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Sufnus 22.02.2018 17:49

Nachtstück
 
Nachtstück

Mit freundlicher Routine legt
die Nacht ihre gestirnte Decke
behutsam auf die blinden Flecke.
Die Augen sauber ausgefegt,

damit nichts Grelles uns erschrecke,
schon traumumwandelnd, halb bewegt
und Sichelmond- und Stern-Umhegt,
gehn wir die innerliche Strecke

und finden Frieden… finden Frieden?
Wer stört, wer schreit da?, schreit Blut?
Besudelt. Achruf. Blinde Wut.

Die Dunkelheit ist das alte Verderben.
Seid auf der Hut!
Der Morgen zählt die Scherben.

Chavali 26.02.2018 13:17

Hi Sufnus,

hier habe ich einen unkommentieren Text von dir gefunden :)

Einen Zugang dazu kann ich aber leider nicht finden, er wirkt surreal.
Allenfalls dass er aussagt, wie gut und wichtig der Schlaf für den Menschen ist,
um sich zu regenerieren.
Wenn man dann allerdings gestört wird - wodurch auch immer - ist das natürlich übelst...:rolleyes:

Zumindest hast du jetzt die Gelegenheit, etwas näher zu erläutern - wenn du willst
und es für angezeigt erachtest :D

LG Chavali



Sufnus 26.02.2018 15:25

Hi Chavali!

Dankeschön für die archäologische Expedition ins mittlere Sufnuzoikum. :)

Das Gedicht entwirft zwei Bilder der Nacht: Es fängt mit einer heilen Nacht an, die "in freundlicher Routine" ihre Sternendecke behutsam über den Schlafenden ausbreitet; ein Idyll, das mit dem (hoffentlich eine gewisse Verstörung erzeugenden) Bild von den ausgefegten Augen (Sandmännchen!) schon deutliche Risse erleidet. In den Terzetten dominiert dann die Nacht als die unheimliche Zeit, "die Dunkelheit ist das alte Verderben". Der letzte Satz ist mehrdeutig... ein Versprechen, dass es auch wieder morgen werden wird, aber der Verweis auf das, was (vielleicht irreparabel) über Nacht zu Bruch gegangen sein könnte.

Formal bemühen sich die Quartette um einen zwar natürlichen (fast Prosa-artigen) Ton, aber in einem (wenn man gutwillig ist) relativ regelmäßigen Metrum und einem Sonett-gängigen Reimschema. Die Terzette lösen dann jedes Metrum auf und verstoßen gegen die etablierten Reimschemata im Sonett: Eine Welt in Auflösung.

Der Ausruf "wer schreit da?" ist übrigens eine Anspielung auf das Gedicht von Alexander X. Gwerder "Ich geh unter lauter Schatten", in dem die Schlüsselzeile vorkommt "wenn ich nur wüsste, wer immer so schreit". Es ist das lyrische Ich selbst, dass seinen eigenen Schrei hört.


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