Gedichte-Eiland

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-   -   Einsame Kindheit (http://www.gedichte-eiland.de/showthread.php?t=16613)

Erich Kykal 05.03.2017 13:17

Einsame Kindheit
 
Er stand abseits, wenn alle andern spielten,
der Welt in seinem Kopfe hingegeben.
Er wusste kaum, was jene andern fühlten
da draußen in der Welt, im wahren Leben.

Zu tief empfunden jedes Ihnverletzen,
zu schwer der Weg aus einem reichen Innen.
Das Außen war gefährlich, war Entsetzen,
und Einsamkeit ein mögliches Entrinnen.

Er wurde größer, aber nicht verstanden,
er glaube besser sich, so ging die Rede,
als alle anderen, und sie befanden
ihn seltsam wunderlich und etwas blöde.

Er blieb abseits, wenn alle andern lernten
zu lieben und zu lachen und zu leben,
und ihm, dem aus der Welt Entfernten,
Verachtung oder Mitleid mitzugeben.

Dana 05.03.2017 17:25

Lieber eKy,

das sind genau die Traurigkeiten, die ich am liebsten lese. Nicht ob der Traurigkeit allein - sie tragen auch etwas Tröstliches. Das Erlebte, das Beobachtete relativiert sich, ist auf einmal nicht mehr einzig.

Ganz besonders hervorheben möchte ich diese Verse:

Zitat:

Zitat von Erich Kykal
Das Außen war gefährlich, war Entsetzen,
und Einsamkeit ein mögliches Entrinnen.

Bei
Zitat:

Zitat von Erich Kykal
Er blieb abseits, wenn alle andern lernten,

bin ich in der Betonung von abseits hängen geblieben. Unser Duden hat mich darin bestätigt. (Wenn alle andern lernten, blieb er abseits - funktioniert wieder.)

Man kann sich darin auch einlesen, aber ich wollte mit dem Deutschlehrer darüber reden.:Kuss

Ein wunderschönes, trauriges und berührendes Gedicht. :Blume:

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal 05.03.2017 22:17

Hi Dana!

In meiner Version wird "abseits" auf der 2. Silbe betont, was nach leichter Gewöhnungsphase gar nicht so unnatürlich klingt wie gedacht. Vielleicht ist es "lyrisch" möglich, das Wort so zu verwenden.

Falls nicht, auch egal. Beim Vortrag klingt es für mich nicht schlecht, und das genügt mir. (Bin wohl zum Teil immer noch der Junge, der lieber in seinem Kopf lebt als draußen in der Welt ... ;):rolleyes:)

Vielen Dank für deinen Zuspruch! :)

LG, eKy

juli 06.03.2017 11:54

Hallo eky,:)

Dieses Gedicht steht zu Recht in der finsteren Abteilung. Nicht jede Kindheit ist Zuckerschlecken.

Die zweite S. Ist die eindringlichste, sie erzählt von der Verzweiflung. Das ganze Gedicht führt gut nachvollziehbar und sehr vor Augen, wie sehr Außenseiter leiden können.

Kinder untereinander können sehr grausam sein, wenn etwas nicht so ist, wie sie sich es denken. Letztendlich habe sie die Regeln des Lebens von ihren Eltern vorgelebt bekommen.:rolleyes: Und Kindheit tragen wir alle in uns für immer.

Gerade weil es ein ernstes, trauriges Thema ist habe ich es sehr gerne gelesen. Sehr lyrisch und zu Herzend - gehend.:Herz:

Das Wort " abseits" macht mir keine Probleme beim Lesen und Betonen.:Blume:

Liebe Grüße sy

:Blume::Blume::Blume:

fee_reloaded 06.03.2017 17:57

Ein sehr berührendes Gedicht, lieber Erich!

Ich möchte gar nicht am Inhalt der Zeilen rühren, denn was hier beschrieben wird, ist so ziemlich das Schlimmste, was einem Kind geschehen kann. Verletzt und allein gelassen kann Vertrauen nicht gelernt werden - wodurch sich das Gefühl der Einsamkeit und der Gefahr nur verstärkt.

Dein Gedicht macht mich tatsächlich sehr traurig. Die Flucht ins Innere, das zum eigenen Universum wird, weil die Welt da draußen sich nicht sicher anfühlt und keine Vertrauenspersonen da sind, die helfen könnten, den Weg zurück in eine Gemeinschaft zu finden...das lässt auf tiefe Wunden und heftige Verletzungen schließen. Etwas, das keinem Kind jemals zustoßen sollte.

Sehr gut in Worte gefasst - mit der genau richtigen Dosis an Gefühl, wie ich finde!

Gerne gelesen und dabei sehr still geworden.
fee

Erich Kykal 06.03.2017 20:25

Hi Sy, Fee!

Das Schlimmste ist die triefende Verachtung in Blicken und Stimme jener, die dich ansprechen, ihre absolute Nichtachtung deiner Person und ihr Wille, dass du das auch mitbekommst: Alles in dir will sich wegkrümmen darunter, aber du bleibst stehen und versuchst so zu tun, als ginge dir das alles am Arsch vorbei, weil du ihnen nicht auch noch die Genugtuung gönnen willst, dich zum Weinen zu bringen.
So lernst du, deine Gefühle zu unterdrücken, wie Stein zu werden, innen wie außen. Niemand kann dir da drinnen mehr wehtun ...
Mit den Jahren wird dir das erst zur zweiten, dann zur ureigenen Natur. Irgendwann kannst du es dann gar nicht mehr, selbst wenn du wolltest. Selbst wenn du die Beherrschung verlierst, ist es ein gesteuerter, weil innerlich zugelassener und wohlkontrollierter Akt - es wirkt nur nach außen echt, aber man weiß immer gneau, was man tut und warum.

Das einzige Mal habe ich mit 15 "wirklich" die Beherrschung verloren und bin für ca. 15 Sekunden Amok gelaufen, ehe die Wut verraucht war. Als ich zu mir kam, saß ich schon auf einem 16-Jährigen drauf (er hatte mich - ich war vollständig bekleidet - mit zwei Eimern Wasser überschüttet, einen von vorn, und als ich mich umdrehte und einfach nur gehen wollte, noch einen von hinten. Dabei ist dann irgendwas in mir zerrissen ...), den ich zuvor durch die Luft geworfen hatte wie einen Mehlsack und würgte ihn mit beiden Händen, knurrend und brüllend wie ein Tier ...
Es ging so schnell, er kam nicht mal dazu, ein einziges Mal zurückzuschlagen, obwohl er um einiges stärker war! Wäre ich länger "weg" gewesen, ich hätte ihn töten können - in diesem Zustand wäre es mir egal gewesen, ja ich hätte es sogar genossen!
Seither habe ich niemals wieder "auf ernst" gekämpft, auch wenn man mich noch so piesackte. Ich hatte zu große Angst vor dem, was ich sein konnte ...

Das ist heute über 35 Jahre her und bewältigt - ebenso wie die Jahre des Mobbings, auch wenn das damals noch nicht so hieß - auch wenn gewisse Spuren immer zurückbleiben, in meinem Fall der Hang zu Isolationismus und die Unfähigkeit, mit Gefühlen umzugehen (außer in Gedichten, warum auch immer - wahrscheinlich wieder: controlled environment).
Und alles hat sein Gutes: Wäre ich nicht da durchgegangen, könnte ich heute wohl vielleicht nicht so durchdringend schreiben. Hätte ich überhaupt begonnen zu schreiben und mein lyrisches Talent entdeckt? Wäre mein Geschreibsel heute belanglos und seicht, wäre meine Kindheit sorgenfrei gewesen? Wer weiß ...

LG, eKy

Dana 06.03.2017 21:47

Lieber eKy,
ich ahnte es, dass Dein Werk auch Autobiografisches beinhaltet. In Deiner letzten Antwort -

Zitat:

Zitat von Erich Kykal
Und alles hat sein Gutes: Wäre ich nicht da durchgegangen, könnte ich heute wohl vielleicht nicht so durchdringend schreiben. Hätte ich überhaupt begonnen zu schreiben und mein lyrisches Talent entdeckt? Wäre mein Geschreibel heute belanglos und seicht, wäre meine Kindheit sorgenfrei gewesen? Wer weiß ...

sagst Du etwas, was meinem Denken entspricht. "Alles hat sein Gutes" ist eine tiefe Weisheit. Sie ist Antwort auf das, was wir in Umkehr heute als Positiv erleben, soweit wir es erkennen. Für mich immer ein leiser Trost, für das, was zur Zeit absolut negativ ist. Ich habe inzwischen die "Stärke" und Hoffnung mir zu sagen, dass ich irgendwann sagen kann, dafür wäre es gut gewesen.
Es betrifft all unser Handeln auf allen Gebieten.

Ein wahrlich gutes Gedicht.

Liebe Grüße
Dana

Eisenvorhang 03.04.2017 18:13

Sehr schönes Gedicht.
Auch mir sind jene Zeilen nicht ganz unbekannt.

vlg

EV

Chavali 04.04.2017 11:01

Hi Erich,

was könnte ich noch sagen, was nicht schon gesagt wurde:
aufwühlend, berührend ist dein Text, aber auch entschlossen und mutig,
im Nachhinein zu versuchen, die Kindheit zu beleuchten und eventuell aufzuarbeiten.

4 starke Strophen - allerdings hätte ich mir noch so etwas wie ein Fazit gewünscht,
vielleicht wie der erwachsene Mensch damit fertig geworden ist.
Ein wenig schreibst du ja davon in deinen Antworten, aber so als letzte Strophe wäre auch nicht schlecht,
was meinst du?


Nachdenkliche und mitfühlende Grüße,
Chavali



Erich Kykal 04.04.2017 19:28

Hi, EV!

Vielen Dank. :)


Hi, Chavi!

Eigentlich habe ich nie was dran geändert. Ich lebe heute noch allein und sozial isoliert aus freien Stücken - meine einzigen direkten Kontakte zu Menschen finden schulisch statt, oder wenn ich einkaufe, zum Arzt gehe oder was reparieren lasse. Sehr selten treffe ich jemanden bewusst, das kann man pro Jahr an einer Hand abzählen.

Deshalb gibt es keine Strophe, die beschreibt, wie der Erwachsene etwas überwindet und reifer damit umgeht. Ich bin einfach so geblieben, wie ich als Teen war ... ;):rolleyes: Ist mir lieber so. Das Rechtfertigungslametta mag intellektueller sein als damals und wissenschaftlich fundierter, mit mehr Fachtermini und so - aber tief drinnen sitzt immer noch der gekränkte, gemobbte Junge, der sich an der Welt nicht mehr weh tun möchte ... :o:Aua

Lass gut sein. Es ist okay - ich leide nicht mehr. Ab und zu ein Gedicht dazu, so als Frustventil, und ich funktioniere wieder ein Jahr. Mehr würde ich wohl auch gar nicht mehr ertragen.

Jedenfalls vielen lieben Dank für deine aufrichtige Anteilnahme. :):Blume:

LG, eKy

Falderwald 09.04.2017 20:10

Servus Erich,

jeder kennt solche oder solch ähnliche Menschen.
Manche kennt man von Kindesbeinen an, manche lernt man erst später kennen und bei vielen weiß man nicht um ihre Vorgeschichte, man sieht nur ihr seltsames Verhalten, das sie von allen anderen augenfällig abhebt.

Du beschreibst hier eine mögliche Vorgeschichte, denn dein Protagonist wurde durch seine Kindheit geprägt.
Extrem schüchtern und in sich gekehrt, erlebt er das Geschehen der Welt nur am Rande.
Die weitere Entwicklung ist kein Wunder, denn andere junge Menschen sind kaum empathisch dazu in der Lage, sich in solche Außenseiter hineinzuversetzen, dazu fehlt ihnen noch die Erfahrung.
Der Umgang ab einem gewissen Alter mit Gleichaltrigen prägt einen Menschen meines Erachtens allerdings doch sehr.
Sowohl ihre Sicht auf den Betroffenen, wie auch seine Sicht sind individuelle Wahrheiten und so entwickelt sich der gegenseitige Umgang miteinander.

Da fällt es dem Leidtragenden auch hinterher sehr schwer, Vertrauen zu fassen, wenn er auf erfahrenere Menschen trifft, die wirklich Empathie für ihn aufbringen können.

Ein böser Teufelskreis ist das und je intensiver jemand darin gefangen ist, umso schlimmer für ihn.

Mir fielen spontan ein paar Namen und Gesichter ein, die ich sofort mit deinem Text zu verbinden wusste.

In diesem Sinne ist er authentisch und hat mir gut gefallen, weil er mich ja auch erreicht hat. :)


Gern gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald



Erich Kykal 09.04.2017 21:14

Hi Faldi!

Der Text ist autobiografisch, bestenfalls leicht dramatisiert. Ab meinem 15. Lebensjahr vermied ich möglichst jeden Kontakt zu Gleichaltrigen, bis auf ein oder zwei Ausnahmen, die ich bis heute Freund nennen kann - oder zumindest nicht das Gegenteil.
Jeder Schultag war ein Spießrutenlauf zwischen desinteressierten oder hilflosen Lehrern, gleichgültigen Mitschülern - und jenen, die keine Gelegenheit ausließen, mir zu zeigen, was ich für sie darstellte und was sie mir so überlegen machte.
Dass ich mich mit frechem Zynismus oder hilfloser Wut zur Wehr setzte, machte die Sache nicht besser. Meistens aber zog ich nur den Kopf ein und ließ die Demütigungen schweigend über mich ergehen - so ging es schneller vorbei.
Ist man erst mal in einem bestimmten Rollenbild gefangen, ist es fast unmöglich, das noch zu revidieren - du wurdest beurteilt, eingeordnet und fertig.
Was diesem Bild widerspricht, wird kaum wahrgenommen, was es bestätigt, wird zelebriert. Das funktioniert von beiden Seiten so: Sie sahen in mir nur den Nerd, den Spinner, den Gestörten, ich sah in ihnen nur noch gehässige Neider, Pöbler und miese Arschlöcher.

Mein Leben mit (Selbst-)Respekt und Würde begann erst nach dem Abitur.

Aber wie gesagt, das ist lange her - heute genügt so ein Bewältigungsgedicht alle paar Jahre, und mir geht's gut ...

Die Menschen meide ich bis heute. Zu gut habe ich die Lektion gelernt, wie sie sein können. Wie ich sein kann. Besser, wir gehen uns aus dem Weg.

LG, eKy

Eisenvorhang 10.04.2017 00:51

Hallo eky

Irgendwie schaffen es Deine Themen mich aufzufangen.
Mir erging es auf ähnliche Weise auch viele Jahre.
Ich würde fast die gleichen Worte verwenden.
Nur zog sich diese Schmach nahezu durch mein ganzes Leben. Erst die letzten Jahre zeugten von Linderung und Tröstung. Meine Frau war eine Ausnahme.
Aber neben ihr ist - außer einer anderen Person - keiner geblieben.

Eigentlich bin ich die Dezenz in Person, wenn es um persönliche Belange geht.

Aber ich kenne dieses Leben, die Art, die Weise von Menschen, die sich bedroht und eingekesselt fühlen und mit einer anderen Art oder einem anderen Sein, eines anderen Menschen überfordert sind und daraufhin in die Offensive gehen. Ich griff zu Alkohol, zu Drogen und verlor mich in Interessen, die ich mit keinem teilen konnte.

Nun vergehen die Jahre, ich wurde älter, fühle mich reifer, verwurzelter und sehe viele Dinge in einem anderen Licht.
Trotzdem gehe ich nach wie vor Menschen aus dem Weg und sie mir.
Der beste Freund ist immernoch mein Hund.


vlg

EV

Erich Kykal 10.04.2017 08:25

Hi EV!

Tja, ich bin ein Katzentyp. ;):D:cool:

LG, eKy

Eisenvorhang 10.04.2017 14:24

Hi eKy!

Tja, ich differenziere keine Tierliebe! :D:Blume::Herz:

Hab einen schönen Tag :-))


vlg

EV

Erich Kykal 19.07.2017 15:45

Hi EV!

Ich auch nicht - habe auch schon Hunde gestreichelt und eine Menge anderer Viecher. Aber ich werde immer ein Katzentyp sein, nicht allein aus ästhetischen oder hygienischen Gründen, sondern aus zutiefst empfundener Wesensverwandtschaft.

LG, eKy

Kokochanel 25.07.2017 09:44

Liber Etich,

wieso habe ich dieses schöne und aussgekräftige Werk von dir bisher übersehen?
Naja. Babydienst wahrscheinlich:).
Tief lässt du uns in die Seele und Empfindungen eines Außenseiters schauen mit allen Aspekten, die dieses zu bieten vermag. Berührend und lehrreich gleichermaßen.
Besonders auch die letzte Zeile mit dem Mitleid, was niemand in solch einer Situation braucht...
Gerne gelesenund mitgefühlt in eine vergangene Zeit, die die Wurzeln legte für einen heute gestandenen Mann,
von Koko

Erich Kykal 25.07.2017 09:57

Hi Koko!

Hast du in meinem Archiv gekramt? Vielen Dank für diese "Exhumierung"! :)

Die Beweggründe für dieses Werk habe ich in den Vorkommentaren hier ja schon erläutert. Als "gestanden" möchte ich mich aber aus mehreren Gründen nicht bezeichnen: Zum einen hat der gekränkte Junge in mir immer noch zuviel Macht über mich, zum anderen musste ich mich in diesem Leben nie wirklich der Welt stellen, denn schon in den wenigen Kontakten zu ihr habe ich stets jämmerlich versagt und mich lieber feige zurückgezogen als konsequent zu mir zu stehen und dies auch nach außen zu verteidigen. Entweder ich war zu empfindlich, oder ich sah keinen Sinn darin: zuviel Gefühl und zuviel Hirn - keine optimale Kombination. Also warf ich das Gefühl über Bord, aber irgendwo musste es ja bleiben. Es liegt heute in meinen Gedichten und belästigt mich somit nicht mehr in meinem realen Leben ... ;):cool:

LG, eKy

Sidgrani 25.07.2017 18:43

Hei eKy,

sei froh, dass du so ein gut funktionierendes Ventil gefunden hast.

Zitat:

Zitat von eKy
Zu tief empfunden jedes Ihnverletzen,
zu schwer der Weg aus einem reichen Innen.
Das Außen war gefährlich, war Entsetzen,
und Einsamkeit ein mögliches Entrinnen.

Müsste es nicht z.B. heißen

"und Einsamkeit ein sicheres Entrinnen" oder
"und Einsamkeit das einzige Entrinnen"?


Zitat:

Zitat von eKy
Er wurde größer, aber nicht verstanden,
er glaube besser sich, so ging die Rede,
als allen anderen, und sie befanden
ihn seltsam wunderlich und etwas blöde.

Hier fehlt ein "n" oder?


Wieso, lieber eKy, hast du dein Gedicht nicht in der noch eindringlicheren Ich-Form geschrieben, wo du uns doch so freizügig über deine schwere Kindheit erzählt hast?


Zitat:

Zitat von eKy
Die Menschen meide ich bis heute. Zu gut habe ich die Lektion gelernt, wie sie sein können. Wie ich sein kann. Besser, wir gehen uns aus dem Weg.

Das ist sehr schade, denn so erfährst du nie, ob "da draußen" nicht ein paar Menschen sind, die dich so nehmen, wie du bist.
Auf jeden Fall hast du dein Gedicht sehr gut geschrieben. Es berührt und zwingt zum Nachdenken.

Ich habe vor Jahren einmal versucht, mich in so eine Situation hinein zu versetzten und die Gefühle und Gedanken in einem Gedicht festgehalten.

Vielleicht schaust du mal rein. :)

http://www.gedichte-eiland.de/showthread.php?t=4880

Liebe Grüße
Sid

Erich Kykal 25.07.2017 19:06

Hi Sid!

Vielen Dank für einen so detaillierten Kommi! :)

Der Reihe nach:

"Mögliches" steht da, weil die Isolation nur eine von mehreren Möglichkeiten war und ist, mir derlei unzugehen. Jene, die ich wählte - aber eben nicht die "einzige". Und "sicher" war mein Entrinnen auch nie. Irgendwie erreichten sie mich doch immer wieder ... :rolleyes:

Da fehlt kein "n", sorry. "Er glaube besser sich als alle andern" - er glaubt besser sich als WER oder WAS? ---> Nominativ.

In der Ich-Form schreibe ich höchst selten, auch nicht gern bei autobiografischem Inhalt. Zum einen möchte ich nicht weinerlich oder ichbezogen wirken, oder so, als hätte ich in meinem Leben kaum je was auf die Reihe gebracht. Zum anderen möchte ich, dass auch andere sich leicht mit dem Text identifizieren können, sollten sie Parallelen zum eigenen Leben darin erkennen.

Oh, ich kenne durchaus eine Handvoll Menschen, die mich so nehmen können, wie ich bin, vorausgesetzt, sie kommen mir nicht zu nahe. Dieses Distanzhalten ist bei mir obligatorisch und wird sich auch nicht mehr ändern. Wer damit leben kann, ist mir willkommen, vorausgesetzt, er vermag selbst eine gewisse innere Distanz zu wahren. Mit heftigen Emotionen konnte und kann ich nicht umgehen, nicht mal mit den eigenen. Schon als kleiner Junge eiferte ich Mr. Spock nach, der mein großes Vorbild war: Gefühlsbereinigt, logisch, beherrscht. Heute bin ich ziemlich genauso, bloß von außen eben klein, fett und glatzköpfig. :D Und wie bei ihm brechen die unterdrückten Regungen nur höchst selten durch, und selbst dann sehr kontrolliert und unaufdringlich. Nur den Zorn, den konnte ich nie so ganz beherrschen lernen, da arbeite ich noch dran. ;):o

LG, eKy

Sidgrani 26.07.2017 09:18

Hei eKy,

Zitat:

Zitat von eKy
Nur den Zorn, den konnte ich nie so ganz besherrschen lernen, da arbeite ich noch dran.

Viel Erfolg! :)


Zitat:

Zitat von eKy
Da fehlt kein "n", sorry. "Er glaube besser sich als alle andern" - er glaubt besser sich als WER oder WAS? ---> Nominativ.

Sicher? ... WEM glaubt er besser, sich selbst. WEM glaubt er nicht, allen anderen. Das ist für mich Dativ. :confused:

Liebe Grüße
Sid

Erich Kykal 26.07.2017 18:45

Hi Sid!

"Er glaubt sich besser als..." - diese alte Wendung bedeutet: Er meint/denkt besser zu sein als...// er glaubt besser zu sein als...

Das ist kein Vergleich hier, sondern eine Phrase. ;)

Wäre es wie du denkst, man würde schreiben: "Er glaubst sich (selbst) mehr als...".

Sorry, ich hab recht! ;):cool:

LG, eKy

Sidgrani 27.07.2017 07:52

Hei eKy,

Zitat:

Zitat von eKy
diese alte Wendung bedeutet:

Die muss weit vor meiner Zeit gebräuchlich gewesen sein! So gebe ich mich also geschlagen. :confused::(

LG Sid

Erich Kykal 27.12.2017 12:37

Hi Sid!

Ist schon so: WER glaubt sich (= hält sich für) besser als WER? - Ich glaube mich besser als du (oder: alle).

Das Reflexivpronomen "sich", "mich" usw... macht den Unterschied zu:

WER glaubt WEM? - Ich glaube dir.

Im ersteren Falle handelt es sich um eine Gleichsetzung im ersten Fall, da es sich um einen direkten Vergleich handelt, im zweiten um einen Dativ.

LG, eKy

Hans Beislschmidt 09.02.2018 13:02

Hey Eky,

du hast sicher Recht mit deiner Annahme, dass wenn dein Lebensweg anders verlaufen wäre, du vielleicht nie eine Zeile geschrieben hättest. Außenseiter zu sein, eröffnet aber ungeahnte Möglichkeiten der Kompensation, vor allem im künstlerischen Bereich. Ich behaupte, dass alle Künstler zu dieser Gattung Mensch gehören müssen, um ihr Potential abrufen zu können.

Kein Grund also in irgendeiner Weise mit dem Schicksal zu hadern. Die Glocke, die über denjenigen hängt, die ihr Tun dieser Absage an das plätschernde Leben schulden, sollte jedoch hin und wieder etwas angelupft werden, um Frischluft rein zu lassen. In diesem Sinne empfehle ich: - hol die Virago aus dem Stall. :D

Gerne gelesen
Gruß vom Hans

Erich Kykal 09.02.2018 14:58

Hi Hans!

Guter Tipp - allerdings erst im Frühling umsetzbar. ;) Zur Zeit steht sie in der Werkstatt, bekommt einen neuen Sitz (breiter und besser dämpfend) und einen neuen Auspuff (mit legaler Lautstärke, aber gutem Sound).
Sind wohl so Altersadaptionen, die ab einem gewissen Breitarschgrad einfach fällig werden. :rolleyes::Aua

Die Außenseiterkiste ist für mich ohnehin durch, das hat früher mal geschmerzt, als mir die Meinungen anderer noch wichtiger waren.
Und als Künstler habe ich mich nie bezeichnet, das sollen die tun, die jedwede Art elitärer Erhöhung nötig haben ... ;):rolleyes: - Ich mach einfach, was mir Freude bereitet, und wenn das ein anderer dann Kunst nennt, sei's drum.
Natürlich gönne ich jedem sein "Künstlersein", wenn's ihm wichtig ist, aber für mich stellte sich nie diese Frage. Wenn mich wer fragt, was ich mache, sag ich jedenfalls "Lehrer" und nicht "Dichter". Das sehe ich eher als Hobby, als befriedigende Freizeitbeschäftigung. Geht ja auch kaum anders, denn Geld lässt sich mit Lyrik heutzutage keins mehr verdienen - aber war das je wirklich anders?
Ich wüsste nicht, dass in dem Land, das seine Dichter noch vor den Denkern nennt, je ein Poet ausschließlich von seiner Kunst hätte leben können! :rolleyes::eek: Was für eine Heuchelei! :Aua

Vielen Dank für deine Gedanken zu dieser von dir exhumierten Mumie! :D:)

LG, eKy


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