Gedichte-Eiland

Gedichte-Eiland (http://www.gedichte-eiland.de/index.php)
-   Finstere Nacht (http://www.gedichte-eiland.de/forumdisplay.php?f=18)
-   -   Ausgeliefert (http://www.gedichte-eiland.de/showthread.php?t=4184)

Klatschmohn 08.11.2009 17:03

Ausgeliefert
 
Ausgeliefert

Nachtschwarze Verzweiflung
verdichtet Angsttraumsequenzen
in Kurzschlafphasen, während
Todesfurcht um geliebtes Leben
und um Dekaden der Vertrautheit,
ungeweinte Tränen unter
zuversichtlichem Lächeln vermauert.

Hinter beruhigenden Worten
und zärtlichem Händedruck,
versprechen Gefühlsbarrikaden
trügerischen Schutz, indem sie
nebelgrauwabernde
Empfindungen verwischen,
die sich symptomhaft manifestieren.

Vorweggenommener Schrecken
lagert drohend, starr und dunkel
vor dem Unaussprechlichen.
Unfassbar, nicht vorstellbar,
erscheint die Zukunft
durch existenzielle Bedrohung
des bisherigen Seins und Denkens.

a.c.larin 08.11.2009 17:35

liebe klatschmohn,

diese augenblicke banger erwartung hast du in düsteren farben sehr fesselnd und bedrückend ausgestaltet. man wagt kaum zu atmen und harrt der kommenden ereignisse wie die maus vor dem sprung der katze. unausgepsorchen liegt auch eine verzweifelte hoffnung in der luft....
beunruhigend!

für das "symptom" schenke ich dir noch ein p!

liebe grüße,
larin

norbert 08.11.2009 21:20

liebe heidi,
das ist wirkliche "dicht"ung, vllt bietet sich dieses auch deshalb an,weil die von dir beschriebenen gefühle so drängend sind, dass man vor ihnen einfach nicht fliehen kann, somit wird es hohe kunst, weil die position, die du einnehmen musst, nicht in frage zu stellen ist - einzig halt gibt einem die geborgenheit den wenigen andern gegenüber, die man "auch noch" liebt.
tief beeindruckt!
liebe grüße
norbert

Medusa 09.11.2009 01:04

Liebe Klatschmohn,

ein harter Brocken, den Du hier präsentierst. Erst beim zweiten Lesen habe ich begriffen, was gemeint ist. Ganz sicher werde ich Dein Werk noch öfter lesen.

Sehr, sehr anspruchsvoll, beeindruckend und ganz hervorragend formuliert.

Ich trau mich kaum angesichts des Inhalts auf den Tippfehler hinzuweisen:
vor dem Unaussprechlichem. vor dem Unaussprechelichen.

Herzliche Gutenachtgrüße,
Medusa.

Archimedes 10.11.2009 17:15

Liebe Klatschmohn, du musstest mal die Seelenpein niederschreiben, weil sie wahrscheinlich nicht zu ertragen ist. Zumal die Hoffnung nur recht schwer gedeit. Angesichts dessen ist es wohl nicht möglich helfenden Trost zu sprechen. Wohl aber hilft oft ehrliches Mitempfinden. Ich habe deshalb eine Antwort versucht, die sich in deine Worte und deine Empfindungen hineinversetzt hat. Ich hoffe, es hilft dir.

Gruß Archimedes

Verzweiflung und Angst sich schleichend paaren
in Furcht, den Partner dennoch zu verlieren,
um schließlich unaussprechlich zu erfahren,
vergeblich Zuversicht nicht zu verspüren.

Mit Händedruck die Barrikaden stürmen,
die trügerisch zum eignen Schutz gebaut,
Empfindungen, die sich symptomhaft türmen
vorm Liebenden, dem man so blind vertraut.

Vorweggenommner Schrecken drohend lagert
vorm Unaussprechlichen gebannt wie starr.
Unfassbar, unvorstellbar Hoffnung wabert
der Zukunft Aussicht schwindend als ein Paar.

Durch ungeweinte Tränenschleier trauern,
im Lächeln heucheln stetig Zuversicht,
vergeblich Perspektiven aufrecht mauern,
ertragen Daseins Sinn als Liebespflicht.

Klatschmohn 10.11.2009 20:38

Liebe Larin,
ja, ganz schön schwarzgefärbte Dichtung, ich weiß. Normalerweise ist das nicht mein Stil. Aber manchmal muss man einfach so schreiben. Ja und die Hoffnung soll trotzdem blühen.
Und danke für die Korrektur.
Lieben Dank und liebe Grüße
KLatschmohn


Lieber Norbert,
Ja, ich habe versucht zu "verdichten", zu komprimieren. Zuweilen fühlt man sich auch selbst komprimiert und manchmal passen sich Gedichte eigenen Stimmungen und Situationen an.
Ich danke Dir für Dein Kompliment,
Lieben Grüße,
Klatschmohn


Liebe Medusa,
erst einmal danke für Dein "n" und Deine lobenden Worte zu dem Gedichtaufbau. Ja, ein Brocken ist es schon und manchmal muss etwas so geschrieben werden.
Liebe Grüße,
Klatschmohn


Liebe Archi,
einen ganz lieben Dank zu Deinen schönen Versen.
Das hast Du wunderbar formuliert.

"Mit Händedruck die Barrikaden stürmen,
die trügerisch zum eignen Schutz gebaut"

Ja, lieber Archi, aber alles zu seiner Zeit, zuweilen kann man auf Barrikaden nicht verzichten.

Liebe Grüße,
Klatschmohn

Dana 10.11.2009 21:14

Liebe Klatschmohn,

schon der Titel greift die Verzweiflung und Hilflsigkeit auf - der Text zeigt einen "doppelten Kraftakt" des lyr. Ich.
Das lyr. Ich klagt nicht an. Man erspürt, dass es sich zwischen Wissen, Bangen und Verhalten aufzehrt.
So muss es sich anfühlen, wenn die Hoffnung an Boden verliert aber präsent sein will, muss. Das sind Schmerzen, die bleiben, trotz guter Taten, trotz versuchter Ablenkung und trotz tröstender Worte.
Du hast das "Ausgeliefert sein" wahrlich gekonnt umgesetzt - mit Herz und Seele geschrieben.
Wenn ein Text so tief berührt, dann darf man als Leserin ein Licht unter den Kommentar setzen.

Liebe Grüße
Dana

ruhelos 13.11.2009 13:35

hallo klatschmohn,

du scheinst neue Wege eingeschlagen zu haben. Das Gedicht unterscheidet sich m. E. sehr von deinen anderen Gedichten, findet aber durchaus mein Gefallen. Ein Gedicht mit Tiefgang, das man mehrmals lesen muss. Du beschreibst treffend, wie der Mensch mit der Furch vor dem Unaussprechlichen umgeht. Verzweifelt, voller Furcht erstarrt, oft schlaflos, versteckt er dennoch seine wahren Gefühle hinter einfachen Gesten. Er schützt sich selbst in dem er sich ablenkt, die Sachlage verdrängt oder herunterspielt, weil der Schmerz unerträglich wäre. Verzweifelt sucht er einen Ausweg, einen Strohhalm an den er sich klammern kann. Es ist dir gelungen all diese Gefühle zu verdichten und dies sogar im Kreuzreim. Nachdenklich und zustimmend gelesen.

Viele Grüße
ruhelo

Klatschmohn 15.11.2009 09:12

Liebe Dana,
leider bin ich zu selten im Forum, sodass ich jetzt erst antworten kann.
Ja, leider ist das Leben nicht nur Zuckerschlecken und jeder Mensch muss durch bestimmte Situationen hindurch die ihm ganz sicher nicht schmecken. Da muss man einfach schauen, dass man nicht untergeht und so kommt man ans Schwimmen. Trotzdem - es ist das ganz normale Leben, das in dieser oder jener Form wohl keinem erspart bleibt.
Danke für die lieben Zeilen. Liebe Grüße,
Klatschmohn



Liebe Ruhelos,
ja, ich bin wirklich auf der Suche nach einer neuen Form des Schreibens und so kommmt es, dass ich nicht mehr so viel einstelle, sondern auf Besonderes warte, dass mir hoffentlich hier und da wieder glücken wird.
Ich hoffe, dass es mir auch bei glücklicheren Situationen und Gedichten gelingen wird.
Liebe Grüße,
Klatschmohn


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 08:21 Uhr.

Powered by vBulletin® (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.

http://www.gedichte-eiland.de

Dana und Falderwald

Impressum: Ralf Dewald, Möllner Str. 14, 23909 Ratzeburg