An meinen alten Ohrensessel
Guten Abend alter Freund,
der du, wenn die Lampe scheint,
mich so freundlich grüßt,
wartest immer ohne Klage
und hast ohne jede Frage
manche Stunde mir versüßt.
Hundert Jahre und noch mehr
ist es nun bestimmt schon her,
daß man dich mit Gunst
als ein Meisterstück ersonnen
und zu schaffen hat begonnen
ganz nach alter Handwerkskunst.
Prächtig ist das Werk gelungen,
denn du hast die Zeit bezwungen,
da so viel geschehn,
um dich her versanken Reiche,
aber fest wie eine Eiche
bliebst du selbst beharrlich stehn.
Spurlos ging die Zeit, mein Lieber,
freilich nicht an dir vorüber,
zahltest deinerseits,
Lederpracht aus Jugendtagen
ist schon lange abgetragen,
trägst das vierte Kleid bereits.
Moosgrün bist du jetzt gewandet
und mit Fransen neu umrandet,
würdevoll und stolz,
doch das ist nur Außenseite,
denn im Innern bist du heute
noch aus gutem alten Holz.
Siehst du, darauf kommt es an
schließlich doch bei jedermann
hier auf dieser Welt,
daß man sich in seinem Leben,
mag´s auch Änderungen geben,
stets den guten Kern erhält.
Darum wollen wir zwei Alten
immer treu zusammenhalten,
so sei´s abgemacht:
du wirst Ruhe mir gewähren
und ich halte dich in Ehren,
bis das Lebenswerk vollbracht.
(Sedinus)