Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 03.05.2017 13:55

Allumfassender Moment
 
In einem Augenblick ist mehr, als tausend Leben
erforschen könnten, die du nacheinander lebst.
Was immer du davon vor deine Augen hebst,
mag es dich noch so sehr erfüllen und erheben,

ist Ahnung nur vom großen Ganzen dieser Erde,
darauf du etwas fühlst und atmest und erreichst,
doch ist der eine Weg, von dem du niemals weichst,
nur einer unter ungezähltem Wohl und Werde.

Unmöglich, auch nur das Geringste zu erfassen,
das jetzt geschieht, da deine Augen diese Zeilen
bereisen, ihr Verströmen sich geschehen lassen!

Die Welt entufert sich unsäglich deinen Sinnen,
und nur, worauf die Augen seelenvoll verweilen,
erwächst zu Welt in dir und kann sich dort beginnen.

Kokochanel 04.05.2017 11:12

Lieber Erich,

für mich schließt sich das Gedicht irgendwie gedanklich als Erweiterung an Fees an. Manchmal inspiriert es einen ja auch, wenn man ein Werk liest.

Der Moment ist ein Teil des großen Ganzen, aber er geht an uns vorüber, enn wir ihn nicht "seelenvoll" betrachten, empathisch, mit Gefühl. Dafür müssen wir uns Zeit nehmen und daran krankt unsere heutige Welt. Viele schauen zu nüchtern und zu oberflächlich hin und können darum für sich keinen "Nutzen" im Sinne von Beseelendem finden.
Auch dieses ein Werk, das weise ist und dessen Gedanken ich sehr gerne gefolgt bin.

LG von Koko

Erich Kykal 04.05.2017 12:37

Hi Koko!

Ich wollte zum Ausdruck bringen, wie unzählig viel in einem Augenblick geschieht, allein hier auf der Erde, und wieviel wir zwangsläufig verpassen, weil unsere Sinne und Denkleistung noch so begrenzt sind.

Indes, abseits von diesem Gedanken ist unser Leben nicht arm an Reizen und Herausforderungen, und indem wir uns auf etwas konzentrieren, machen wir es zur Welt in uns, zu Erinnerung, die uns später definiert.

Vielleicht kennst du die Momente, wo du selig die ganze Welt umarmen möchtest, deinen Geist hinausschickst, mit allem eins zu sein - und wie allzubald und jäh das Gefühl an der Grenze von Vorstellungskraft und Aufnahmevermögen abebbt und versandet!

Wie sagte doch der Geist der Natur zu Goethe's Faust, als dieser behauptete, seinesgleichen zu sein? - "Du gleichst dem Geist, den du begreifst - nicht mir!".

Wie wahr!

Vielen Dank für Gedanken und freundlichen Zuspruch! :)

LG, eKy

Dana 06.05.2017 17:31

Lieber eKy,
ich denke mir, dass jeder diesen "Allumfassenden Moment" erlebt, immer wieder;) und doch vor dem Ganzen "kapitulieren" muss.
Du hast es in einem Sonett zusammengefasst und wieder ins Ganze entsandt.
Mit dem zweiten Terzett bin ich durch und durch einverstanden.:Blume::Blume::Blume:
Wir haben die Möglichkeit uns ein "eigenes Ganzes" zu schaffen und werden nicht daran gehindert unendliche Ausflüge zu machen.;)

Gefällt mir sehr, sehr gut und erfüllt total den Anspruch der Denkerklause.

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal 06.05.2017 17:57

Hi Dana!

Deine Gedanken bringen meine Intention erneut auf den wesentlichen Punkt!

Die Welt außerhalb von uns ist praktisch unendlich - aber das kann die Welt IN uns ebenfalls sein, oder zumindest so groß, wie wir sie eben gerade noch zu bauen und zu erfassen vermögen.

"Ein jeder kann so groß werden, wie seine Träume weit reichen." - Soll mal ein kluger Mann gesagt haben ... Moment, das war ich ja! ;):D

LG, eKy (überhaupt fast nicht eingebildet!)

fee_reloaded 07.05.2017 12:36

Ein philosophisches Gustostückerl, lieber Erich!

Ein Plädoyer für das "Beseelt-Sein".

Ich glaube, dass jene Momente, in denen wir uns selbstvergessen ganz im Hier und Jetzt verankert empfinden, tatsächlich solche sind, in denen wir "eins werden" mit der Welt - in dem uns möglichen Rahmen.

Wir sind nicht dazu erschaffen, allumfassend zu sehen und begreifen - und das hat seinen Sinn. Wir wollen so viel - am besten "alles" - verstehen und beherrschen. Wohl, um uns angesichts völliger "Kontrolle" sicher fühlen zu können, denn tief in uns drin ahnen wir alle, dass unser Planet nur ein Sandkörnchen im Weltenstaub darstellt - und wir selbst dementsprechen winzig und machtlos sind. Aber wir ahnen es eben nur - und das ist gut so. Bekämen wir einen Begriff davon, WIE unwichtig wir tatsächlich sind, würden wir das vermutlich nicht verkraften. Also sind unserem Verstand und unserer Wahrnehmung natürliche Grenzen gesetzt, die uns gewissermaßen behüten.

Wenn wir uns also in beseelten Momenten irgendwie "ganz" fühlen, dann, weil wir uns in ihnen von dieser Angst vor dem Unfassbaren freimachen konnten. Nichts davon ist mehr "wichtig" - wir denken nicht mehr; wir fühlen. Und spüren, dass wir jetzt gerade "reich" sind. Und genau da, wo wir sein sollen.

Sehr sehr gerne gelesen!

Lieber Gruß,
fee

Erich Kykal 07.05.2017 19:32

Hi Fee!

Diese pathologische Unzufriedenheit des Menschen bringt zwar viel voran, befriedigt Neugier, beflügelt Wissenschaft und Forschung - aber sie hat auch Nachteile!

Wir können nicht mehr zufrieden sein, und das Erreichen eines Ziels hinterlässt uns oft mit einem Gefühl der Leere anstatt Erfüllung. Ein sicheres Indiz für ein fremdgesteuertes Ziel! Was ich damit meine?

Wir sind von klein auf Opfer unseres Kulturanspruches und der Werbung in Massenmedien: Wie kannst du glücklich sein, wenn du noch nicht verhairatet bist und keine Kinder hast? Wie kannst du glücklich sein, wenn du noch nicht Karriere gemacht hast? Wie kannst du glücklich sein, wenn du noch nicht Porsche fährst, ein Reitpferd hast, eine Harley, ein eigenes Segelboot, Haus mit Garten, ... usw..

Wir bekommen solche Klischees als "Paradiesziel" vorgesetzt und schmackhaft gemacht - und bauen sie bewusst oder unbewusst in unsere Lebensplanung (so weit vorhanden) ein.

Okay, es könnte schlimmer sein: In manchen Ländern darf man nicht glücklich sein, wenn man nicht mindestens einmal wöchentlich unter dem gestrengen Zeigefinger Gottes zur Beichte geht oder sich - Allah bewahre - nur viermal täglich gen Mekka erniedrigt hat! :rolleyes: DAS haben wir zum Glück hinter uns - obwohl, wer weiß ... bei den derzeitigen Strömungen??


Mein Gedicht wollte eigentlich nur zeigen, wie unendlich viel gleichzeitig geschieht, und wie unmöglich es unseren begrenzten Sinnen und Geistern ist, diese Gesamtheit auch nur ansatzweise zu erfassen - oder gar zu steuern! Wie illusorisch unser hehrer Anspruch an "Kontrolle" - er muss immer Illusion bleiben!


Vielen Dank für deine Gedanken! :)

LG, eKy

Eisenvorhang 08.05.2017 00:45

Hallo eKy

Falls noch nicht bekannt:
http://https://m.youtube.com/watch?l...&v=2yz8J5UgVi8

Ab 04:50. Ist aber alles interessant.

Ja, die Zufriedenheit und die Konditionierung.
Materialismus erdrückt und Gesellschaft zergesellschaftet(:D) Gemeinschaft.
Wie kann man in dem Meer des Unsinns nur zufrieden sein?
Frage ich mich immer wieder, wenn ich unzufrieden bin. Was ich oft bin, aber keinen Grund dazu habe, mir aber einen gebe, weil ich vergleiche.
Mit sich selbst reine sein ist gut, sich nicht blind machen, nicht lenken lassen.
Ich kann mit den Konsequenzen gut leben.

Doch, ich lebe immer mehr minimaler und es tut mir gut.
Kanns nur jeden empfehlen. Weg mit allem, was man nicht braucht.


allergernst gelesen.

vlg

EV

Erich Kykal 19.07.2017 14:25

Hi EV!

Wenn du dazuschriebest, womit er verbindet, wenn du einen Link setzt, wäre das besser. Bei mir funzt er nämlich nicht (ob im Augenblick oder dauernd, vermag ich nicht zu sagen), und so kann ich auch nicht selbst danach suchen, weil ich nicht weiß, was der Link meinte.

LG, eKy


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