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Medusa 19.12.2009 17:44

Verloren ? (Terzanelle)
 
Verloren ?

Es scheint beinah zu spät, sich zu besinnen.
Uns fehlen Liebe, Hoffnung, jeder Glaube,
die wahren Werte drohen zu zerrinnen.

Wo fliegt sie hin, die weiße Friedenstaube?
Ein übler Wind fegt eisig um die Ecken.
Uns fehlen Liebe, Hoffnung, jeder Glaube.

Wir dürfen nur die offnen Wunden lecken.
Gehorchst du dir, dann bist du nicht willkommen.
Ein übler Wind fegt eisig um die Ecken.

Die Liebe hat den letzten Platz bekommen.
Was zählt, sind Ellenbogen, kaltes Lenken.
Gehorchst du dir, dann bist du nicht willkommen.

Was bleibt, ist resigniert das Haupt zu senken.
In fast verlornen Träumen darfst du leben.
Was zählt sind Ellenbogen, kaltes Lenken.

Es gibt nichts mehr, wonach es lohnt, zu streben.
Es scheint beinah zu spät, sich zu besinnen.
In fast verlornen Träumen darfst du leben,
die wahren Werte drohen zu zerrinnen.

Abraxas 21.12.2009 00:48

Hallo Medusa,

die Terzanelle ist dir meiner Meinung nach ganz gut gelungen.

Allerdings ist sie möglicherweise etwas zu monoton. Ein wichtiger Grundbaustein der Terzanelle sind ja die vielen Versrepetitionen. Man macht es sich am einfachsten, wenn man die Strophen (insbesondere die zu wiederholenden Verse) eigenständige, in sich geschlossene Aussagen sein lässt; auf diese Weise kriegt man bei ihrer Wiederholung z.B. keine inhaltlichen oder grammatischen Problemchen. So richtig prickelnd wird eine Terzanelle meiner Meinung nach aber erst dann, wenn die Sätze der repetitiven Verse über mehr als eine Zeile reichen und bei ihrer Repetition ggf. sogar eine andere/weitere Aussage zur Geltung kommt. Das gestaltet die Terzanelle abwechslungsreicher und man rauscht nicht "wie ein ICE" durch sie hindurch.

Ich schreibe momentan auch mal wieder an einer. Die Rohfassung steht und ich knoble noch daran herum, um sie, wie oben beschrieben, ausgefuchster werden zu lassen. :)

Ist diese hier vll. deine erste?

Aber wie gesagt, ansonsten ist sie eigentlich astrein.

LG,
Abraxas

Medusa 21.12.2009 12:02

Lieber Abraxas,

ja, es ist meine erste Terzanelle, sie ist ungefähr ein Jahr alt, und eine Gemeinschaftsarbeit. Über meine Erstfassung haben sich viele Dichter, vor allem Norbert und Carlino, den Kopf zerbrochen. Ich mag diese Fassung recht gern, denn meine war dagegen äußerst dilettantisch.

Inzwischen weiß ich etwas mehr über den Aufbau und den inhaltlichen Pfiff. Deine Vorschläge sind goldrichtig :). Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich danach noch einmal an eine Terzanelle gewagt habe, ich müsste in meinem Archiv nachschauen.

Ich danke Dir ganz herzlich für Deinen ausführlichen Kommentar.
Viele liebe Adventgrüße,
Medusa.

Chavali 21.12.2009 12:33

Liebe Medusa,

an diese erste Terzanelle kann ich mich auch erinnern.
Der Inhalt, die Aussage passt schon wieder oder immer noch zu unserer heutigen Zeit.

Wenn ich auch bewundere, wie klasse manche Gedichte dieser Art sind - ich mag Terzanellen nicht besonders,
weil sie mir zu starr sind, zu stereotyp, allzuviele Wiederholungen.
Ich weiß, das ist der Sinn einer Terzanelle :)
Doch wie gesagt, ist nicht wirklich so mein Ding.

Mir scheint auch, du hast hier - dem Thema entsprechend - besonders viele 'kalte' Worte benützt, wie
Zitat:

Was zählt, sind Ellenbogen, kaltes Lenken.
Gehorchst du dir, dann bist du nicht willkommen.
Trotzdem wollte ich dir einen Beitrag hinterlassen - ich denke, das freut dich ;)


Terzanelligen Gruß,
Chavali

Medusa 22.12.2009 08:54

Guten Morgen Chavali,

ja, es ist ein Thema, das nicht veraltet. Zum Glück ist unser Leben nicht ausschließlich ein Jammertal. Es gibt sie noch, die heiteren und schönen Momente :).

Ich verstehe Deine Abneigung gegen die gestrengen Regeln bei alten Formen. Wenn Du Dich jedoch mit ihnen beschäftigst, kannst Du Dich der Magie kaum entziehen, mir ging das so :).

"Kalte" Wörter? Ich muss gestehen, ich weiß gar nicht, was das ist :o. Mir gefallen die von Dir zitierten Verse recht gut. Ich sagte schon weiter oben, dass diese erste Terzanelle eine "Gemeinschaftsproduktion" ist und ich habe viel daraus gelernt.

Ich danke Dir für Deinen Kommentar.
Herzliche Vorfeiertagsgrüße,
Medusa.

Dana 23.12.2009 21:03

Liebe Medusa,
wenn dir Fachleute eine gelungene Terzanelle bescheinigen, dann vorerst dafür herzlichen Glückwunsch.
Ich stelle es mir äußerst schwierig vor, an Wiederholungen gebunden zu sein und diese wieder passend einzubringen.
Das hast du prima hinbekommen und eine zwar bittere aber wahre Realität angesprochen, "besungen".
Eine nachdenklich stimmende aber stimmende Terzanelle.

Liebe Grüße
Dana

Medusa 24.12.2009 11:48

Liebe Dana,

vielen lieben Dank für Deinen Kommentar und Dein Lob :).
Ich denke, wir sollten wenigstens für die Feiertage versuchen, uns von trüben Gedanken zu befreien und fröhlich sein. Im kommenden Jahr gibts noch genug Gelegenheit, Trübsal zu blasen.

Darum schicke ich Dir vergnügte Grüße und liebe Wünsche für die Weihnachtsfeiertage.
Herzlich,
Medusa.

Archimedes 26.12.2009 01:09

Liebe Medusa, über die Versform wurde schon ausführlich kommentiert. Auch ich finde, dass du es gut hinbekommen hast und belobige dich dafür. Darüber hinaus finde ich den Inhalt sehr gelungen, denn er gibt den Zustand unserer Gesellschaft haargenau wieder. Zu allen deinen Fragestellungen ist JA zu sagen:
Es ist zu spät, sich zu besinnen. Nicht nur die Erde, auch die Gesellschaft ist kaputt
die wahren Werte sind zerronnen. Moral und Nächstenliebe haben den letzten Platz
Wir dürfen nur die offnen Wunden lecken.

Was bleibt, ist resigniert das Haupt zu senken.
Die einzige Möglichkeit, die Welt zu ertragen, ist, sie schön zu finden. Deshalb die vielen Naturgedichte. Denn was der Mensch so schafft und anstellt ist Mist.

Das Antwortgedicht habe ich diesmal extra eingestellt

Ich danke dir, dass du ohne den Versuch der Schönfärberei unsre verkorkste Welt in so eindringlicher Weise dargestellt hast.
Gruß Archimedes ...der mit den Mahnkreisen

Medusa 06.01.2010 21:24

Lieber Archimedes,

ohjeh, fast hätte ich Deinen Kommentar verpennt, obgleich er doch so schön ist :), ich danke Dir dafür!
In diesem Gedicht steckt viel Arbeit, vor allem Gemeinschaftsarbeit und ich gestehe, das Resultat gefällt mir auch.
Schlimm ist, dass dieses etwa ein Jahr alte Gedicht an Aktualität nicht verloren hat; alles bleibt, wie es ist, schlimmer kanns kaum werden.
Tragen wirs mit Fassung und Humor.

Herzliche Abendgrüße,
Medusa.


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