Gedichte-Eiland

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Sufnus 04.03.2018 13:15

Trostsuche
 
Trostsuche

Die Elbe steht im Eis,
steht regungslos im Bann,
und nur ein Stöhnen zeigt
am Grund die Strömung an.

Die Elbe ist erstarrt,
kein Fischlein weit und breit,
auch mir ist worden hart
der Sinn in harter Zeit.

Der Frost hängt grimmig-still
in Trauerweidenzweigen.
Wenn wer mir helfen will:
Ich suche Zuhörn, Schweigen

und bräucht so sehr die Hand,
die meine Hände hält,
doch die ist außer Land,
verbannt aus meiner Welt.

Ist also, wo die Trauer
am Herzort fort mich quält,
nur Weh und Ach von Dauer,
das Glück längst abgezählt?

Mir bleibt, mir bleibt von Dir
der Schatz geteilter Stunden,
Du bist mein Mut, ich Deine Zier,
so lang wir hier verbunden.

Erich Kykal 04.03.2018 16:29

Hi Sufnus!

Gefällt mir gut. Dein gehobener Sprachstil schafft zusammen mit den dreihebigen Zeilen einen ganz eigenen Duktus entrückter, lapidar gefasster Eigenschau und Weltsophisterei.

Nur in der letzten Str. verlässt du leider diesen Takt und wechselt abrupt zum Hebungsschema 4-3-4-3, wodurch ich arg aus dem Leserhythmus geriet.

Wäre eine angepasste Version so von Übel gewesen? zB so:

Mir bleibt, entrückt von Dir,
der Schatz geteilter Stunden:
Du Mut mir, ich Dir Zier,
so lang wir hier verbunden.


Peanuts:

S1Z2 - "Im" hast du gerade in Z1 verwendet, hier wäre es auch sprachlich gediegener, "steht ... in Bann" zu schreiben.

S2Z3,4 - Ist die Wortwiederholung "hart/harter" hier Absicht? Würde ich überdenken, es wirkt eher wie ungewollt passiert.

S3Z3 - "So man mir helfen will:" wäre sprachlich edler formuliert.

S3Z4 - Wortwiederholung "brauche/bräucht" mit Folgezeile. Hier würde ich schreiben: "Ich suche Zuhörn, ..."

S5Z1 - Es sollte besser "Sind also, wo ..." heißen, da "Weh und Ach" zwei Zeilen weiter ja 2 Begriffe sind, also Plural. Singular ist hier zwar nicht falsch, da man die Termini ja phrasierend zusammenfassen kann, hört sich für mich aber doch ein wenig so an.


Die Wortwiederholung von "Hand/Hände" in S4Z1,2 hingegen finde ich lyrisch gelungen und verdeutlicht und intensiviert die Aussage dieser Zeilen.

Gern gelesen! :)

LG, eKy

Sufnus 04.03.2018 20:29

Ha!
Erich hat den heiklen Punkt natürlich wieder gefunden! :)
Die zweimalige Vierhebigkeit der letzten Strophe hat sich aus dem "Du bist mein Mut, ich Deine Zier" ergeben, die ich ungern - wie von Dir avisiert - verkürzen mögen täte, da nach meinem Dafürhalt dadabei ein etwas "Ich Tarzan - Du Jane"-artiger Telegrammstil bei rumkäme... desdewegen hab ich also, nachdem sich die vermaledeite S6Z3 einer Dreihebigkeit hartnäckig versperrte, auch kurzerhand S6Z1 Vierhebig gemacht in der eitlen Hoffnung, die daraus erwachsende Symmetrie ließe den ganzen Tatbestand vor Deinem strengen Auge Gnade finden... tja... hat wohl nicht geklappt... ich gehe in mich und arbeite nach...

Eisenvorhang 04.03.2018 22:32

Hi Sufnus,

in der Tat - mir scheint, mit jedem weiteren Gedicht aus deiner Feder wird es interessanter.

Ich stolper über diese Zeile:

"auch mir ist worden hart"

Ist das eine bewusst gesetzte Provokation oder tappe ich in der Ermangelung meiner Deutschkenntnisse?

"Wenn wer mir helfen will:
Ich brauche Zuhörn, Schweigen

und bräucht so sehr die Hand,
die meine Hände hält,
doch die ist außer Land,
verbannt aus meiner Welt."


Traumhaft schön! So zarte Zeilen.

Mir gefällt auch die Einhaltung der Strophen in Anbetracht der Silbengleichheit.

Auch das hier ist sehr schön und clever verworben

"am Herzort fort mich quält,"

Wirklich großes Kompliment - ein begabter Dichter!
Schön, dich hier im Forum zu haben!

vlg

EV

Sufnus 05.03.2018 12:30

Hi EV,
vielen vielen Dank für das Lob & vor allem natürlich fürs Lesen! :)
Die von Dir angesprochene Zeile "auch mir ist worden hart" ist in der Tat ein sehr altertümliches Deutsch; es ist eine Anspielung auf das alte Gedicht (ca. 16. Jh.) "Es ist ein Schnee gefallen", darin finden sich die Zeilen: "Mein Haus hat keinen Giebel / es ist mir worden alt".

Zugleich - Überleitung zu Erichs Anmerkungen - verweisen die Zeilen auf das Lied "Ermutigung" von Wolf Biermann: "Du lass Dich nicht verhärten / in dieser harten Zeit". Insofern ist die Doppelung von hart beabsichtigt gewesen und ich werde sie erst mal beibehalten. :)

Dafür habe ich, lieber Erich, Deinen Vorschlag mit "suche" anstelle von "brauche" sehr gerne übernommen und die Vierhebigkeit in S6Z1 rausgenommen; ich wäre gespannt, was Du von der Doppelung "mir bleibt" hältst... Jetzt zeigt sich nur noch S6Z3 völlig resistent gegen jeden Versuch eine Hebung rauszukürzen... daher bleibt die jetzt einsam und allein vierhebig stehen - es ist aber auch eine wichtige Zeile, die darf also ruhig etwas herausragen, finde ich.

Und Grübeleien hast Du mir noch mit Deinem Vorschlag "Sind also, wo" beschert... gefällt mir richtig gut, nur muss ich jetzt auch in S5Z4 das Glück durch ein geeignetes Wort im Plural ersetzen, da sich diese Zeile ja auch noch auf S5Z1 bezieht... ich arbeite dran...

Eisenvorhang 05.03.2018 12:35

Für Glück könntest du Fortuna in Plural setzen - "fortunen"? ist das richtig?

Oder Du spielst mit dem Glücksbegriff und machst die Glücksreigen, die abgezählten Tänze.

Ich weiß nur nicht... Wird metrisch nicht aufgehen. Habs auch jetzt nicht angepasst, nur Gedanken gestreut.

vlg

Erich Kykal 05.03.2018 16:33

Hi Sufnus!

Zitat:

Zitat von Sufnus (Beitrag 110497)
Und Grübeleien hast Du mir noch mit Deinem Vorschlag "Sind also, wo" beschert... gefällt mir richtig gut, nur muss ich jetzt auch in S5Z4 das Glück durch ein geeignetes Wort im Plural ersetzen, da sich diese Zeile ja auch noch auf S5Z1 bezieht... ich arbeite dran...

Ich denke, das "Glück" kannst du so stehen lassen, denn das "sind" ist so weit weg, dass sich der Leser automatisch das richtige Hilfszeitwort dazudenkt. Mir jedenfalls erschien es beim Lesen nicht als Makel. Zudem trennt ja ein Komma vom "sind"-Satz, also denke ich, es ist nicht unkorrekt, es so zu schreiben.


Mit dem gedoppelten "mir bleibt" bin ich nicht glücklich, da wäre mir ein "bleibt zuletzt" oder so lieber gewesen.

LG, eKy

Sufnus 05.03.2018 16:37

Zitat:

Zitat von Erich Kykal (Beitrag 110512)
Mit dem gedoppelten "mir bleibt" bin ich nicht glücklich, da wäre mir ein "bleibt zuletzt" oder so lieber gewesen.

"Mir bleibt zuletzt" hatte ich tatsächlich zuerst genommen - aber das klang mir noch nicht zukunftszugewandt genug. Naja... ich werde noch etwas feilen...

Chavali 05.03.2018 16:44

Lieber Sufnus,

das ist ja wirklich phänomenal geworden!
Ich bin überwältigt von soviel zarter Sprachschönheit.

Dieser Abschnitt gefällt mir am besten:
Zitat:

und bräucht so sehr die Hand,
die meine Hände hält,
doch die ist außer Land,
verbannt aus meiner Welt.
Da bleibt mir nur zu sagen: Chapeau! :Blume:

Liebe Grüße
Chavali


Sufnus 05.03.2018 16:48

Das freut mich ganz außerordentlich!!! Dankeschön! :)


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