Gedichte-Eiland

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Dana 26.03.2011 20:59

Sag's mir ...
 
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Du warst gedrückt von einer Schwere,
die selber sich das Wort verbat.
Nur Floskeln tröpfelten ins Leere
und bildeten ein Kondensat,

das eine fremde Kühle streifte.
Sie tränten still am Fensterglas,
bis das Vertrauen wieder reifte:
Für Liebe gilt ein andres Maß.

Ein Schwamm hat alles aufgesogen
und just traf dich ein Sonnenstrahl.
Die Schwere ist ins Land geflogen,
sie hatte keine andre Wahl.
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Stimme der Zeit 11.04.2011 20:46

:)Hallo, Dana,

ich habe dein Gedicht mehrere Male gelesen, bis es sich "setzte" und ich wusste, was ich schreiben soll.

Meiner Meinung nach schilderst du einen "Tiefpunkt" innerhalb einer Paarbeziehung, der schließlich doch "das Weite suchen" muss.

Zitat:

Du warst gedrückt von einer Schwere,
die selber sich das Wort verbat.
Mhm, das kenne ich auch. Wenn man denkt, was man auch sagt, es nützt sowieso nichts, dann scheint Schweigen besser. Was es nicht ist, aber das kommt später.

Zitat:

Nur Floskeln tröpfelten ins Leere
und bildeten ein Kondensat,

das eine fremde Kühle streifte. (Inhaltlich gehört dieser Vers dazu)
Das Paar spricht nur über belanglose Dinge, Unterhaltungen "tröpfeln" nur vor sich hin.
"Wie war's heute so?" - "Danke. Soweit okay." Fernseher an. Dann kann ich mir vorstellen, wie beide nebeneinander sitzten und auf den Bildschirm starren. "Ich geh mir ein Bier holen." "Ja." Oder so ähnlich. Neben- aber nicht miteinander.

Zitat:

Sie tränten still am Fensterglas,
bis das Vertrauen wieder reifte:
Für Liebe gilt ein andres Maß.
Das "Kondenswasser" bildet Tropfen, das sind wohl ungeweinte Tränen, die an dem "Fensterglas" (das wohl das Fenster zur Gemeinsamkeit symbolisiert, durch das man "hineinschauen" kann) herunterlaufen.

Hier tue ich mich mit dem "Sprung" von der Fremdheit zur Vertrautheit etwas schwer. Weshalb kam das Vertrauen wieder? "Ein anderes Maß" allein erklärt mir das nicht wirklich. Obwohl mir klar ist, dass man natürlich Liebe nicht mit einem normalen Maß bzw. überhaupt nicht "ermessen" kann. Irgendwie "fehlt" mir hier etwas ... :confused:

Zitat:

Ein Schwamm hat alles aufgesogen
und just traf dich ein Sonnenstrahl.
Sich doch aussprechen? Um dann festzustellen, dass man sich vielleicht geirrt hat, und alles nur ein gegenseitiges Falsch-Verstehen war? Oder die Liebe ist der Schwamm, die die Tränen aufsaugt (Vergebung?) - oder beides? Nach der "trüben" Zeit trifft unerwartet ein Sonnenstrahl (Freude) das LyrDu. Schön formuliert, wirklich!

Zitat:

Die Schwere ist ins Land geflogen,
sie hatte keine andre Wahl.
Zum Fenster hinaus ... selbst geflogen, oder von den Beiden "hinaus geworfen"? Wenn beide Partner sich wieder nahe gekommen sind, bleibt für die Schwere kein Raum mehr.

Liebe Dana, wenn es doch immer so wäre, seufz ...

Sehr gerne gelesen! :)

Lieben Gruß

Stimme der Zeit

P.S.: Ah, nö. Über Metrik erzähle ich dir nichts. Dafür gibt's ja hier jemand wesentlich Besseren. ;) Außerdem finde ich sie einwandfrei.

Dana 11.04.2011 22:30

Liebe Stimme der Zeit,

Zitat:

Zitat von Stimme der Zeit
Liebe Dana, wenn es doch immer so wäre, seufz ...

;) - es ist ganz, ganz selten so.

Ich musste das an den Anfang führen, um allen Missverständnissen aus dem Wege zu gehen, denn auch ich wäre froh, wenn es immer so wäre.

Was viel spannender für mich ist - deine Interpretation, die durch und durch stimmig ist - aber nicht des Autors Intention.

Als Dichter freut man sich meist, wenn die Intention total "geechot" herüber kommt, aber ebenso groß ist Freude über die Erkenntnis, dass sie unbeabsichtigt mehrere Versionen beinhaltet und den Leser anspricht, ohne dass der Autor eben das gemeint hat.

Das Wort Liebe verführt fast immer an Paare und Ehen zu denken (mich auch).
Es gibt aber noch die andere große Liebe. Die bedingungslose, die nichts fordert. Sie hat nur ein Anliegen: "Dir soll es gut gehen. Wenn du glücklich bist, bin ich es doppelt."

Meine Intention ist die Liebe zum Kind, dass sich schwer tut mit Vertrauen und Aussprache. Es ist zu jung und unerfahren um ausgerechnet mit Mutter oder Vater über alles zu reden.
Mutter und Vater können nur ahnen, dürfen aber nicht vorab ahnend aussprechen.
Zuhören ist angesagt. Zuhören ohne wenn und aber, vor allem ohne jedes: "Du musst, du sollst ...". Zeit und Geduld sind der Zugang zum Vertrauen.
Vertrauen soll hierbei nicht als Problemlösung verstanden werden. Diese werden immer und immer wieder auftreten. Durch Aussprechbarkeit können sie aber die Schwere ablegen.

Ich hoffe, ich konnte mein Anliegen halbwegs erklären und bedanke mich herzlich für dein intensives Einbringen.

(apropos Metrik: ich genieße schon den Vorteil, neben einem Kenner zu sein, der überfliegt und mich darauf hinweist. Eine Anforderung, der ich mich gern um der Kunst Willen beuge. ;))

Liebe Grüße
Dana

Chavali 03.05.2011 19:27

Liebe Dana,

ich möchte gar keine Interpretation wagen, sondern die Worte wirken lassen.
Sie sind von einer solchen Melancholie, dass man nach dem Lesen meint, man würde selbst betroffen sein.
Auch das Fünkchen Hoffnung fehlt nicht, das solcherart Gedichte meist enthält.
Zitat:

Nur Floskeln tröpfelten ins Leere
und bildeten ein Kondensat,

das eine fremde Kühle streifte.
Sie tränten still am Fensterglas,
Diese Stelle gefällt mir besonders - erstens wegen der strophenübergreifenden Reime und zweitens der poetischen Worte wegen.

Deine Zeilen haben mich berührt - deswegen meine Rückmeldung.

Lieben Gruß,
Chavali

Dana 06.05.2011 22:47

Liebe Chavali,

vielleicht kennen wir uns doch "ein wenig mehr";).

Als ich dieses Gedicht schrieb, spielte die Melancholie eine große Rolle. (Wir Schreiber sind nun mal Stimmungen unterworfen.)

Du hast mir ohne Interpretation viel gesagt.

Es hat auch mit unserer Lebensrolle zu tun, die nicht gespielt, sondern gelebt wird.
Die ersten Jahre hat man ein kleines Kind, das sich gänzlich unserer Liebe und Fürsorge ergibt.
Der Übergang, wo es selbständig und erwachsen wird, ist für dieses Menschenkind ein Eintreten in eine neue Welt.
Für uns "Hüter und Behüter" heißt es loslassen - und das fordert Verstehen, Einsehen und Schmerz.
Erst beim ehrlichen Überwinden löst sich die Schwere langsam auf.:confused: Wenn da nicht immer wieder das "Muttertier" mit uns durchgehen würde. :cool:

Danke und liebe Grüße
Dana

ginTon 07.05.2011 12:19

Liebe Dana,

mir hat das Stück gleich, vom ersten Augenblick an als ich es las sehr zugesagt,

einerseits ist es die Form, welche immer sehr schön dazu passt einen Rhythmus
fließender zu gestalten, der vierhebige Jambus,, andererseits gefällt es mir inhalt-
lich auch super...schon die erste Strophe an ein Ldu gewendet reißt den
Leser dazu förmlich mit,,

Du warst gedrückt von einer Schwere,

aber nicht eher so, dass man als Leser in die Tiefe mit hinab gerissen wird sondern
eher so, dass von anfang an eine Änderung schon vorweggenommen wird,
sozusagen ein Drama gelöst, "du warst"

gut, dass einzige worüber ich Rätsel ist natürlich die Tatsache warum es
unter Hoffnung steht, natürlich gefällt es mir dort auch, aber rein inhaltlich
tendiert es doch sehr zu einem "es ist" da eine Wandlung an sich schon
vollzogen wurde..

ein super Werk hast du da geschrieben :)..liebe Grüße gin

Kurier 15.05.2011 09:51

Hallo Dana,
Ein schwermütiges Gedicht, die Schwere ist Anlass zum Text. Form und Inhalt gefallen. Einzig den Schluss kann ich nicht logisch nachvollziehen: Kann denn die Schwere ein Wahl haben? – Ergibt sich die Schwere nicht aus Gefühlen?
Herzliche Grüße
Kurier

Dana 16.05.2011 21:46

Lieber ginTon,

weißt du, was mich an deinem Kommi besonders anspricht?

Als Autorin wandte ich mich an ein lyr.Du, und zwar "um meintwillen", weil es um Schwere der Gefühle geht.

Du antwortest:

Zitat:

Zitat von ginTon
...
andererseits gefällt es mir inhalt-
lich auch super...schon die erste Strophe an ein Ldu gewendet reißt den
Leser dazu förmlich mit,,

Du warst gedrückt von einer Schwere,

...

Für mich bedeutet das, es ist beim Leser angekommen, auch dann, wenn der/die Leser nicht gemeint sein können.
Gedichte werden nicht geschrieben (meistens nicht ;)) um bestimmte Personen anzusprechen. Wir reflektieren nur und "erlösen" oder "bejauchzen" unsere Gefühlswelt oder unsere Beobachtungen. (z.B. du und deine Fotographien)

Wenn ein solches Gedicht anspricht und obendrein gefällt, dann gibt es dem Schreiber ein gutes Gefühl. Nicht einzig für die "Kunst", sondern auch für die Kommunikation und das Verstehen.
Die vollzogene "Wandlung" ist gegeben - zumindest für diese eine Schwere. Damit will ich nur sagen, dass weitere nicht auszuschließen sind.
Das Leben ist so - und vielleicht ist es gerade darum auch gut so. Wer die Schwere kennt, weiß die Leichtigkeit zu schätzen. Umgekehrt ist es schon schwerer.;)

Liebe Grüße
Dana

Hallo Kurier,

ich mag es, wenn jemand sagt:

Zitat:

Zitat von Kurier
Ein schwermütiges Gedicht, die Schwere ist Anlass zum Text. Form und Inhalt gefallen.

Nicht, ob der Form und des Inhalts wegen. Ich selbst bin ein "Schwermutschwelger", ein Liebhaber von Traurigkeiten. Allein darum ist es ein Kompliment.;)

Deine Frage, ob Schwermut eine Wahl haben könne, ist ein feines Diskussionsthema.

Die Schwermut als solche vielleicht nicht. Darin gebe ich dir recht.

In meinem Gedicht steht die "Schwere" fühlbar zwischen zwei Menschen. Beide fühlen sich davon "erdrückt" - sie sucht ein Ventil.
Das lyr.Du macht sie sichtbar/fühlbar. Das "Gegenüber" spürt es auch. Eine Art Sprachlosigkeit (mangelndes Vertrauen oder schlichte Ungeübteit, Dinge zu benennen) machen beide "hilflos".
Der Schwamm (Metapher für einen einfühlsamen Zuhörer) saugt bis zum letzten Tropfen alles (Schwere) auf und drückt ihn in neuer "Sprachgewandtheit" wieder aus. Licht dringt durch und die Schwere löst sich auf, kann sich nicht mehr halten - sie hat keine Wahl, sie löst sich auf.
Gefühle wurden aussprechbar.

Hab ich damit deine Frage beantworten können?

Ich würde mich über eine weitere Antwort sehr freuen.

Liebe Grüße
Dana

Kurier 17.05.2011 09:19

Hallo Dana,
Dein Gedicht hat mit gefallen.
HG Kurier


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