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Blaugold 12.09.2009 21:33

Kelch im Geist
 
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KELCH IM GEIST


So, wie der Wind im Grunde nicht
von sich aus heult und braust,
der Sonne Wärme oder Licht
du weder fühlst noch schaust,
wenn da kein Widerstand erscheint,
der alle Energien bricht -
so lieb ich erst mit dir vereint.

Doch ist die Liebe Widerstand,
ein Schatten oder Hindernis?
Wie klingt das Klatschen einer Hand,
wann dämmert es in Finsternis?
Ist Liebe wie ein Kelch im Geist,
der niemals suchte, aber fand,
nicht lebt und stirbt; nicht ruft, nicht heißt?

Ich liebe dich, als Frau, als Kind;
ihr seid der Gegenpart, ein Du.
Doch rauscht und singt der pure Wind,
braucht Licht zum Sein ein Ziel dazu?
Und wessen Liebe Kelch ist das:
Nimmt auf und gibt, schenkt aus und ein...?

Als Goldmarie die Zeichen las,
vergaß sie ganz, ein Ich zu sein.
Ist dies nicht aller Liebe Maß?



a.c.larin 14.09.2009 14:01

hallo blaugold,

diese wunderschöne philosophische betrachtung über die liebe sollte nicht unkommentiert bleiben!
die frage am schluss würde ich mit: jaaaaa! beantworten.

das bild der goldmarie spricht mich persönlich auch sehr an.
ich denke, goldmarie ist das symbol für das bewusstwerden von notwendigkeiten, sinnhaftigkeiten. dahinter müssen eigene vorhaben und pläne zurückstecken. doch die geschichte lehrt uns, dass genau dadurch das "glück" der goldmarie begründet wird: dass sie erkennen kann, was jeweils als nötigste handlung und hilfe zu tun sei! es fällt letztlich auf sie selber zurück, dass sie aufmerksam durchs leben gegangen ist.

liebe also "la pour la": agape in reinkultur.

zaubrisch und auch zum nachdenken anregend hast du es in vers und reim gesetzt. mich beindruckt bereits die geschriebene fassung - ohne vertonung.
(beim lesen würde ich mir in der stimme mehr modulation wünschen).

der titel hat mich dann nach dem lesen doch noch verwirrt.(kelch im geist - geist im kelch?) wie ist das zu verstehen? meinst du, dass der geist zu einem kelch wird, zu einem behältnis für die liebe?

wie dem auf sei - auf mich wirkt dein gedicht zu besinnlichkeit und zentrierung führend,
(habe es daher sehr gerne gelesen)
larin

Blaugold 27.09.2009 20:11

Hallo larin

du schreibst
ich denke, goldmarie ist das symbol für das bewusstwerden von notwendigkeiten, sinnhaftigkeiten. dahinter müssen eigene vorhaben und pläne zurückstecken. doch die geschichte lehrt uns, dass genau dadurch das "glück" der goldmarie begründet wird: dass sie erkennen kann, was jeweils als nötigste handlung und hilfe zu tun sei! es fällt letztlich auf sie selber zurück, dass sie aufmerksam durchs leben gegangen ist.

und wahrscheinlich siehst du in dieser Metapher der Goldmarie ganz ähnliches wie ich, wie vielleicht überhaupt dieses Märchen von Goldmarie und Pechmarie oder Frau Holle von einer geistigen Haltung gegenüber der Umwelt zeugt. Du gehst aber mit der Interpretation der Geschichte eigentlich schon einen Schritt voraus, meiner Meinung nach vorschnell. Denn das Maß der Liebe zu dem, was zeitnah getan wird, quasi hier und jetzt, ist nicht das Tun, weil es eine Belohnung gibt. das wäre dann nur ein Geschäft. Mit dieser Ansicht ging ja Pechmarie auf den Weg: Sie wollte die Belohnung und tat bewusst, im Sinne von wenn (ich eine gute Handlung tue) dann (bekomme ich die Belohnung) Goldmarie alles nach.
Goldmarie handelte ohne gedankliche Aussicht auf Belohnung, oder nicht?

Ich meine mit "Kelch im Geist" eine Metapher, die auch und nicht nur in christlicher Kultur (Heiliger Gral) die Liebe aufnehmen und weiterreichen kann, die aus sich selbst schöpft und deshalb eben keinen Antrieb der Belohnung heißt benötigt, sonst wäre sie ja korrupt! (bzw. dann wäre es nach meinem Dafürhalten keine Liebe!!)
Ich möchte dazu noch ergänzen, dass mich das Pathos der Selbstaufgabe nicht interessiert und ich nichts davon in mein Gedicht schrieb. weder in kirchlicher Hinsicht, noch in Gefühlsduseleien. Goldmarie gibt nichts von sich auf, sie handelt in Liebe, weil sie ein Kelch ist. Pechmaries Handeln wird nicht von Liebe getragen, denn Liebe ist nicht eine Sache des Wissens, des Bewusstseins, das geplant ein Ziel verfolgt. Geist ist meiner Ansicht nach nicht gleichbedeutend mit Ego.
verstehst du, wie ich es meine?

Das Gedicht vermischt zielgerichtete Liebe, bestimmten Menschen gegenüber, also Beziehungsliebe mit der Frage, ob dies die Liebe ist. Auch Terrorristen z.B. lieben in diesem Sinn Frau und Kind und Ideen.
Doch die Liebe führt keinen Terror durch.
"Das Klatschen einer Hand" ist ein Koan, denkt man um die Antwort darüber nach, kommt man mit allem Wissen nicht weiter. Wenn sich das Denken davon entfernt, also aufhört, bleibt in dem Augenblick zwar der Geist im Hirn, aber keine Gedanken (Nachdenken) mehr.
Auch meine Metapher wann es in der Finsternis anfängt zu dämmern, ist was Ähnliches. Denn, fängt die Dämmerung an, ist es keine Finsternis mehr. ;)
Wenn sich Liebe so verhält, wie Pechmarie - ist es dann ein bisschen oder eine Art Liebe oder gar keine?

Es freut mich sehr, dass du dich ins Gedicht gelesen und gehört hast. Vielleicht habe ich mit meinen Erklärungen den Inhalt etwas erläutert. :)


Blaugold

a.c.larin 27.09.2009 20:57

lieber blaugold,

ich denke, über goldmaries intentionen sind wir uns einig: sie handelt aus dem augenblick heraus - für den augenblick.
ich könnte mir sogar vorstellen, dass ihr der ganze goldregen am schluss unangenehm , wenn nicht sogar in innerster seele zuwider ist.
was soll sie mit dem ganzen zeug? eigentlich ging die reise ja nur los, weil die dämliche spindel in den brunnen gefallen war....

das mit dem "aus sich selbst heraus lieben" ist mir ein wenig missverständlich gezeichnet. die kräfte eines menschen wären doch recht bald erschöpft, wenn er einzig und allein aus sich selber schöpfen müsste. aus meiner sicht stellen die besonders zur hingabe fähigen menschen kontakt zum universum (gott? ) her - und schöpfen so immer wieder neue kraft.
wie hätte eine mutter teresa in den slums anders bestehen können? immer wieder dasselbe, schier unabwendbare elend zu sehen, ohne selber daran zu verzweifeln.....
wie hätte ein nelson mandela die vielen jahre der gefangenschaft ertragen, ungebrochen im geiste, wie er danach hervorging? woraus schöpft mahatma ghandi?

da kann man jetzt drüber philosophieren, ob starke visionen nur die fähgkeit einer einzelnen person bezeichnen, oder aber die fähgikeit darstellen, sich selbst in einem universellen ( überräumlichen und überzeitlichen) rahmen zu verstehen und mit diesem in verbindung zu treten.....

in diesem sinne wäre der mensch dann wirklich ein kelch - die fülle der kraft aber käme von "drüben"....
woher kommt denn auch ein einfall, wenn er uns "einfällt" ?

in der liebe wie in der kreativität gleicht der mensch einem selbstvergessenen kind, das in ein spiel versunken ist. dann ist der mensch ganz nahe bei sich selbst, und auch ganz nahe bei den universellen strömen .....

liebe grüße,
larin


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