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Alt 01.05.2009, 15:40   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Registriert seit: 18.02.2009
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Hi, norbert!

S1Z4: "...im Meer der deutschen Zeit."

Wow! Ein Glanzstück, wenn du mir die Bemerkung gestattest! Vom fast träumerisch lyrischen Einstieg, der schon Gespenstisches erahnen läßt, bis hin zur sauber hingeknallten Conclusio, die der Kritik am "Deutschtum" die besserwisserische Spitze nimmt, weil du dich selbst mit in die Gleichung stellst. Wunderbar! Sehr gelungen! Chapeau!

Man hört nachgerade das Knistern der Albumseiten, wenn umgeblättert wird, hat die verblichenen, grauen und altersgebräunten Fotos vor Augen, die Geschichten aus alter Zeit erzählen wollen, obwohl kaum einer sie noch versteht, weil sich die Welt so sehr gewandelt hat.
Sehr gut bringst du auch die politischen oder gesellschaftlichen Implikationen herüber, die Schatten dunkler Vergangenheit, der wir nie entkommen werden, weil irgendetwas in unseren aufgeklärten Seelen dennoch am Konzept der Erbsünde zu kleben scheint. Wie punktgenau im sachten Anklingenlassen!
Das ist Gesellschaftskritik in höchster Vollendung: die Vergangenheit zitieren, um Gegenwärtiges zu hinterfragen, zu kritisieren, aber ohne den moralischen Zeigefinger allzu bewußt und nervtötend auf die immer noch blutende Wunde zu legen. Wie gesagt, meine Reverenz und Hochachtung zu diesem Gedicht!

LG, eKy
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