Gedichte-Eiland

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vedena 05.12.2014 11:10

Es gibt kein Lied
 

Es gibt kein Lied, zu dem wir beide
in froher Runde einmal tanzten,
es wächst kein Baum, den wir zusammen
im Garten eines Hauses pflanzten.

Es gibt kein Buch, das wir gemeinsam
in stillen Augenblicken lasen,
und nirgendwo steht eine Bank,
auf der wir viele Male saßen.

Es gibt nur die geraubten Stunden,
die wir uns für einander stehlen.
Dann streun wir Salz in unsre Wunden
und wünschten uns, wir könnten wählen:

was unser Lied sei, unser Baum,
vielleicht der schönste Augenblick.
Doch wissen wir, es bleibt ein Traum,
denn das mit uns ist bloß ein Fick.




Thomas 05.12.2014 14:44

Liebe vedena,

sehr ernüchtern, aber gut.

Liebe Grüße
Thomas

Erich Kykal 05.12.2014 14:55

Hi, Vedena!

Sprachlich sehr gut gemacht. Ich vermute, die unlyrische Derbheit der letzten Zeile ist inhaltsbedingt beabsichtigt, wirkt sie doch aufs sprachsensible Gemüt wie eine schallende Ohrfeige am Ende einer sanften Streicheleinheit!

Eine weitere Kleinigkeit ist mir aufgefallen: S1 und 3 haben durchgängig weibliche Kadenzen, S2 und 4 haben aber unterschiedliche Muster:
S2: m-w-m-w
S4: m-m-m-m
Vor allem in S2 stört der Wechsel innerhalb der Strophe die Melodie, den Fluss des Textes. Und das allgemeine Ungleichgewicht in der Kadenzenfolge stört die innere Harmonie der Gesamtwirkung.
Ich würde also entweder alles in S2 auf männliche Kadenz bürsten (dann würden die Strophen im Takt die Kadenzen wechseln), oder alles weiblich machen (dann würde die letzte Strophe als einzige mit männlichen Kadenzen zum Ende aufmerksamkeitswirksam und passend zum Inhalt einen melodischen Kontrapunkt setzen).

Sehr gern gelesen!:)

LG, eKy

Terrapin 05.12.2014 20:26

Hallo Vedena!

Das ist aber ein feines Stück Lyrik. Und sehr clever ist der Schluss gesetzt. Völlig unerwartet. So muss das sein. Das prägt sich ein und lässt einen das Gedicht nicht so schnell vergessen. Toll gemacht.

Die von Erich angesprochenen, wechselnden Kadenzen haben mich keines Weges gestört. Würde ich so stehen lassen. Wer weiß was noch andere dazu sagen.

Sehr gern gelesen. Erfrischend.

Liebe Grüße, Terrapin.

Dana 06.12.2014 12:58

Liebe vedena,
:eek: huch!!! Aber toll gemacht.:)

Ich kann die begeisterten und überraschten Kommentare nur bestätigen. Ein Gedicht, das man wirklich nicht vergisst.

Manchmal dauert es sehr lange, bis sich eine solche Liebe in eine Liebe verwandelt und meistens löst sie sich auf, weil sie keine gewesen ist.;)

Sehr gern gelesen und bestimmt immer wieder.:)

Liebe Grüße
Dana

vedena 09.12.2014 11:09

Wow, so viele Besucher, das erfreut mein Herz :)

Hallo @Thomas,

sehr ernüchtern, aber gut.

es ist schön, wenn du das so siehst. Das lyrich ergibt sich anfangs in Schwärmereien, am Ende jedoch erkennt es, dass aus sich dieser Beziehung nicht mehr entwickeln wird bzw. kann.

lieber @Erich,

die Derbheit ist natürlich beabsichtigt, wie du erkannt hast. Sie beendet die Träumerei und reißt das lyrich (und womöglich auch den Leser) wieder zurück in die Wirklichkeit.

Du hast mit dem angesprochenen Rhythmuswechsel natürlich recht. Bis dato ist mir aber keine gute Alternative eingefallen. Danke für deine sensible Beobachtungen.

hallo @Terrapin,

es freut mich, dass du den Text als nachhaltig empfindest. Das war meine Absicht. Nicht immer benutze ich dazu herbe Ausdrücke, aber wenn es sein muss dann schon. :) Ich freu mich sehr über dein Lob.

liebe @Dana,

was für ein süßes 'huch' - kann ich verstehen und danke für dein Verständnis. Manchmal finden sich zwei Menschen anziehend und träumen von mehr - manchmal wird nichts draus. Die Sehnsucht bleibt meistens bestehen - und dieses Gefühl habe ich vesucht, zu verdichten.

hi @Black Raziel,

nein, dieser Text ist ganz neu.
Aber natürlich tragen die Texte im Buch meine Handschrift. Die Themen sind vielfältiger: Liebe, Natur, Sozialkritisches und Satirisches. Wenn du eines kaufen möchtest, kann ich die Seite ausdrucken und für dich dazukleben. :D
Schön, dass du hier warst.

Ich danke euch allen für eure Gedanken zu meinem Text.

Beste Grüße
vedenA

Lailany 10.12.2014 13:26

Liebe Vedena,
wieder ein tolles Werk aus deiner Feder. :)
Du baust richtig samtig eine wehmütige, leicht traurige Stimmung auf und dann :eek: BUMM! Aber wenns so ist, warum das Kind nicht beim Namen nennen?
Die deftige Watschn am Ende scheint sich zu deinem Markenzeichen zu entwickeln.:D Gefällt mir!

Sehr gern gelesen und besenft. :)

LG nach Wien von Lai:Blume:

juli 10.12.2014 17:16

Liebe vedena :)
 
Du beschreibst hier eine Liebe, die ungewöhnlich ist, weil sie nicht das Alltägliche bedient.
Dein glasklarer Schluß überzeugt mich als Leserin und überrascht mich. Klasse!:)

Liebe Grüße sy

vedena 22.12.2014 13:01

Liebe Lailany,

herzlichen Dank für deine Zeilen, sie sind ein schönes Weihnachtsgeschenk für mich. :)

Hallo syranie,

ich beschreibe, wie du schon erwähnt hast, eine nicht alltägliche Liebe, die das lyrich leider schmerzt, weil es zu keiner Beziehung kommen kann. Ich freu mich, wenn du dies beim Lesen nachvollziehen kannst (auch wenn's nicht 'autobiografisch' ist).

Danke für euer nettes Lob. Ich freue mich sehr!


LG VedenA


EDIT: FÜR WOLO

Danke für deinen aufschlussreichen Kommentar. Ich freue mich, dass dir die ersten beiden Strophen zusagen und kann - so glaube ich - auch deine Kritik nachvollziehen.
Gerne mache ich mir noch einmal Gedanken zu deinen Vorschlägen, aber bitte habe Geduld mit mir - ich war jetzt (leider) sehr lange nicht mehr im Forum und es fehlt mir notorisch an Zeit.

Es grüßt dich herzlich
vEdenA

wolo von thurland 22.12.2014 18:59

Hallo vedena
Viele Lieben sind nun mal nicht platonischer Natur, obschon tausende von Liebesgedichten uns etwas anderes vormachen.
Die Stunden würden nicht gestohlen, wenn sie nicht ihren Reiz hätten.
Ich lese denn auch in deinem Text mehr Lebenserfahrung, als zum Teil in den Kommentaren angesprochen wird.
Darum habe ich versucht, die Strophen, welche quasi den Brennweitenwechsel vollziehen, etwas runder und sentimentaler zu gestalten. Entschuldige, wenn ich mich da an deinen Versen vergriffen habe. Ich denke aber, dass sie eine kleine Glättung vertrügen und meinte, eine präsentable Version zu haben, mit der ich zeigen kann, dass durchaus leichte ànderungen möglich sind.

Es gibt nicht mehr als schnelle Stunden,
von irgendwo und -wem zu stehlen.
Die brennen fast wie Salz in Wunden.
Wir sagen oft, wie's wär zu wählen:

ein Lied für uns, den eignen Baum,
und unsren schönsten Augenblick...
Doch wissen wir: Es bleibt ein Traum,
denn das mit uns ist bloß ein Fick.


Vivent les petits secrets!

Gruss
wolo

p.s. Die beiden ersten Strophen halte ich übrigens für ganz ausgezeichnet gemacht. Da stimmt einfach alles.


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