Gedichte-Eiland

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Dana 03.02.2011 21:56

Dein Wille
 
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In dem Moment, wo du in tausend Ausweglosigkeiten
dir eine Brücke baust und dich entschließt sie zu begehen,
da türmen in der Mitte sich verkannte Kleinigkeiten
zu einem Riesen auf, der dich bedroht. Ihm zu entfliehen

verbleibt durch Umkehr nur dorthin, wo alles angefangen
und gegen dich gemauert hat, genagt am Selbstvertrauen.
Du überbrücktest Ängste blind, bist nicht hindurchgegangen,
und diese legen sich beharrlich in den Weg und stauen,

weil sie um ihretwegen angesehen werden wollen.
So wird es immer bleiben und du alleine musst entscheiden,
ob du im Dialog mit ihnen, ohne Flucht und Grollen,
sie anerkennst und weitergehst, bereit sie zu erleiden.

Wenn pures Glück dich stets erfasst, du wirst es nicht ertragen,
weil die Gewöhnung Wege ebnen wird bis zum Erschlaffen.
Und wieder wirst du Brücken bauen, um zu hinterfragen:
Mein ganzes Sein ist bunt und tragisch. Werde ich es schaffen?
.
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Andere Dimension 11.02.2011 17:08

Hallo Dana

das ist ein wundervolles Gedicht! Ich mag Gedichte die nicht nur schön geschrieben sind, sondern auch in sich schlüssig und stimmig scheinen.
Dies ist so ein Gedicht und ich bin froh es gelesen zu haben.

Meine Hochachtung für dieses wundervolle Werk!

Viele Grüße
A.D.

Dana 19.02.2011 20:08

Hallo Andere Dimension,

mit deinem Lob hast du alle Nachdenklichkeit und selbst den "Riesen" fröhlich gestimmt - danke dafür. :)

"Es gibt nichts Böses, was auch nicht ein Gutes in sich trägt.";)

Vielleicht besonders darum, weil ich daran viel länger als sonst "gewerkelt" habe. Die ersten Verse entstanden durch Eingebung, die weiteren wurden Arbeit. (Es ging über Wochen. Angeschaut, überlegt, abgelegt, vergessen - usw.)

Liebe Grüße
Dana

a.c.larin 20.02.2011 09:33

hallo dana,

ja, das merkt man: dass hier viel mühe und kunstfertigkeit angewandt wurde.

wie sagte doch der große goethe: "den ersten gedanken schenkt gott - der rest ist harte arbeit..."

wie im richtigen leben so auch in deinem gedicht lohnt es sich aber, den spuren der eingebung nachzugehen, und das mit der zur gebote stehenden gründlichkeit.

was mir besonders daran gefällt, ist die darin verwobenene erkenntnis, dass man seine ängste erst mal anerkennen muss, wenn man durch sie hindurch wachsen will.....
den ablauf hast du weise und feinsinnig zu einem harmonischen ganzen gefügt.

zu deiner frage am schluss fällt mir noch ein:
es liegt nicht an uns, es zu "schaffen"!
vollendung ist letztlich gnade, wessen auch immer.

liebe grüße,
larin

Justin 24.02.2011 17:47

Liebe Dana,

mit diesem Gedicht im breiten Zeilenmaß ist Dir ein sehr tiefgründiges Gedicht gelungen. Daran hast Du einige Wochen gebastelt, doch es hat sich gelohnt. Deshalb bekommst Du auch meine Anerkennung.

Im Gedicht ist von Ängsten die Rede, und ich lese heraus, daß diese oft nicht ernst genug genommen werden. In Extremsituationen lassen sich aber solche Ängste nicht wegleugnen und sind ganz einfach da. Ich weiß, wovon ich rede, weil ich genug durchlebt habe. Manchmal schlummert die Angst, doch sie regt sich wieder, wenn einen die Vorstellung übermannt, bei Bewußtsein und intaktem Kreislauf sein ganzes Leben in einem dunklen Loch zubringen zu müsssen. Solche Schicksale sind mir begegnet. Damit meine ich keine Komapatienten oder Demenzkranken, sondern andere. Es sind Dinge, die von den meisten niemals oder fast gar nicht wahrgenommen werden. In für Betroffene bedrohlichen Fällen werden Ängste aller Art registriert.

Wir müssen vorsichtig sein, weil es vom "Anerkennen" nicht weit ist zum "Bekennen". Und hier kommt dann der böse Schmus der Psychologen zum Einsatz, der schon viel Schaden angerichtet hat. Man müsse sich nur zu etwas bekennen, heißt es da, und schön würden sich alle Probleme lösen lassen. Genau so ist es eben nicht, weil man sich manchmal gar nicht traut, etwas zu bekennen und weiß, daß sich dadurch die Hemmschwelle vergrößert und die Verkrampftheit noch zunimmt. Das tut einem nicht besonders gut. Im Umkehrschluß sieht es dann aber genau nicht besser aus, denn dieses Verschweigen kann schnell zur reinen Arbeitsvermarktung werden. Egal von welcher Seite besehen bleibt es so und so schwer genug.

Es ist trotzdem viel besser, von Ängsten zu sprechen als sich an "Schlaumachbüchern" zu orientieren, die den Buchmarkt überschwemmen und einfach nur vom "positiven Denken" reden. Wenn es so einfach wäre...

"Wir lernen uns durch Gedichte kennen" hast Du mal gesagt. Nicht erst heute weiß ich, daß Du auf Seiten der Benachteiligten stehst und nicht viel übrig hast für die Glitzerwelt, die uns umgibt. Sogar ein Gedicht gibt es dazu. Weil mir solche Menschen sympathisch sind, beziehe ich Dich mit ein.

Liebe Grüße

Justin

Chavali 25.02.2011 16:31

Liebe Dana,

die Antworten vor mir habe ich aufmerksam gelesen und gestaunt:
Einige Wochen hast du an dem Gedicht gebastelt? Oh, ich glaube, diese Geduld hätte ich nicht...

Aber deswegen ist es wahrscheinlich auch sprachlich so ausgewogen und ausgefeilt geworden.
Man muss es mehrere Male lesen, um die ganze Tragweite des Inhaltes zu erkennen.

Zweifel ziehen sich doch durch das ganze Leben, bei dem einen sind sie stärker,
bei dem anderen schwächer ausgebildet.
Und einen Menschen ohne Ängste - den gibt es nicht.
Manche geben sie nicht zu - nicht mal vor sich selber.

Deine Zeilen machen sehr nachdenklich.
Ein schönes, ein schweres Gedicht.


Sehr gern gelesen und darüber sinniert - aber nicht alles Gedachte geschrieben.


Lieben Gruß,
Chavali


Dana 04.03.2011 19:32

Liebe Larin,

ich freue mich sehr darüber, dass meine "Arbeit" belohnt, bzw. feinst belobigt wird.:)

Mit Wegschauen und Flucht überwindet man Ängste nicht. Es sind zugleich Schmerzen, die beschrieben und behandelt werden müssen. Es mag auf Zeit gelingen, sie zu ignorieren. Sie holen dich aber ein, immer wieder und mit immer stärkerer Wucht.

Zitat:

Zitat von larin
zu deiner frage am schluss fällt mir noch ein:
es liegt nicht an uns, es zu "schaffen"!
vollendung ist letztlich gnade, wessen auch immer.

Vollendung ist Gnade, dem stimme ich zu. Der Weg zur Vollendung bleibt aber unser, oder? ;)

Lieber Justin,

du hast tiefer geschaut und sehr, sehr meinem Sinnen und Nachsinnen entsprochen.
Mein Gedicht erfasst die ganze Tiefe nicht - deine Folgerungen sind aber gut und mehr als diskussionswürdig.

Es gab Zeiten, wo ich auf die von dir angesprochenen Lektüren "abgefahren" bin. Es hat Momente gegeben, da halfen sie tatsächlich. Die "Hilfe" entsprang aber mehr meinem "Wollen / Willen" und galten nur kurze Zeit.

Für die oberflächliche Glitzerwelt habe ich tatsächlich nicht viel über.
Nicht dass ich sie "verdamme" oder gar jene um den Glitzer beneide.
Wenn sie darin ihre Erfüllung finden, gönne ich sie ihnen.
Zu oft ist sie mit oberflächlicher Dummheit gepaart - das mag ich überhaupt nicht.

Danke für einen guten und sympathischen Gedankenaustausch.

Liebe Chavali,

Zitat:

Zitat von Chavali
Sehr gern gelesen und darüber sinniert - aber nicht alles Gedachte geschrieben.

Ich weiß ;).

Menschen gehen sehr unterschiedlich mit Ängsten um. Ich denke, dass jene, die Ängste unterdrücken oder gar glauben, dass es sie nicht gibt, wenn sie unausgesprochen bleiben, am stärksten leiden.
Es bedeutet nicht, dass man mit ihnen auf dem Markt oder in den Medien hausieren muss. Ein guter Partner, eine gute Partnerin sind viel, viel mehr.

Von Natur aus reagieren wir bei einem Schrecken mit einem Schrei - also mit Ton und im weiteren Sinne ist es eine Sprache, die richtig verstanden wird.

Ich danke euch allen für eine ausgeglichene Diskussion.

Liebe Grüße
Dana


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