Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 28.09.2014 09:21

Tagleben
 
Der junge Tag, er will sich festlich zeigen,
erobert, glüht, hält alles in sein Licht,
und sein Erwachendes entzieht sich nicht
den Bildern, die ihn selbst noch übersteigen.

Fast spielerisch will er die Dinge lernen,
die ihn begleiten werden durch die Zeit,
die ihm bemessen ist, und er wird weit
und hält sein Wärmendes in alle Fernen.

Der Mittag wird wie eine schöne Blume,
der Tag ist nun erwachsen, im Zenit
stehn Sonne und sein Wirken, und er sieht
des Lebens Spur in jeder Ackerkrume.

Die Erde dreht sich und der Tag wird älter,
verliert an Zuversicht und an Elan.
Noch immer ist die Welt ihm untertan,
doch in den Schatten wird es merklich kälter.

Der alte Tag, er will der Ruhe pflegen,
der Abend wächst ihm kühlend ins Gesicht,
und eine Nacht, die ihm von Sternen spricht,
erlöst ihn zärtlich wie ein dunkler Segen.

Lailany 28.09.2014 11:23

Wunderbar!
Berückend schön und schönen guten Morgen Dir ins Granitviertel, Eky. :)

Wieder eine ausnehmend gelungene Demonstration, wie klangvoll stimmige Poesie in erlesener Sprache auszusehen hat.
Du bist in jüngster Zeit in Höchstform... alles, was Dir aus der Feder fließt, ist großes Kino.
Ich weiß, dass ich nicht wie die alte Fasnacht daherhumpeln sollte, um bei Dir rumzukritzeln. Dennoch fänd ich 'der junge Tag' schöner als 'der neue'.
Grund dafür: Der Text personifiziert ja den Tag.

Zudem hast Du in der letzten Strophe den 'alten Tag' und ich fände die Gegenüberstellung jung - alt einfach attraktiv.:Blume:

Ok... ok... ich verdrück mich ja schon. :D

Sehr gern gelesen, genossen und besenft.

LG von Lai :Blume:

Erich Kykal 28.09.2014 12:55

Hi, lai!

Danke für das große Lob!

Von wegen "der junge Tag/der neue Tag" hatte ich selbst überlegt. Ich dachte mir, dass was jung ist ja auch neu auf der Welt sei, so gesehen passte das auch. Aber du hast Recht - die Gegenüberstellung mit der letzten Str. wirkt besser mit "jung-alt".

LG, eKy

Falderwald 29.09.2014 20:18

Servus Erich,

das ist ein sehr schöner Text, der sich von Strophe zu Strophe steigert, was das Lesen gerade interessant macht.

Ein Leben oder eine Existenz, von was auch immer, läuft stets nach den gleichen Regeln ab und so ist dieses Tagleben sehr schön beobachtet und beschrieben.
Aus der menschlichen Sicht heraus betrachtet spielt der Zeitraum eigentlich keine Rolle, denn jedes Ding hat seine eigene Gegenwart, die irgendwann endet.

Die Bilder eines Taglebens vermitteln sich zwischen den Zeilen, wer will, kann einen glühenden Sonnenaufgang erleben, das spielerische Untermalen mit Licht und die Erwartung auf die Dinge, die da kommen, erspüren.

Der Tag reift, die Sonne hat ihren Höchststand erreicht und er ist auf dem Höhepunkt seiner Kräfte angekommen.

Doch genau so schnell nahen Nachmittag und der frühe Abend, noch beherrscht das Licht die Szene, doch die Schatten der sinkenden Sonne werden wieder länger und dort ist es immer kühler als im Sonnenschein.

Der Abend wird später und kühler und mündet in eine Sternennacht, die ihn sanft umfängt und in sich aufnimmt.

Das kann man doch einfach so stehen lassen, eine schöne Vorstellung. :)


Gern gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

momo 29.09.2014 22:39

Hallo Erich Kykal,
da hast du wieder (durch das Gedicht) ein wunderbares Bild gemalt! Ein detailliertes Porträt des Tages.
Poetisch dargebracht, voll ausgearbeitet., alle Personifizierungen inbegr..
Ich bin hingerissen!

:Blume::Blume::Blume:

LG momo

Erich Kykal 30.09.2014 00:55

Hi, Faldi, Momo!

Vielen Dank für das positive Feedback!

Ich hatte neulich ja ein Gedicht über die Nacht geschrieben, da dachte ich, der Tag sollte auch zu seinem Recht kommen...:D

LG, eKy

Dana 30.09.2014 21:48

Lieber eKy,

genial, dem Tag einen Zauber zu verleihen. Die meisten Dichter singen den Morgen, die Abenstimmung und die geheimnisvolle Nacht an.
Du hast das "Verkannte" in Licht gestellt. So wunderschön, dass ich ihn ab morgen mit "neuen Augen" sehen werde.
Ist er doch gütig, solang er selbst ist.;) Es wird hell, unabhängig von der Sonne. Sie ist eine vollendete Zugabe. Er kann so herrlich andauern, nimmt man ihn früh wahr und geht mit ihm - wohlwissend, dass er nach Nachterlösung wiederkehrt.
Ein schöner Gedanke und noch schönder verdichtet.

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal 01.10.2014 09:22

Hi, Dana!

Dass du von nun an jeden Tag mit anderen Augen siehst, bloß meiner paar Zeilen wegen, kann ich nicht recht glauben.;) - Aber ich will es als Kompliment verstehen!:Kuss - Für das ich mich herzlich bedanke.:)

LG, eKy

Chavali 01.10.2014 09:27

Servus Erich,

so einen schönen Tag wünsch ich dir :)

Wunderbar, wie du dem erwachenden und erblühenden Tag eine Hommage singst und den Bogen
zum Ausklang des Tages findest.
Man ist wieder mal des Lobes voll - was sonst? ;)

Nur der Titel gefällt mir nicht: Zu nüchtern!

Lieben Gruß,
Chavi

Erich Kykal 01.10.2014 12:05

Hi, Chavi!

Mit Titeln tu ich mich interessanterweise vergleichsweise schwer. So leicht mir das Dichten von der Hand geht, so lange sinne ich oft über die geeignete Überschrift nach.
Ich habe diesbezüglich einen Hang zu Wortspielen, Wortkonglomeraten, die möglichst umfassend beschreiben sollen, worum es in dem Gedicht geht. Das ist nicht immer hilfreich und trifft auch nicht immer die Stimmung.

Vielen Dank für das - was sonst?;) - satte Lob!:Kuss:D

LG, eKy


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