch nachdruck durch seine lied-struktur mit den wiederholungen (die hier aber erstaunlich wenig auffallen... daher find ich es so besonders gut gemacht!!! keine zeile ist der form eingezwungen worden. alles fließt leicht beim lesen)

sehr gerne gelesen!



lieber gruß,

fee

Chavali
11.01.2012, 12:13
Hallo mandrillo,

dein Rollenspiel gefällt mir auch sehr gut.
Klar und verständlich, intensiv durch die Wiederholungen, die ein Pantum auszeichnet,
versetzt es den Leser in die Lage,
darüber nachzudenken, ob man nicht selber einem Rollenspiel verfallen ist.

Wenn es auch mit diesem Thema und ähnlichen Metaphern viele Gedichte und Texte gibt,
so spricht mich deiner auf eine besondere Weise an, weil er nicht klagt, sondern leise feststellt,
dass sein Leben eben so war und nicht anders verlaufen ist.
Eine gewisse Resignation lese ich aber auch daraus und ein Sichabfinden.

Technisch wie inhaltlich gut gemacht!

Lobende Grüße,
Chavali

Sidgrani
12.01.2012, 08:01
Hallo fee,

wir Menschen spielen in unserem Leben viele Rollen. Einige haben wir uns selbst auferlegt, andere werden uns von anderen aufgezwungen. Manchmal ist es leichter eine Rolle zu spielen, als man selbst zu sein.
Das lyrIch blickt letztlich ohne große Emotionen, weder selbstzufrieden noch klagend auf Vergangenes zurück.

Schön, dass dir mein Pantum gefallen hat.

Mandrillo



Hallo Chavali,

ja, das Pantum kann ein Gedicht enorm veredeln.
Über das Rollenspiel ließen sich leicht mehrere Seiten schreiben, es ist ein Wegbegleiter für uns Menschen. Resignation hat das lyrIch nicht befallen, ein Sichabfinden ganz bestimmt.

Freue mich, dass es dir gefällt.

Mandrillo



Euch beiden noch ein Danke für euer Lob. :)