Gedichte-Eiland

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Galapapa 11.06.2012 10:09

Juni
 
Auf regensattem Boden brütet erste Sommerluft.
Verträumt im bunten Wiesenteppich taumeln Bienen,
berauscht vom Überfluss, an dem sie sich bedienen.
Die wilden Hecken baden im Holunderblütenduft.

Beinahe im Zenit steht mittags nun das Tageslicht,
die Bäume tragen satte, dunkelgrüne Dächer,
des kühlen Einkehrschattens schützende Gemächer
sind Ort, der Gästen friedliche Beschaulichkeit verspricht.

Die Nacht ist kurz und noch des frühen Jahres Kühle treu,
ein zarter Luftzug fällt vom nahen Berghang nieder.
Gespenstisch hallt vom Waldrand her das Schweigen wider.
Auf abgemähten Matten schwebt der süße Duft von Heu.

Erich Kykal 11.06.2012 11:20

Hi, Charly!

Sehr langzeilig schon, im Takt 7-6-6-7 Heber pro Zeile.
Für mich ist das ein wenig gewöhnungsbedürftig vom Rhythmus her, ich bevorzuge Regelmaß mit gleich langen Zeilen.
Deine Sprache hochlyrisch, berückende Bilder zaubernd. Einzig in S1Z3 stört mich das "an dem sie sich bedienen", das wirkt irgendwie unlyrisch auf mich, ohne dass ich genau festmachen könnte, was mich dran stört.
Und diese Frage zu S3Z3 treibt mich auch noch um: Kann Schweigen widerhallen??;)

Noch längere Zeilen würde ich auf gar keinen Fall empfehlen - das ist hier für meinen persönlichen Geschmack am Limit...was natürlich ein rein subjektiver Eindruck ist, um das klarzustellen.

Sehr gern gelesen, o schwelgender Poet der Jahreszeiten.

LG, eKy

Galapapa 11.06.2012 12:45

Hallo Erich,
danke für Deine lobenden Worte und auch für Deine gefühlsmäßige Bewertung!
Ich geb Dir Recht, auch für mich ist (schon immer) die Siebenhebigkeit die Grenze für die Verslänge, wenngleich ich dieses Maß keineswegs unschön finde.
Die Wechsel "7-6-6-7" habe ich gewählt, weil ich finde, dass die Verse mit weiblicher Endung mit 7 Hebungen einem sonst noch länger vorkämen und der Unterschied 7-betonte Endung zu 6-unbetonte Endung dadurch gleichmäßiger klingen als wenn alle Endungen in der Betonung gleich wären. Klingt saukompliziert aber ich denke Du weißt, was ich meine.
Mit dem Begriff "bedienen" magst Du Recht haben, allerdings finde ich nicht, dass er, trotz seines unpoetischen Klangs, sich unangenehm vom Rest abhebt, was etwa beim Ausdruck "verdienen" schon eher der Fall wäre. Sollten noch mehr Klagen kommen, dann muss ich wohl die ganze Strophe umschreiben. :(
Zu S3/Z3: Was hast Du heute für einen Tag; bloß Mathe und Physik gegeben(siehe auch larin :mrgreen: )?
Natürlich kann Schweigen nicht widerhallen! Darin steckt ja gerade die Verstärkung der Aussage: Das Schweigen ist so tief, dass man meint, es würde vom Waldrand widerhallen. (Als könnte man es hören)
Dass Dir zu solchen gezielten Überzeichnungen der Zugang fehlt, nehme ich Dir nicht ab... oder...gut, heute ausnahmsweise.:D
Im Ernst: Gerade das emfinde ich also stärkste Aussage in dieser Strophe.
Wie auch immer, ich danke Dir nochmal und grüße Dich herzlich ins schöne Österreich! :)
galapapa

Erich Kykal 11.06.2012 23:30

Hi, Charly!

@ Widerhallendes Schweigen

Hast du den Zwinkersmiley hinter meiner Frage nicht bemerkt? Natürlich ist mir klar, was du bezwecktest, was denkst du nur!:D

Grinsende Grüße!

eKy

Archimedes 15.06.2012 15:47

Hallo, lieber Galapapa, ich habe gerade keine Zeit. Deshalb nur ein Korrekturvorschlag:
Die Nacht ist der frühen Jahres-Kühle treu.
Lieben Gruß Archimedes ...der gespenstisch um das Schweigen kreist

Galapapa 15.06.2012 17:03

Hallo Archimedes,
danke für Deinen Vorschlag!
Allerdings: "Korrektur" hieße ja, dass da ein Fehler ist. Den sehe ich jedoch nicht denn es handelt sich nur um einen (zulässig) gedrehten Genitiv. "Die Kälte des frühen Jahres. Sonst hätte ich ja "Jahres" und "Kühle" in ein Wort setzten müssen: "Jahreskühle".
Oder sprachst Du das Gespenst an, das ab und an argwöhnisch über meinen Texten kreist: Eben gerade der gedrehte Genitiv.
Ich verwende ihn, weil er mir poetischer und schöner klingt und je mehr drüber gemeckert wird, umso lieber. Ich bin halt so ein Ferkel.:D
Schön. von Dir gehört zu haben!
Sei mir herzlich gegrüßt!
Galapapa

a.c.larin 17.06.2012 23:02

hallo galapapa,
dann will ich doch auch mal hier was gackern:
STR2,Z1
ich frage mich gerade, ob "tageslicht" im zenit stehen kann?
die sonne tut das - doch das licht selbst?
irgendwie kommts mir komisch vor.

Wie wärs mit: Beinahe im Zenit, verströmt die Sonne Tageslicht

oder: Beinahe im Zenit, beglückt der Sonne Tageslicht....
( da hättst du dann auch gleich wieder einen genitiv!)

STR 2, Z4
Müsste hier nicht ein Plural sein?

des kühlen Einkehrschattens schützende Gemächer
sind Orte, die Gästen friedliche Beschaulichkeit ....


schöne vorsommerstimmung!
macht lust auf noch mehr (oder noch meer? :p)

liebe grüße, larin

Galapapa 22.06.2012 08:57

Liebe larin,
danke für Dein Lob und Deine Anregungen!
Ich würde mal so zurückgackern;):
Mal nicht mit dem Photoralismusblick betrachtet (irgendwo habe ich diese Wortschöfpung neulich gesehen:D), könnte man das Tageslicht auch als "Licht unserer Tage", sprich "Sonne" verstehen. Und dann passt das ja wieder mit dem Zenit.
Wenn man bedenkt, dass letzlich alles Licht, auch das künstliche, mit Sonnenenergie erzeugte, von der Sonne stammt, dann kann man vielleicht auch sagen: Die Sonne ist das Licht... in etwa, sozusagen, poetisch oder so...
Aber gib's mir ruhig, wenn das Quatsch ist.
Dann die Sache mit dem Plural: Wenn man die Gemächer als Gesamtheit sieht und nicht genau festlegt, welches genau man nun meint, kann man dann nicht auch sagen: Diese Gemächer sind ein Ort, der...?
Ich möchte das nun mal Deinem fachkundigen Urteil überlassen, wobei ich anmerken möchte, dass der Singular mir hier beträchtliche metrische und reimtechnische Probleme bereiten würde.:eek:
Verzeih, wenn meine Antwort etwas gedauert hat; ich hab grad eine Menge um die Ohren.
Nochmal danke und liebe Grüße an Dich ins schöne Österreich!:)
Galapapa

Dana 25.06.2012 21:46

Lieber Galapapa,
wenn man "7-6-6-7-Verse" liest, dann muss man vom "Gedichttanz" loslassen und sich auf eine ganz neue Melodie einlassen.
Das habe ich getan, als ich die ersten zwei Verse las. Ich habe erneut angefangen und die Bilder tempogemäßigt auf mich wirken lassen.
Der Genuss wird intensiver - die Zeit rinnt nicht mehr einfach dahin - es wird bleibender. (Genau das, was wir anstreben ;))
Wenn ich wieder mit Dichtung beginne, dann mache ich es auch mit Verlängerung, um mehr davon zu haben. :D (Zur Zeit bin ich nur noch "dichtungshohl".)

Ein schöner trunkener Juni, wie man ihn haben möchte, trotz der Vergänglichkeit durch Heu. (Unser hier war etwas verfälscht.)

Ich wünschte, ich könnte den Juli so verlängern.:)

Liebe Grüße
Dana

Galapapa 27.06.2012 15:40

Liebe Dana,
danke für Dein schönes Lob!
Ja, man muss sich in solche Rythman einlesen, das hat aber dann auch Vorteile, wie Du selber erkannt hast.
Die eine Hebung, die in den zweiten und dritten Versen fehlt, wird allerdings meiner Meinung nach dadurch abgemildert, dass eine weilbiche Endung vorliegt, im Gegensatz zur männlichen im ersten und vierten. Man bekommt annähernd den Eindruck gleich langer Verse, obwohl sich diese um eine Silbe unterscheiden.
Ich habe diese Form schon des Öfteren angewandt weil der erzeugte Rhythmus einen gewissen Reiz hat.
Nun, wenn der Juli hier so wird, wie der Siebenschläfertag heute, dann darf er mir auch gerne beliebig lang sein.
Nicht verzagen, die Muse kehrt wieder; bei mir ist sie auch nicht im Moment.
Um diese Zeiten zu überbrücken bastle ich gerne an alten Texten herum; das kitzelt nicht selten die Kreativität wieder hervor.:)
Liebe Grüße!
Galapapa


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