Hi Xenia!
Nichts ist so illusorisch wie die Vorstellung von einem hinterlassenen Vermächtnis! Was bleibt, verblasst rasch, und wie lang bleibt es? Selbst die Besten unter Künstlern und Literaten bleiben bestenfalls nur wenig hundert Jahre an der Oberfläche des kulturellen Gedächtnisses - jeder kriegführende Potentat oder bluttriefende Feldherr bleibt den Nachfahren länger präsent als die Dichter, Maler und Steinmetze der gleichen Zeit!
Wer liest heute noch den einst so himmelhoch verehrten Goethe? Wer kennt noch Namen wie Gryphius oder Walter von der Vogelweide?
SEHR wenige, das glaube mal!
Auch wir versickern unvermeidlich, spätestens wenn die Sprache sich mit den Jahrhunderten so weit gewandelt hat, dass unsere Verse dem Leser unverständlich werden oder seltsam verdreht erscheinen. Aber die allermeisten von uns schaffen es gar nicht so weit - denn wie viele lesen heutzutage denn überhaupt noch Lyrik?
Wir sind Adepten einer verblassenden Kunstform, ohne Lobby, kaum von öffentlichen Interesse getragen oder überhaupt wahrgenommen. Wer bekam als letzter Dichter den Literatur-Nobelpreis? Niemand vermag im "Land der Dichter und Denker" von seiner Kunst zu leben!
Was mag da schon ein "Vermächtnis" bedeuten!?
Nein, Xenia. Wir schreiben zum eigenen Vergnügen, oder weil uns etwas dazu treibt. Ein Vermächtnis hat nichts damit zu tun, und wird auch kaum das Ergebnis sein. Da sollte man sich keine Illusionen machen.
LG, eKy