Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Dichterfrage
Erich Kykal
10.09.2012, 11:41
Sind wir Beseelte, die in wachen Stunden
zur Freude steigen durch das schöne Wort?
Erwählte, die ein trautes Glück gefunden
im so Gelungenen, das wie ein Hort
ein Allertiefstes hütet, ein Begreifen,
dass wir in allem sind, das um uns her
aus eines wirbelnden Geschickes Schleifen
ins Unergründliche uns wirft, ins Meer
der weichen Träume und ersehnten Schwere,
darin wir treiben über dunklem Drang,
und nur des Tageshimmels greller Leere
ein wehgemutes Erdendes gelang,
wo wir aus des Alltäglichen Voliére
in das Gedicht entflogen, das gelang.
Hallo Erich,
ich finde das Bild der aus "des Alltägliche Voliere in das Gedicht entflogenen" sehr schön und treffend. Leider scheinen die "Erwählten" aus der dritten Zeile kein Verb zu haben und das implizite "ist" aus dem ersten Satz, welches als Verb in Frage kommt, steht auf recht schwachen Beinchen, wenn es den langen Satz tragen soll. Vielleicht kannst du ihm noch etwas behilflich sein.
Ich empfinde diese bisweilen Freude auch und sie ist manchmal zum Heulen schön. Ich würde sie jedem Menschen gerne gönnen und sie mit ihm teilen.
Liebe Grüße
Thomas
Erich Kykal
10.09.2012, 22:57
Hi, Thomas!
Das "Erwählte" schließt direkt an die einführende Frage "Sind wir Beseelte...?" an. Das obligatorische "Oder sind wir..." habe ich wegfallen lassen. Obwohl der 2., lange Satz nicht mehr als Frage formuliert ist, greift er die Eingangsfrage doch auf und führt sie gedanklich weiter, zugleich aber könnte er auch schon eine Art Antwort auf diese Frage sein. Ich wollte das bewusst undifferenzierbar halten.
Rein technisch hast du sicher recht, indes, ich sehe es nach meiner Lesart durchaus statthaft, dies so zu formulieren. Das Eis mag dünn sein, aber es trägt noch...:D
LG, eKy
a.c.larin
11.09.2012, 08:25
Dichtereinsicht
Sind wir Entrückte, die der Klang im Vers betäubte,
als Flucht vor allem, das uns nicht gelang?
Verstörte, die der schwere Tag zerstäubte,
weil uns das harte Leben dort bezwang?
Sind wir die Jammernden, die ewig nur erzittern,
dort wo des Kampfes Klinge niederfährt,
und die nun ringen um ihr Nicht-Verbittern,
im letzten Paradies, das uns das Wort gewährt?
Oh wie sie lachen, jene vielen andern,
die leichthin ihrer bunten Wege ziehen!
Kein Zwiespalt mag ihr Leben unterwandern,
da ist nichts Bitteres in ihnen, das sie quält:
Sie sind bei sich daheim - und unser Fliehen
zeigt ihnen nur zu deutlich, was uns fehlt.
Erich Kykal
11.09.2012, 09:44
Vorletzte Zeile: Was fehlt denn dem "und"??? ;) Vielleicht eine kleine Korrektur?
Hi, larin!
Du könntest mich nicht mehr verkennen! Ehrlich, dein Denkansatz zu diesen meinen Zeilen lag mir beim Schreiben dermaßen was von fern - auch unterbewusst.
Ich gedachte wirklich nur, schöne Worte zu wählen, die in die Sprachmelodie und zur Thematik passen.
Beseelte und Erwählte im reinen Wortsinn, ohne spezielle Überhöhung und minderwertigkeitskomplexkompensierenwollende Hybris. Beseelt von Weltsicht und Naturerleben, Erwählte sprachlichen Talents, und sonst nichts von dem, was du da unterstellst. Dass man es auch so auslegen kann, erkannte ich erst beim Lesen deines Kommentars - und das ist jetzt echt keine billige Ausrede, das glaube mal.
Ja, es schmerzt, dass man uns heutzutage so wenig anerkennt und wertschätzt, aber derlei Nasehochtragen liegt mir ferne, und einen Komplex hab ich deswegen auch nicht: Mir genügt, was ich weiß, wenn ich in den Spiegel sehe - auf die Meinung anderer übersteigerten Wert zu legen, darauf habe ich seit meiner erniedrigenden Schulzeit konsequent verzichtet...selbst, wenn sie durchweg positiv war. Dem misstraute ich sogar mehr, ehrlich gesagt - denn ich kenne mich. Ich projiziere mich schon lang nicht mehr nach außen - außer es ist wirklich erwünscht. Nötig hab ich das nicht - zum Glück!!!
Danke für deine Gedanken - gemessen an deiner Lesart passen sie durchaus hierher. Bei deinem Antwortgedicht solltest du aber noch an der Metrik feilen - die 5-hebigen Verse hältst du nicht eben gut durch, gleich angefangen mit der allerersten Zeile! ;)
LG, eKy
a.c.larin
11.09.2012, 10:02
Vorletzte Zeile: Was fehlt denn dem "und"??? Vielleicht eine kleine Korrektur?
ja....:p
nichts von dem, was du da unterstellst
ich unterstelle dir gar nichts - was unterstellst du jetzt mir? :confused:
dies hier war kein angriff auf deine person.
deine dichterfrage fand nur in mir widerhall - und ich habe mich auch gefragt - und meine einsicht hinzugefügt.
gewiss freut sich jeder über das, was er kann. das soll er auch!
doch talente sind für mich nichts weiter als talente - wer hätte also die talentierten "erwählt" (Gott? :rolleyes:).
ich dachte, diesen gedankengang könntest du nachvollziehen. ;)
höchst erstaunt über deine raktion,
larin
Erich Kykal
11.09.2012, 21:46
Hi, larin!
Meine "Raktion" -:D - wurde durch die irrige Annahme verursacht, du spieltest mit deinen Zeilen auf eine angenommene Hybris seitens des Autors an, verursacht durch eine möglicherweise missliche Wortwahl.
Nun erkenne ich, dass dies nicht beabsichtigt war. Entschuldige.
LG, eKy
a.c.larin
11.09.2012, 23:14
hi erich,
wie man sieht: nobody is perfect! :p
hiermit stelle ich fest: ich übernehme keine verantwortung für die durch meine antwortgedichte und tippfehler verursachten missverständnisse! :D
lg, larin
Hi eKy,
da melde ich mich doch auch mal zu Wort und kann deinen Gedanken nur zustimmen.
Ich sags mal mit einfachen Worten:
Wie sehr freuen wir uns über ein gelungenes Gedicht und wie sehr leiden wir, wenn es nicht gelingen will...
Irgendwie schon müssen wir Schreiber, Dichter, Verfasser beseelt sein von schönen
schwingenden Worten und Gedanken,
die die Seele berühren und treffen, sonst wären wir ja nicht imstande dazu.
Das ist Poesie, das ist Lyrik, das ist Kunst ;)
Danke dafür!
Lieben Gruß,
Chavali
Erich Kykal
17.09.2012, 08:43
Hi, liebe Katz!
Vielen Dank für deine frendlichen Gedanken!
Schön, dass mein kleines Loblied auf die Poesie (und die diesbezüglich anhängigen Poeten:D) gefallen konnte.
LG, eKy
Antigone
18.09.2012, 19:53
Lieber Erich,
ich trau mich gar nicht, was zu schreiben, ich finde das Gedicht einfach schön, es klingt, es schwingt, ein wogendes Schwelgen in der Sprache.
Inhaltlich habe ich etwas Probleme: Diese Überhöhung des Dichterhandwerks als etwas Besonderem widerstrebt mir ein bisschen. Und es ist nun mal in erster Linie Handwerk. Dass da noch ein bisschen mehr ist, das ist jeder Kunst eigen. Ein wenig Verliebtsein ins Dichten lese ich heraus. ;) Mir macht ja das Schreiben auch Spaß, ich habe dann so etwas wie ein Gefühl von Freiheit - aber nur, wenn ich merke, heute ist es halbwegs was geworden.
Ich kenne ja auch die grauen Tage, wo rein nichts gelingt.
Aber es ist ein wunderbares Sonett geworden. Ich will es nicht zerreden, sondern lese es noch einmal und lass es mir auf der Zunge zergehen.
Lieben Gruß
Antigone
Erich Kykal
18.09.2012, 20:02
Hi, Antigone!
Deshalb ist es ja auch als Frage - sprich Hinterfragung - formuliert.
Dadurch wird eventuell hineinlesbare Hybris gemildert - oder es sollte zumindest so sein...:rolleyes:
Aber ja - im Grunde ist es eine Liebeserklärung an unsere Passion.
Und - ohne arrogant dabei sein zu wollen - ja, ich empfinde dieses Talent durchaus als "etwas Besonderes", und das ist es ja auch.
Hochnäsig ist das aber nicht gemeint.
Vielen Dank für deine freundlichen Gedanken!:)
LG, eKy
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