Der bestrafte Tyrann - frei nach Ovid -
Der bestrafte Tyrann
Erysichthon, der Tyrann, war ein schrecklich böser Mann. In Thessalien der Despot sah beim kleinsten Anlass rot. Dass er auch voll Hybris war, wird an einer Untat klar. Was er frevelhaft getrieben, hat Ovid uns aufgeschrieben: Denn der Herrscher ließ gemein in der Ceres heilgem Hain, an der heiligsten der Stellen, ihre schönste Eiche fällen. Rief die Göttin: »Diese Schmach trage ich dir Frevler nach! Ewge Unersättlichkeit hex ich dir ins Eingeweid! Doch was du verzehrest auch, ›Hunger!‹ schreit fortan dein Bauch!« Und tatsächlich, so geschah‘s, dass der Wüstling fraß und fraß. Anfangs wählte er noch aus: Krebs und Hummer gab‘s zum Schmaus, ließ sich Köstlichkeiten schmecken: Austern, Trüffeln, Weinbergschnecken. Importierte Bärentatzen ließen ihn genüsslich schmatzen. Auch hat er mit Wein begossen frisch gegrillte Haifischflossen. Alles ohne satt zu werden: Rinder, Schafe, ganze Herden. Blumenkohl und Sauerkraut hat er zentnerweis gekaut. Bis er schließlich alles nahm, was ihm vor die Zähne kam. Löwen, Tiger, Elefanten, Socken, Schuhe, Folianten, Krokodile und Giraffen, Stachelschweine, Zebras, Affen ... Endlich hat, so musst es kommen, er sich selber vorgenommen, und bevor der Tag gegraut, hat der Vielfraß sich verdaut. Tief im Orkus, wo es dampft, er noch heute weitermampft! ______________________________________________ Erysichthon ist eine Gestalt der griechischen Mythologie. Als König von Thessalien ließ er eines Tages eine heilige Eiche der Demeter fällen, der Göttin der Fruchtbarkeit der Erde, des Getreides, der Saat und der Jahreszeiten. Demeter rächte diesen Frevel, indem sie eine Hungergöttin dem schlafenden Erysichthon unstillbare Fressgier einhauchen ließ. Daraufhin verzehrte der König zuerst seinen gesamten Besitz und danach sich selbst. Demeters römischer Göttername ist Ceres. Das Gedicht folgt der Vorlage des römischen Dichters Ovid mit der Göttin Ceres anstelle der griechischen Demeter. |
Hallo Fridolin, |
Hallo Fridolin,
so könnte es sich zugetragen haben. Diese mythische Geschichte hast du phantasievoll ausgeschmückt und somit dem Leser nahe gebracht. Es musste ja eines Tages für den Tyrannen so weit kommen, zumal die alten Götter sehr rachsüchtig waren, wenn ihnen ein Sterblicher eine Schmach in Form einer Beleidigung zugefügt hatte. Die Strafen dafür waren oft unmenschlich, obwohl es solch ein Despot bestimmt auch nicht anders verdient hat. Möge es ihm munden. Herzliche Inselgrüße Narvik |
Hallo chavali und Narvik,
ich freue mich, dass euch meine Reimerei gefallen hat. Vielen Dank dafür. Für mich war das Gedicht auch eine Fingerübung im trochäischen Versmaß, das ich eher selten verwende. LG Fridolin |
Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 07:31 Uhr. |
Powered by vBulletin® (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.
http://www.gedichte-eiland.de
Dana und Falderwald
Impressum: Ralf Dewald, Möllner Str. 14, 23909 Ratzeburg