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Falderwald
22.11.2012, 19:51
Platons Höhlengleichnis


In ihrem Höhlendasein tief gefangen,
erlebten sie die Bilder in den Schatten
der schwach erhellten Sinnwelt, die sie hatten,
wie sie dem Spiel des Feuerscheins entsprangen.

Nur einem dieser armen Menschenratten
gelang mit Mut das kühne Unterfangen
zur Welt in den Ideen zu gelangen,
doch leider kam ihm dieses nicht zustatten.

Zurückgekehrt sprach er von Himmelsternen,
von Sonnenstrahlen und Gewitterblitzen
und rückte ihre Welt in weite Fernen.

Sie aber wollten ihm den Hals aufschlitzen,
denn viel bequemer war es nichts zu lernen,
und blieben vor der Flimmerkiste sitzen.


Falderwald
. .. .

Thomas
23.11.2012, 07:17
Hallo Falderwald,

durch die "Flimmerkisten"-Wendung in der Abschlusszeile bekommt das Gedicht einen Kick, der mehr erklärt als tausend Worte und es wirkt dadurch auch gar nicht belehrend. Eine schöne Idee zu diesem Thema.

Liebe Grüße
Thomas

Falderwald
23.11.2012, 20:55
Hallo Thomas,

mir war bewusst, daß du alle drei Ebenen dieses Textes sofort durchschauen würdest.

Das Höhlengleichnis aus dem Gesamtzusammenhang der Politeia isoliert darzustellen, kann nur beschreibend erfolgen, wenn ihm nicht eine neue Idee zugesetzt wird.
Dafür bedarf es natürlich einer Inspiration...;)

Ich denke, meine Antwort bedarf auch keiner tausend Worte.

Wie sagte Sokrates? Ich weiß, daß ich nichts weiß.

Weiser Mann, weiser Spruch, nur die Erkenntnis fällt manchmal schwer.


Vielen Dank für deine positive Rückmeldung.
Irgendwie hatte ich damit gerechnet...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Antigone
24.11.2012, 09:30
Lieber Falderwald,

noch ein Spruch von Sokrates: Jede Erkenntnis ist mit Schmerz erkauft.

Zu deinem Sonett wäre vielleicht zu sagen, dass es durch seine Form sehr intellektualistisch daherkommt, was meiner Ansicht nach der Intention des erdgebundenen Sokrates widerspricht. Es liegt auch eine gewisse Unschärfe darin, die Story als solche ist kaum erkennbar, du sprichst mit dem Sonett, wie ich schon einmal a.a.O. schrieb, den "gebüldeten Leser" an.

Nun ist es aber so, dass es sich nicht um Platons Höhlengleichnis handelt, sondern um das des Sokrates, Platon ist nur der Übermittler, übrigens in Buch VII und nicht, wie a. a. O. angemerkt, in Buch VI der "Politeia". Jedenfalls weisen die aufgefundenen Papyrus darauf hin, und das geht auch eindeutig aus dem Platonschen Text hervor.

Im übrigen bin ich nicht sehr angenehm berührt, unmittelbar nach meinem Gedicht ein Gedicht zum selben Thema zu posten, wie um zu zeigen, dass du es besser kannst. Tut mir leid, dass ich dir das schreiben muss. Geschmack ist die eine Sache, ob man ihn hat, eine andere.

Lieben Gruß
Antigone

Falderwald
24.11.2012, 15:05
Hallo Antigone,

ich kenne da noch ein schönes Zitat von Sokrates:

„Es ist keine Schande, nichts zu wissen, wohl aber, nichts lernen zu wollen.“

Zu deinem Sonett wäre vielleicht zu sagen, dass es durch seine Form sehr intellektualistisch daherkommt, was meiner Ansicht nach der Intention des erdgebundenen Sokrates widerspricht.

Nun, ich denke, es sollte dem Autor überlassen werden, welches Zielpublikum er sich für seine Texte aussucht.
Wenn ich mich nicht irre, vertratest du a. a. O. eine synonyme Meinung:

Ich als Autorin kann mir nämlich auch meinen Leser aussuchen, und der "gehobene" ist es ganz bestimmt nicht - übrigens, ganz im Sinne des Sokrates.

Übrigens könntest du mit Sokrates Recht haben.
Überlieferten Aussagen zufolge war er auch ein eifriger Schwätzer.

Es liegt auch eine gewisse Unschärfe darin, die Story als solche ist kaum erkennbar, du sprichst mit dem Sonett, wie ich schon einmal a.a.O. schrieb, den "gebüldeten Leser" an.

Richtig und das geschah und geschieht mit voller Absicht.
Der Titel vermittelt, um was es sich hier handelt.
Der Inhalt des Sonetts ist grob beschreibend, alle wichtigen Details sind vorhanden, selbst die Deutungen sind eingebaut (Sinnwelt / Ideenwelt) und es transportiert von Anfang an stringent eine Idee auf der zweiten Ebene, die in der letzten Zeile erst enthüllt wird.
Der „ungebüldete Leser“, der ja nicht folglich dumm sein muss, bekommt also die Möglichkeit sich kundig zu machen. Das Internet hilft heute immer weiter.
Das aber liegt ganz im Sinne des Platons.
Und ich befürchte, im Sinne Sokrates’ auch, denn:

"Das gute Gelingen ist zwar nichts Kleines, fängt aber mit Kleinigkeiten an."

Nun ist es aber so, dass es sich nicht um Platons Höhlengleichnis handelt, sondern um das des Sokrates, Platon ist nur der Übermittler, übrigens in Buch VII und nicht, wie a. a. O. angemerkt, in Buch VI der "Politeia".

So ein Mist aber auch.
Dann muss ich den Reclam Verlag wohl verklagen, weil ich mir das Büchlein „Der Staat“ nur deshalb gekauft hatte, weil ich etwas von Platon haben wollte, der dort als Verfasser angegeben ist.
Ich dachte immer, es handele sich bei der „Politeia“ um einen fiktiven Dialog unter folgenden Protagonisten: dem Greis Kephalos, dessen Sohn Polemarchos, dem Sophisten Thrasymachos sowie Platons Brüdern Glaukon und Adeimantos und natürlich Sokrates.
Und tatsächlich habe ich geglaubt, Platon habe das Höhlengleichnis dem Sokrates nur in den Mund gelegt.
Das ist echt bitter jetzt, weil es echt lange gedauert hat, einen guten Teil davon inzwischen verdaut und verstanden zu haben, glaubte ich jedenfalls – bis jetzt…

Übrigens ist a. a. O. gar nicht die Rede davon, daß sich das Höhlengleichnis in Buch VI befinde, sondern vielmehr das Sonnengleichnis, welches am Ende des VI. Buches dem Höhlengleichnis im VII. Buch vorangehe.
Mein Reclam sagt dasselbe, aber der sagt ja auch, dieses Büchlein sei von Platon.

Platon Politeia

Ende des 6. Buches



Mit diesen Worten beginnt Sokrates das „Sonnengleichnis“, welches dem Höhlengleichnis am Anfang des 7. Buches unmittelbar vorausgeht.

Jedenfalls weisen die aufgefundenen Papyrus darauf hin, und das geht auch eindeutig aus dem Platonschen Text hervor.

Zeige mir bitte die Stellen im Text, aus denen das hervorgeht.
In allen anerkannten und zuständigen Gremien gilt Platon als der Urheber des gesamten Textes, einschließlich des Höhlengleichnisses.
Aber ich lasse mich gerne belehren, wenn entsprechende Gegenbeweise vorgelegt werden können.

Im übrigen bin ich nicht sehr angenehm berührt, unmittelbar nach meinem Gedicht ein Gedicht zum selben Thema zu posten, wie um zu zeigen, dass du es besser kannst.

Was spricht dagegen, sich durch einen anderen Text inspirieren zu lassen?
Kann es sein, oder habe ich mich da verlesen, daß du a. a. O. einem Kommentator eine „gewisse - pardon - Verstiegenheit desjenigen, der glaubt, die Griechen für sich gepachtet zu haben“ vorgeworfen hast?
Das ist schlechter Stil, ganz schlechter Stil, denn was dem einen recht ist, muss dem anderen billig sein.
Und bitte, was haben unsere beiden Gedichte denn gemeinsam, außer einer Ähnlichkeit im Titel?
Dein lediglich auf der beschreibenden Ebene bleibendes Gedicht steht in diesem Faden nicht zur Diskussion, aber ich kann dir etwas über diesen Text erzählen:

Er geht weit über die beschreibende Ebene hinaus, weil er eine eigene und zusätzliche Idee zur eigentlichen Handlung transportiert.
Und doch muss alles in vierzehn Zeilen untergebracht sein, d. h., die Handlung muss im wahrsten Sinne des Wortes verdichtet werden.
Zusätzlich sollten Interpretationsansätze einfließen, um schließlich mit dem gesamten Sonett aufzuzeigen, daß sich der Dichter aus Platons geschaffener Sinnwelt in diesem Gleichnis aus der Höhle befreit hat, indem er zur Oberwelt, der Ideenwelt wechselte, weil er der ganzen Geschichte einen aktuellen Bezug zur Gegenwart als eigene Idee verlieh, die unter anderem eine sehr scharfe Gesellschaftskritik gegen diejenigen enthält, die ihren Hintern nicht aus dem Fernsehsessel hoch bekommen und denen sowieso alles andere am Allerwertesten vorbei geht.
(Und einem Thomas brauche ich so etwas gar nicht zu erklären.)

Das nenne ich Dichtung, meine Dichtung.

Und was sagt Sokrates dazu?

„Die Selbsterkenntnis ist die Bedingung praktischer Tüchtigkeit.“

Tut mir leid, dass ich dir das schreiben muss.

Wegen mir muss dir das nicht leid tun, ich kann damit gut umgehen.
Aber es könnte sich lohnen, einmal darüber nachzudenken, ob so etwas wirklich geschrieben werden muss.

Was sagt Sokrates dazu?

"Rede, damit ich dich sehe!"

Geschmack ist die eine Sache, ob man ihn hat, eine andere.

Das stimmt nur relativ.
Denn der Geschmäcker gibt es viele und darüberlässt sich schwerlich streiten.
Dem einem mundet dies, dem anderen das.
Nur weil z. B. Thomas gerne Gänsebraten verspeist, den ich persönlich verschmähe, werfen wir uns das auch gegenseitig nicht vor und ich bin mir sicher, daß wir trotzdem bezüglich der Beurteilung der beiden hier angesprochenen Gedichte geschmacklich dieselbe Meinung vertreten.
Es kommt halt auf die gemeinsame Schnittmenge an.

Tja, und was sagt Sokrates?

„Der Kluge lernt aus allem und von jedem, der Normale aus seinen Erfahrungen und der Dumme weiß alles besser.“

Und noch einen:

„Heirate auf jeden Fall! Wenn du eine gute Frau bekommst, wirst du glücklich. Wenn du eine schlechte Frau bekommst, wirst du Philosoph.“

Deshalb bin ich auch kein Philosoph geworden, sondern ein glücklicher Dichter…;)


Vielen Dank für deine Rückmeldung…:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald