Kastanien II
 

Kastanien II


Ihm war, als würde er sie aus dem Feuer holen:
Sie glühten warm in seiner Hand. Er sah und staunte.
Ein ferner Glanz von Sonne, der ein Flüstern raunte,
Lag vor ihm: In der Tasche klackte es verstohlen.

Er würde sie in einer schönen Schüssel bergen –
Als Ahnung und Versprechen, eines Jahres Früchte,
Symbol von Wiederkommen, Jugend, Lüste, Süchte:
Der Tod schickt Winter, Alter, Krankheit, seine Schergen.

Er griff zum Mantelkragen, zog den Schal noch enger.
Sein Schatten ging gebeugt, als trüg er schwere Lasten.
Die Schwermut ist ein eitler böser Hoffnungsfänger.

Die Kälte biss ihm in sein Herz und ließ ihn hasten.
Die Schritte und die Atemzüge wurden länger:
Ihm war, als würden Eisesfinger nach ihm tasten.

das finde ich klasse geschrieben, lieber Walter. :Blume:Habe nix zu meckern.
Starke Bilder, schöne Zeilen und die Melancholie des Herbstes als Symbol des vergänglichen Augenblicks.
LG von Koko

lb Koko, vielen dank für deine freundlichen worte. ich danke meiner muse und den kindern, die am vergangenen sonntag unterm kastanienbaum nach den goldbraunen früchten suchten. lg W.

Hallo Walther,
auch von mir ein Dank für das tief melancholische Sonett,
welches sich von St. zu St. steigert,
besonders die letzte St. hat es mir angetan:

"Die Kälte biss ihm in sein Herz und ließ ihn hasten.
Die Schritte und die Atemzüge wurden länger:
Ihm war, als würden Eisesfinger nach ihm tasten."

Man spürt es förmich, das Verfolgtsein von den Mächten
der Dunkelheit, Endzeitstimmung im Jahr, passt auch sehr
gut in unsere Zeit, leider.

Sehr gern gelesen.

Grüße mallarme

lb mallarme,
danke für deinen sehr freundlichen eintrag. ich war ein paar tage unterwegs, daher erst jetzt meine antwort.
kastanien sind eine faszinierende frucht, um die sich viele erlebnisse ranken.
lg W.