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Falderwald
25.08.2012, 01:36
Das Dogma


So reiche mir die Maske schon herüber!
Sag an! in welcher Rolle soll ich spielen,
als einer unter ungezählten vielen
in dieser Welt, wo sich die Hoffnung trüber

Gedanken infiziert am Wahnsinnsfieber,
weil in der Zukunft windend Würmer wühlen,
die sich ernähren von den Angstgefühlen
des armen Pöbels der Kulissenschieber?

Ich nehme alles, was du willst, mit Spott
und werde jeder Rolle Leben geben,
den Bettler spielen, selbst den lieben Gott

in einer ganz besonders vorteilhaften
Gestalt in einen hellen Himmel heben
mit Hilfe meiner Dichtereigenschaften.


Falderwald
. .. .

Erich Kykal
25.08.2012, 02:21
Hi, Faldi!


Das Dogma

So reiche mir die Maske schon herüber!
Sag an! In welcher Rolle soll ich spielen, Nach Rufzeichen groß.
als einer unter ungezählten Vielen Hauptwörtlich gebraucht: Groß.
in dieser Welt, wo sich die Hoffnung trüber Hier verwirrend formuliert: Man liest "trüber" als Komparativ "Hoffnung" zugeordnet und versteht dann die nächste Zeile nicht.

Gedanken infiziert am Wahnsinnsfieber,
weil in der Zukunft windend Würmer wühlen,
die sich ernähren von den Angstgefühlen
des armen Pöbels der Kulissenschieber? Der Satz ist eigentlich schon zu lang, ein Gliedsatz nach dem anderen - da ist schon schwer folgen!

Ich nehme alles, was du willst, mit Spott "was du willst" zwischen Kommata.
und werde jeder Rolle Leben geben,
den Bettler spielen, selbst den lieben Gott

in einer ganz besonders vorteilhaften
Gestalt in einen hellen Himmel heben
mit Hilfe meiner Dichtereigenschaften.


Falderwald

Ich habe mir erlaubt, Gedanken und Korrekturen gleich am Zitat aufzuzeigen - das spart Tipperei.:D
Nimm, was dir brauchbar erscheint.
Für das Schriftbild kann ich nix - das Zentrierte verträgt offenbar keine Anmerkungen...

Gern gelesen!

LG, eKy

Falderwald
25.08.2012, 09:57
Servus Erich,

dann will ich mich deinen Gedanken und Korrekturen einmal näher widmen, ;)

Sag an! In welcher Rolle soll ich spielen, Nach Rufzeichen groß.

Üblicherweise hätte das Ausrufezeichen hier in Klammern stehen müssen, was mir jedoch nicht gefiel. So wählte ich diese Form und befinde mich dabei in bester Gesellschaft alter Schriftsteller und Dichter wie Feuerbach, Schopenhauer und Goethe, welche jenes Stilmittel durchaus nach einem Ausrufe -oder Fragezeichen praktiziert haben, um einer Aussage einen besonderen Charakter zu verleihen.
Das verhält sich hier genau so, wie mit Rilke und seinen Sonetten. ;)

als einer unter ungezählten Vielen Hauptwörtlich gebraucht: Groß.

Das ist nicht ganz richtig so, denn es gilt:

Die Zahladjektive viel, wenig, eine, andere schreibt man klein, auch wenn sie die formalen Merkmale eines Nomens haben.

Beispiele:

"Das haben schon viele erlebt."
"Denke an die vielen, die uns geholfen haben."
"Ich bin in vielem mit dir Einverstanden."

Und das ist festgelegt nach § 58.5 (http://www.canoo.net/services/GermanSpelling/Amtlich/GrossKlein/pgf57-58.html#pgf58-5) der amtlichen Rechtschreiberegeln, die seit dem 01.08.2006 Gültigkeit haben. ;)

in dieser Welt, wo sich die Hoffnung trüber Hier verwirrend formuliert: Man liest "trüber" als Komparativ "Hoffnung" zugeordnet und versteht dann die nächste Zeile nicht.

Das ist eine Lesart, für die der Autor aber nichts kann.
Man nennt das nämlich einen Zeilenumbruch und einen solchen muss man eben zeilenübergreifend lesen.

Was ist daran unverständlich, wenn man schreibt, "in dieser Welt, wo sich die Hoffnung trüber Gedanken infiziert am Wahnsinnsfieber"?

Ich halte das für durchaus legitim. ;)

Der Satz ist eigentlich schon zu lang, ein Gliedsatz nach dem anderen - da ist schon schwer folgen!

Nun, der Text steht nicht umsonst in der Rubrik "Philosophisches" und dort ist es üblich, lange verschachtelte Sätze zu verwenden.
Da ist dieser Satz noch recht kurz gehalten, da solltest du vielleicht mal bei Kant oder Schopenhauer nachlesen. Außerdem ist dies nicht nur billiges Lesefutter, sondern es soll ja zum Nachdenken anregen und nicht alles direkt auf dem Silbertablett präsentiert werden. ;)

Ich nehme alles, was du willst, mit Spott "was du willst" zwischen Kommata.

Das ist korrekt und ich werde nachbessern. :)

Was mir ein wenig fehlt, sind Anmerkungen zu den formalen Besonderheiten dieses Textes und ein Interpretationsansatz, denn der Inhalt ist auf mehrere Bedeutungsebenen angelegt.

Aber vielleicht hast du ja irgendwann einmal Lust und Zeit, darauf noch einmal etwas näher einzugehen.

Bis dahin danke ich dir sehr für deinen Kommentar und die Mühe der vermeintlichen Korrekturen, auch wenn ich diese zum Großteil nicht nachvollziehen konnte. :)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Erich Kykal
25.08.2012, 12:18
Hi, Faldi!

Ich war gestern nacht schon müde und abgespannt - vielleicht deshalb die vielen Lapsi...;)
Auf jeden Fall aber deshalb der kurze Kommi ohne Eingehen auf den Inhalt und die Form.

Zu "trüber" usw. - du erkennst ja selber, dass so, wie der Satz dort abgeteilt ist, die monierte Fehlinterpretation praktisch provoziert wird. Zudem stört mich irgenwie etwas an Klangbild und Rhythmus der Folgezeile: "Gedanken infiziert" Diese Stelle hakt irgendwie für mein Empfinden. Sei es unschöner Klang (en-in) oder zuviel Zungenarbeit - es scheint den Fluss zu stören.:confused:

Inhalt: ein Fanal wider Extremismus jeder Art!
Die Mächtigen und die Verführer - die "Kulissenschieber" - reden den Hörigen Hass und Zukunftsängste (wühlende Würmer) ein. Da die tumbe Masse der Folger ungebildet ist, sind die Gedanken trübe, die Hoffnungen vage, und ein "Wahnsinnsfieber" schein freiflottierend zu grassieren.
Das Lyrich, der Dichter, fragt süffisant ins Off, welche Rolle er denn dabei spielen soll, welche Maske aufsetzen, um sich quasi anzudienen und so zu überleben.
Automatisch stellt sich die Frage, wer da wohl im Off sitzt, wen der Dichter anspricht. Gott ist es nicht, da er ja zum Ende hin anbietet, selbst diesen besonders ins Licht zu rücken, falls gewünscht. So macht er sich offenbar zynisch, aber willfährig zum Diener der Mächte, die die Dummen dieser Erde manipulieren, wahrscheinlich mit poetischen Aufrufen zu heiligem Krieg oder Fremdenfeindlichkeit, Ermordung "Ungläubiger", mittelalterlichem Rechtsdenken, Rassismus, usw - die ganze Palette menschlicher Blödheit und Grausamkeit eben.
Indem der Dichter dieses Gedichtes also einen Dichter im Sold der Intoleranten beschreibt und sprechen lässt, weist er nicht nur auf diese Art der Machenschaft, Zwang und Unterdrückung hin, sondern zeigt auch, dass das eigene Überleben im Zweifelfalle wohl immer näher steht als ein hehres idealisiertes Weltbild, und man fragt sich: Wie hätte ICH als Dichter in solcher Lage reagiert? Hätte ich opponiert mit Aussicht auf Ächtung, Verhaftung und Folter, gefolgt von einem stillen "Verschwinden"? Oder hätte ich - zwar voller Bitterkeit und Verachtung, aber eben doch - gehorcht und mich zum Vollstreckungsgehilfen einer menschenverachtenden Ordnung gemacht, seien es nun Nazis oder Islamisten...oder sonst irgendeine Gruppe von Irren, die den Finger am Abzug haben?
Ich weiß es nicht - und ich hoffe zutiefst, es nie herausfinden zu müssen!

LG, eKy

Falderwald
02.09.2012, 22:47
Servus Erich,

kein Problem, kann alles passieren und Fehler gilt es immer auszubügeln.

Zu "trüber" usw. - du erkennst ja selber, dass so, wie der Satz dort abgeteilt ist, die monierte Fehlinterpretation praktisch provoziert wird. Zudem stört mich irgenwie etwas an Klangbild und Rhythmus der Folgezeile: "Gedanken infiziert" Diese Stelle hakt irgendwie für mein Empfinden. Sei es unschöner Klang (en-in) oder zuviel Zungenarbeit - es scheint den Fluss zu stören.:confused:

Ja, natürlich sehe ich das auch, der Zeilenumbruch ist dort ja auch mit Absicht gesetzt. Ich verstehe auch, wenn das etwas verwirrend beim Leser ankommt, aber das haben wir ja jetzt geklärt.
Zu "Gedanken infiziert" möchte ich folgendes anmerken:

Gedanken = xXx
infiziert = xxX

Das ist mir schon klar, aber hier gilt die (Faust)Regel, daß es in der deutschen Sprache keine drei unbetonten Silben hintereinander gibt.
Wenn also drei unbetonte Silben hintereinande stehen, so wird die mittlere dieser drei beim Lesen leicht angehoben, so daß Gedanken infiziert zu xXx(X)xX wird.

Vielleicht ist das aber jetzt auch ein Unterschied zum österreichen Dialekt, das kann ich jetzt nicht so genau beurteilen.
Ich merke es mir aber und werde es künftig zu vermeiden suchen. ;)

Inhalt: ein Fanal wider Extremismus jeder Art!

Ja, genau so könnte man das beschreiben.

Die Mächtigen und die Verführer - die "Kulissenschieber" - reden den Hörigen Hass und Zukunftsängste (wühlende Würmer) ein. Da die tumbe Masse der Folger ungebildet ist, sind die Gedanken trübe, die Hoffnungen vage, und ein "Wahnsinnsfieber" schein freiflottierend zu grassieren.

Dem stimme ich auch zu, das ist gut ausgedrückt, wobei ich noch anmerken möchte, daß der Begriff "Kulissenschieber" hier zweideutig verwendet werden kann.
"Kulissenschieber" nennt man auch etwas abwertend diejenigen Schauspieler, die nie eine Hauptrolle innehatten, sondern immer nur unbedeutende Nebenrollen bekamen, obwohl sie schon lange im Geschäft sind.

Das Lyrich, der Dichter, fragt süffisant ins Off, welche Rolle er denn dabei spielen soll, welche Maske aufsetzen, um sich quasi anzudienen und so zu überleben.

Wir spielen ja alle mehrere Rollen im Leben. Das könnte man als Überlebensfunktion bezeichnen und je besser du deine Rolle spielst, um so erfolgreicher bist du auch, zumindest nach außen hin.
Flexibilität ist dabei alles und ein Wesen mit Vernunft weiß sich sicherlich auch entsprechend zu verkaufen.

Automatisch stellt sich die Frage, wer da wohl im Off sitzt, wen der Dichter anspricht.

Genau diese Frage ist an dieser Stelle erwünscht.
Eine pauschale Antwort darauf wäre: Das Leben, also einfach die Existenz.
Sag mir, Leben, welche Rollen hast du mir zugedacht?
Das erfährt man freilich oft erst dann, wenn man drin steckt, nicht wahr?
Man kann es natürlich auch planen, aber meist findet man sich plötzlich in einer bestimmten Rolle wieder. Spätestens, wenn sie einem bewusst (gemacht) wird.

Gott ist es nicht, da er ja zum Ende hin anbietet, selbst diesen besonders ins Licht zu rücken, falls gewünscht. So macht er sich offenbar zynisch, aber willfährig zum Diener der Mächte, die die Dummen dieser Erde manipulieren, wahrscheinlich mit poetischen Aufrufen zu heiligem Krieg oder Fremdenfeindlichkeit, Ermordung "Ungläubiger", mittelalterlichem Rechtsdenken, Rassismus, usw - die ganze Palette menschlicher Blödheit und Grausamkeit eben.

Nun, Gott ist ein sehr abstrakter Begriff.
Der eine stellt sich ein individuelles (das höchste) Wesen darunter vor, der andere erblickt ihn in der Allheit des Universums und der nächste in der Kraft der Natur, der Gefühle usw.
Gott verkörpert sein Ideal. So wie sein Gott ist auch er beschaffen und sein Gott so wie er. Also ist er selbst sein Gott, denn er erschafft ihn aus seinen Vorstellungen und Idealen.
Handelt es sich um einen personifizierten Gott, werden ihm noch menschliche Eigenschaften zugeordnet, vornehmlich diejenigen, die den eigenen positiven Moralvorstellungen entsprechen.
Das heißt also Gott ist rein subjektiv und so verhält es sich auch mit anderen Ideologien, die dann zu einem feststehenden Dogma werden.
Haben diese Ideologien Erfolg, sind sie ein geeignetes Instrument zur Manipulation der Massen, die aufgrund des angenommenen Glaubens durchaus in der Lage sind, solche Greueltaten, wie von dir beschrieben, zu verüben.
Der Dichter muss seine Rolle spielen, das ist schon klar.
Aber macht er sich tatsächlich, wenn auch mit Zynismus, zu einem willfährigen Diener der Manipulatoren?

Indem der Dichter dieses Gedichtes also einen Dichter im Sold der Intoleranten beschreibt und sprechen lässt, weist er nicht nur auf diese Art der Machenschaft, Zwang und Unterdrückung hin, sondern zeigt auch, dass das eigene Überleben im Zweifelfalle wohl immer näher steht als ein hehres idealisiertes Weltbild, und man fragt sich: Wie hätte ICH als Dichter in solcher Lage reagiert? Hätte ich opponiert mit Aussicht auf Ächtung, Verhaftung und Folter, gefolgt von einem stillen "Verschwinden"? Oder hätte ich - zwar voller Bitterkeit und Verachtung, aber eben doch - gehorcht und mich zum Vollstreckungsgehilfen einer menschenverachtenden Ordnung gemacht, seien es nun Nazis oder Islamisten...oder sonst irgendeine Gruppe von Irren, die den Finger am Abzug haben?
Ich weiß es nicht - und ich hoffe zutiefst, es nie herausfinden zu müssen!

Er lässt ihn im Gegenteil nur zum Schein im Sold der Intoleranten sprechen.
Die Logik sagt ihm, es bringt keinerlei Nutzen mit sich, durch sein opponierendes Verhalten ein stilles Verschwinden zu provozieren.
Wenn er fort wäre, gäbe es auch keine Gedichte mehr von ihm und sein Bemühen wäre umsonst gewesen.
Nein, er spottet den Umständen und den Idealen, weil er Dichter sein will. Also hält er das Zeitgeschehen in seinen Werken für die Nachwelt fest und lässt diese dann später selbst moralisch darüber entscheiden.

Der Dichter ist also endgültig erwacht und sein einziges Ideal ist die Lyrik, der er sich verpflichtet fühlt, sie wird zu seinem Dogma.

Kann er anders? :)


Ich bedanke mich ganz lieb für die erneute Rückmeldung und habe mich sehr darüber gefreut...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald