Gedichte-Eiland

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Laie 16.12.2017 12:50

Morgenimpression
 
Der Morgen liegt wie tot auf allen Dächern
und in den Straßen sind die Menschen stumm.
Ein Krähenrufen füllt die Luft - fast blechern;
die Stadt ist grau und wie ein Heiligtum,

das dumpf zerfällt. Und unter Wolkenlasten
verdichtet sich der Himmel zum Massiv,
das harrt und droht, und aus dem dunstumfassten
Gedränge steigt in dunkelnden Kontrasten
der Tag, als wäre er nur depressiv.

Leuchtfeuer 16.12.2017 19:46

Hallo Laie,
wieder ein wunderschöner Text von dir.
Du gehörst für mich zu den besten Talenten dieses Forums und wenn du dich weiter so entwickelst, dann kannst du ein ganz gro´ßer Dichter werden. Du solltest deinen Namen ändern, denn du biust alles andere als ein Laie.

ich werde dich im Auge behalten und wenn du weiterhin so konstante Leistungen zeigst, wäre ich geneigt, selbstverständlich nur mit deiner Zustimmung, einige ausgewählte Texte meinem Lektor vorzulegen.

Du müsstest nicht einmal deine Identität hier preisgeben, denn wenn sich mein Verlag interessiert zeigt, würde ich dir die Kontaktdaten mitteilen und du könntest dich dann selbst dort melden.

Vielleicht lernen wir uns dann auch mal kennen.
Das alles natürlich nur, wenn du das willst und man mich üblen Troll hier nicht vorher rauswirft.

Grüßle Leuchtfeuer

Erich Kykal 16.12.2017 22:07

Hi Laie!

Ich schließe mich Leuchtfeuer an - wie immer lyrisch herausragend, vor allem die syntaktisch so sogartig packend geschriebene Conclusio.

Dieses Element des überlangen, melodisch höchst hypnotisch wirkenden Schlußsatzes kenne ich ebenfalls von Rilke (sorry, dass ich es wieder mal erwähne!), hier Beispiele:

Der Fremde

Ohne Sorgfalt, was die Nächsten dächten,
die er müde nichtmehr fragen hieß,
ging er wieder fort; verlor, verließ -.
Denn er hing an solchen Reisenächten

anders als an jeder Liebesnacht.
Wunderbare hatte er durchwacht,
die mit starken Sternen überzogen
enge Fernen auseinanderbogen
und sich wandelten wie eine Schlacht;

andre, die mit in den Mond gestreuten
Dörfern, wie mit hingehaltnen Beuten,
sich ergaben, oder durch geschonte
Parke graue Edelsitze zeigten,
die er gerne in dem hingeneigten
Haupte einen Augenblick bewohnte,
tiefer wissend, daß man nirgends bleibt;
und schon sah er bei dem nächsten Biegen
wieder Wege, Brücken, Länder liegen
bis an Städte, die man übertreibt.

Und dies alles immer unbegehrend
hinzulassen, schien ihm mehr als seines
Lebens Lust, Besitz und Ruhm.
Doch auf fremden Plätzen war ihm eines
täglich ausgetretnen Brunnensteines
Mulde manchmal wie ein Eigentum.


Aus dem Stundenbuch:

Denn sieh: sie werden leben und sich mehren
und nicht bezwungen werden von der Zeit,
und werden wachsen wie des Waldes Beeren,
den Boden bergend unter Süßigkeit.

Denn selig sind, die niemals sich entfernten
und still im Regen standen ohne Dach;
zu ihnen werden kommen alle Ernten,
und ihre Frucht wird voll sein tausendfach.

Sie werden dauern über jedes Ende
und über Reiche, deren Sinn verrinnt,
und werden sich wie ausgeruhte Hände
erheben, wenn die Hände aller Stände
und aller Völker müde sind.


Ich freue mich, dieses Element in deinem Schaffen wiederzufinden. Wie gewohnt gehen mir die Superlative des Lobes aus!

Allergernst gelesen! :)

LG, eKy

Laie 17.12.2017 09:43

Hallo Leuchtfeuer,

tausend Dank für dieses überwältigende Lob! Und dein Angebot ist ebenso überwältigend. Solltest du irgendwann der Meinung sein, dass meine Texte gut genug sind, um sie deinem Lektor zu zeigen, hast du natürlich meine Zustimmung :)


Hi eKy,

ich freue mich sehr über deine Worte und dein Lob :) Ich finde, dass so ein längerer Satz, unterstützt durch ein abaa(a...)b Reimschema, einen schönen Spannungsbogen spannt. Daher verwende ich es auch ziemlich häufig :D

Die beiden Gedichte sind natürlich grandios!


Grüße,
Laie

Mondmann 17.12.2017 11:21

Hi Laie,
genug des Lobes. Mir gefällt es auch, bis auf diese Aussage

"und in den Straßen sind die Menschen stumm."

A - ein "und" zu Beginn glänzt nicht immer.
B- irgendwie fehlt mit etwas, denn warum sollten Menschen morgens in den Straßen stumm sein?

Weil sie zur Arbeit müssen und keine Zeit müde gähnend für ein Schwätzchen haben?

"und in den Straßen eilen Menschen stumm"

MfG M.

Laie 17.12.2017 12:58

Hallo Mondmann,

vielen Dank für deinen Kommentar.

Das mit dem "und" mag sein. Mich stört es aber nicht. Im Gegenteil, ich halte es für ein unterschätztes und zu unrecht verächtetes Wörtchen.
Zu deinem zweiten Punkt: Die Menschen können aus vielen Gründen stumm sein. Weil es früh am Morgen ist. Weil ihnen das ständige Grau aufs Gemüt schlägt. Da gibt es vieles. Da mein Gedicht eine Beschreibung meiner Eindrücke ist und ich nicht sagen kann, was die genauen Gründe waren, habe ich es auch einfach so stehen lassen. Auch sehe ich morgens die allerwenigsten Leute ein Schwätzchen mit Fremden halten. Die meisten starren vor sich hin. Und geeilt ist da auch keiner.


Gruß,
Laie

juli 17.12.2017 18:11

Hallo Laie,:)

Ich weiß gar nicht mehr, was ich noch sagen soll, weil ich deine Gedichte wunderschön finde. Mir gehen die Vokabeln aus. Ich lese sie immer gerne und weiß, ich finde einen Schatz.:Blume::)

Auch hier.:)

Liebe Grüße sy

:Blume::Blume::Blume:

Wenn du ein Heftchen oder ein kleines Buch hättest, dann würd ich schon mal 3 kaufen. Ich würde zwei weiterverschenken.;) Es würden auch nur die Worte genügen, kein Schnickschack. Schlicht ein einfach. Aber wenn du das vorhast, dann weißt dus schon..........

Terrapin 17.12.2017 18:59

Hi Tiger...

Wieder ganz klasse gedichtet. :Blume:

Ophelia 17.12.2017 23:07

Lieber Laie,

schließe mich dem Lob meiner Vorredner an. Danke für deine berührenden Verse. :Kuss

LG Ophelia

Mondmann 18.12.2017 00:40

Der Morgen liegt wie tot auf allen Dächern,
verloren kriecht die Einsamkeit herum.


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