Dichter, Philosoph und Leser, Versuch eines Dialogs über die Zeitläufte
Leser:
Wer spürt bei unsrer Lebensweise
denn noch die Kraft des Webens leise,
die im Geheimen leise webt,
auch wenn er gar nicht weise lebt?
Dichter:
Recht schwer ist da das Wort zu finden,
um die Gedanken fortzuwinden.
Philosoph:
Der Logos, Gott, das Wort - gefällt!
Vom Zeit- und Sprachstrom fortgewellt.
Dichter:
Wie soll sich hier was fortbewegen,
was kann da noch das Wort befegen?
Was Dichter noch mit Sätzen wollen,
wozu den Stift sie wetzen sollen?
Leser:
Wo selbst die Eingeweihten zittern,
der Zukunft dunkle Zeiten wittern.
Wie setzt ihr geistig Wirken Zeichen,
wenn sie aus den Bezirken weichen?
Philosoph:
Der Dichter muss die Scherben kehren
und darf sich nicht um Kerben scheren!
Leser:
Einst oben ein Gefreiter stand,
der leider viele Streiter fand.
Dichter:
Wird einer so zum Herrn gekört,
bestimmt er, wer zum Kern gehört.
Philosoph:
Auch andere an Schranken denken,
und darauf folgt: Gedanken schränken!
Dichter:
Ihr könnt an andere Gesichter denken,
die ihren Blick nicht vor dem Dichter senken.
Ich möchte mir in meinen späten Jahren
nur schüttelnd reimend mühsam Jäten sparen.
Leser:
Wir sind vom Thema abgekommen,
der Dichter hat die Kapp genommen.
Philosoph:
Was denn der Geist des Webens lehrt?
Leser:
Mach selbst dein Leben lebenswert.
Humor, nicht ein paar Lagen bloß!,
macht mich von vielen Plagen los.
Gäbs Frohsinn nicht und Lachen weit,
mir wär's um das Erwachen Leid.
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Reime zu schütteln, gilt vielen als Nonsens von Spaßern, nichts Rechtes!
Aber die Spaßer mit Ernst suchen im Unsinn den Sinn!
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