Gedichte-Eiland

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Thomas 30.06.2011 22:47

Das alte Paar
 
Das alte Paar

Selbst durch die kleinste Geste scheint
ein sanfter, liebevoller Schimmer,
so selbstverständlich gut gemeint,
als sei schon ewig und schon immer
der Wille und das Handeln eins,
als könnte gar nichts Andres sein.

Bedeutungsvoll ist jeder Blick,
und alles gleich- und mitempfunden;
die Abendsonne nährt ein Glück,
das in den heißen Mittagsstunden
des grellen Tages nicht gedeiht
und nichts – außer dem Tod – entzweit.

Quicksilver 01.07.2011 07:52

Hallo Thomas,

mir gefallen sowohl die Form, als auch der Inhalt deines Gedichts. Du schaffst es, aus nur 2 Sätzen recht lange Strophen zu kreieren, die vom Lesefluss her dennoch nicht ermüden oder gar abgehackt wirken.

Dein Reimschema ist abwechslungsreich und es findet sich eine einzelne Waisenzeile, die ich als Kernaussage ausmachen würde:

Zitat:

als könnte gar nichts Andres sein.
Sie drückt mit wenigen Worten sehr viel aus. Was ich dennoch ein wenig schade finde, rein im sprachlichen Sinne, ist dass du hier eine Wortverkürzung nutzt, nur um im Lesefluss zu bleiben. Dies ist die einzige Stelle, an der du die Sprache leicht biegst. Ich finde, da es sich um eine Waisenzeile, zudem am Strophenende handelt, könntest du aus der Form ausbrechen und "Anderes" ausschreiben. Du könntest natürlich auch "anders" schreiben, was m.E. den Sinn nicht schmälern würde.

Gern gelesen.

Gruß
von
Quicksilver

Cebrail 02.07.2011 08:56

Hallo Thomas,
die Botschaft in deinen Zeilen gefällt mir.
Still und leise gehst du hier auf die Vertrautheit ein, welche,wenn man den genau hinschaut, vereinzelt finden kann.
Zu dem Text in seiner Form als solcher, gebe ich Quicksilver recht.
Besonders gefällt mir das hier;
„ als sei schon ewig und schon immer
der Wille und das Handeln eins“
Auch der Einschub in der letzten Zeile gefällt.
Gern gelesen.
Nen Gruß
Cebrail

Ida 02.07.2011 22:18

guten abend thomas,
ich darf annehmen, dass du dabei konkrete personen vor augen hast,
doppelt glücklich, zum einen, so leben zu können und dann noch so gekonnt bedichtet zu sein
ansonsten möchte ich nichts wiederholen, hat mich vor allem vom bild her angesprochen, positiv und trotzdem ergreifend
gern gelesen ida

Thomas 04.07.2011 14:02

Hallo Ida,

vielen Dank für deine lieben Worte. Du bis ja sehr produktiv und die Gedichte sprudeln nur so aus dir heraus. Leider geht es bei mir recht langsam voran, vor allem, weil die Arbeit mir oft Zeit und Energie für Musestunden 'klaut'.

Liebe Grüße
Thomas

Chavali 05.07.2011 08:00

Hallo Thomas,

du hast den Idealzustand eines alten Paares beschrieben und verdichtet.
Idealzustand deswegen, weil sich ein Paar, das so lange zusammen ist, wie du es vermutlich meinst,
auch dessen bewusst sein muss.
Zitat:

Bedeutungsvoll ist jeder Blick,
und alles gleich- und mitempfunden;
Dazu muss man auch Muße haben.
Ich denke, dass das bei den wenigsten Paaren der Fall ist.
Nach meinen Beobachtungen nehmen die meisten alten Paare ihr Zusammensein einfach hin,
gebeugt durch das Leben, die Sorgen und Entbehrungen.

Aber natürlich ist es schön, auch mal die Ausnahme zu beschreiben, denn sie wird es sicher auch geben.
Zitat:

als könnte gar nichts Andres sein.
Die Zeile gefällt mir sprachlich nicht.
Warum schreibst du nicht einfach

als könnt es gar nicht anders sein.

? Das klingt meiner Meinung nach sehr viel besser.



Gern gelesen!
Lieben Gruß,
Chavali

Thomas 05.07.2011 21:53

Hallo Chavali,

danke für deinen Vorschlag. Ja, der Schluss der ersten Strophe hat mich abgehalten das Gedichtlein zu veröffentlichen und ich habe lange darüber nachgedacht. Auch 'als könnt es gar nicht anders sein' hatte ich erwogen und wieder verworfen. Ich kann es nicht gut begründen, warum die Zeile so sein soll und nicht anders. Vermutlich hängt es mit der Schlusszeile des Gedichts zusammen, die vorbereitet werden will. Aber ich weiß wirklich nicht genau, warum ich es richtig finde, wie es ist.

Liebe Grüße
Thomas

Falderwald 07.07.2011 21:28

Hallo Thomas,

inhaltlich ist ja schon viel gesagt worden und die Zeilen bedürfen auch keiner großartigen Interpretation, da sie für sich sprechen.

Wir sehen hier den Idealzustand eines alten Paares, das sich im Laufe eines langen gemeinsamen und erfüllten Lebens eine vertraute Romantik erhalten hat.
Natürlich läuft es im realen Leben meist anders ab, aber solche Szenen, wie die beschriebenen in der ersten Strophe sind durchaus zu beobachten und daher recht anschaulich interpretiert.
Jeder sieht ja auch die eigene Wunschvorstellung und deutet daher gerne in diesem Sinne. Zudem macht eine solche Beschreibung auch Mut, daß es so etwas im Alter durchaus geben kann.

Formal habe ich Probleme mit den Schlusszeilen der beiden Strophen.
Der ganze Text ist sprachlich und vom Satzbau her wunderbar aufgebaut, weshalb mir der letzte Vers in S1 nicht so zusagt.
Und bei der Schlusszeile und damit der eigentlichen Conclusio bringt es den Leser bei sonst astreiner Metrik aus dem Rhythmus.

"und nichts – außer dem Tod – entzweit."
xX - XxxX - xX

Das verursacht an dieser Stelle, hervorgerufen durch den Einschub, einen Hebungsprall, denn ich kann "außer" unmöglich hier im Jambus, also xX betonen.

Ich kann nachvollziehen, daß dies eventuell beabsichtigt war, denn der Tod bringt ja auch einen entscheidenden Einschnitt, aber ich hätte es mir trotzdem metrisch rund gewünscht, weil es dann m. E. besser hängenbleibt und ästhetischer wirkt, zumal die Sprachführung einwandfrei und exzellent ist.
Das Stilmittel des metrischen Einschnittes ist eigentlich gar nicht nötig, denn das ganze Dasein ist ein runder Kreislauf, weil mit jedem Tod auch ein neues Leben beginnt - sowohl biologisch als auch für den oder die Hinterbliebenen.

Vielleicht kannst du dich ja mit den folgenden Vorschlägen einmal auseinandersetzen:

Das alte Paar

Selbst durch die kleinste Geste scheint
ein sanfter, liebevoller Schimmer,
so selbstverständlich gut gemeint,
als sei schon ewig und schon immer
der Wille und das Handeln eins,
als könne es nicht anders sein. (das ist m. E. stark genug betont, da gibt es keine Steigerung mehr. Das "gar nicht" ist "doppelt gemoppelt". Der Konjunktiv klingt hier viel eleganter.)

Bedeutungsvoll ist jeder Blick,
und alles gleich- und mitempfunden;
die Abendsonne nährt ein Glück,
das in den heißen Mittagsstunden
des grellen Tages nicht gedeiht
und nur der Tod einst noch entzweit. (Der Tod ist endgültig, denn er trennt von den Lebenden. Das "außer" ist hier also auch nicht nötig, denn durch das "nur" ist der Ausschluss schon gegeben, so daß auch das "nichts" hier nicht mehr benötigt wird. Außerdem ist somit die Doppelung von nicht/nichts der beiden letzten Zeilen auch noch beseitigt.)

Das waren so die kleinen Dinge, die mir aufgefallen sind.

Ansonsten ist das ein nettes romantisches Gedicht, was mir gut gefallen hat.

Gerne gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Erich Kykal 08.07.2011 07:42

Hi, Thomas!

Ohne meine Vorkommentatoren gelesen zu haben (ich bin in Eile), sage ich dies:

Ein wunderbar herzerwärmendes Stück zutiefst empfundener Menschlichkeit, wunderbar transportiert durch weiche, lyrische Wortwahl und trefflichen Fluss der Sprache.
Einzig bei der letzten Zeile spüre ich eine leichte Obstruktion im Klangbild.
Diese Zeile würde ich der Sprachmelodie zuliebe umschreiben. Mein Vorschlag:

"die nichts, es sei denn Tod, entzweit."

Das fließt weich und locker, da muss man sich nicht Zunge und Rachen verbiegen, um im Rhythmus zu bleiben. Auch die entzweienden Bindestriche würde ich durch Kommata ersetzen - es macht die Zeile optisch kürzer, ins Bild passender und flüssiger lesbar.

So weit mein Rat - und ich finde, es ist ein guter!;)

Ausgesprochen gern gelesen und genossen! Das ist "großes Tennis"!!!

LG, eKy

Thomas 08.07.2011 15:59

Hallo Falderwald, hallo Kykal,

vielen Dank für eure positiven Kommentare. Das Gedicht liegt mir am Herzen und deshalb freut es mich sehr, dass ihr beiden, die ihr euer Handwerk ja wirklich versteht, das Gedicht lobend erwähnt. Bitte habt Verständnis dafür, dass ich im Augenblick nichts ändern will. Ich muss das Gedicht nun ruhen lassen. Eure Kritikpunkte und Vorschläge sind richtig, ich verstehe genau, was ihr meint. Aber ich habe so lang gebrütet und immer wieder verworfen. Ich folge letztendlich einem Bauchgefühl und kann es nicht rational verteidigen. Vielleicht folgendes: Beim Lesen stelle ich mir den ersten Gedankenstrich in der letzten Zeile als lange Pause vor, wodurch der Hebungsprall gemildert ist. Und wenn etwas 'nicht anders' sein kann, dann ist das für mich gefühlsmäßig nicht so allgemein und absolut, als wenn 'nichts Anderes' sein kann. Ich opfere diesem Gefühl natürlich ein wenig von der sprachliche Rundheit, welche die von euch vorgeschlagenen Zeilen zweifelslos haben. Hoffentlich haltet ihr mich jetzt nicht für Dickköpfig.

Nochmals viele Dank für euer Interesse und liebe Grüße

Thomas


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