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Alt 21.10.2011, 14:29   #8
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Registriert seit: 07.02.2009
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Hallo Justin,

dann lass uns mal diese „Innere Einkehr“ ein wenig näher beleuchten.
Da die Strophen alle schön in sich geschlossen wirken, widmen wir uns jenen nun einzeln:

Ich sitze in der Denkerklause
bei einem guten Schoppen Wein.
Hier fühl ich mich so recht zu Hause,
vielleicht fällt ein Gedicht mir ein.


Ja, mit einem anregenden Getränk und in einer nachdenklichen gemütlichen Ecke kann der Geist durchaus zu einem schönen Gedicht inspiriert werden.
Wo anders könnten schöne Verse heranreifen, als in der inneren Einkehr beim Verarbeiten all der Eindrücke, die das tägliche Leben so begleiten, vor allem…


Dann steigt alsbald die gute Laune,
ich stell die Sorgen hintenan,
bleib länger sitzen noch und staune,
was man so alles denken kann.


…wenn man sich dabei der gemeinen Sorgen entledigen kann.
Wenn dann noch die Laune steigt (ob mit oder ohne anregende Getränke, s. o.), dann ist es manchmal wirklich beachtenswert, was einem dabei alles so in den Sinn kommen kann.

Das Glück und Unglück dieser Erde
steigt vor mir auf sowie die Not,
die große Bürde und Beschwerde,
und auch der Kampf ums täglich Brot.


Wenn man alles sorgfältig gegeneinander abwägt, wird wohl das Unglück und das Leiden dieser Welt überwiegen, denn die glückseligen Momente sind nur darauf zu beschränken, wo eben der Schmerz und das Leiden abwesend sind, was ja zum Unglück dieses Daseins meistens doch alles überlagert, wenn auch in verschiedenen „Stärkegraden“ und je nach Charakter und Willen des einzelnen Individuums.
Die meisten machen sich diesbezüglich nämlich nur etwas vor, indem sie ihr Glück davon abhängig machen, sich mit unwesentlichen Dingen ihre Langeweile, die eines der größten Leiden von allen sind, zu vertreiben, weil sie nämlich mit sich selbst nichts anzufangen wissen und daher lange noch nicht alles so denken können, wie es in der zweiten Strophe dargestellt wird.
Dazu bedarf es nämlich dann auch eines bestimmten geistigen Niveaus.
Ach ja, und je weniger dieses dann noch mit dem ständigen Erwerb für den Lebensunterhalt beschäftigt ist, um so stärker kann es sich entwickeln.

Im Rampenlicht seh ich Gestalten
der vielgerühmten High Society,
wie sie auf Bühnen sich entfalten,
am liebsten mit dem Bambi-Vieh.


Jene Gestalten hat es immer schon gegeben und sie werden auch nicht aussterben.
Das sind nämlich jene, die einen kurzen und aktuellen Ruhm erwerben möchten und daher nicht wirklich wichtig sind, weil dieser auch genau so schnell wieder verblasst und vergessen wird.
Was hingegen, wenn wir an dieser Stelle zur Überleitung in die nächste Strophe einmal die Dichtkunst erwähnen möchten, einem Genie wie Goethe nicht passieren wird.
Sein Werk wird nämlich, solange es Menschen gibt, unsterblich bleiben und sollte es auch in einer fernen Zukunft einmal in eine neue Sprache übersetzt werden müssen.
Seine naive, d. h. natürliche und unbefangene Lyrik wird auch das überstehen.

Zudem denk ich an Dichter-Gaben
der Freunde, preise ihre Welt.
Ich schau, was sie gedichtet haben
und weiß, daß es mir gut gefällt.


Ja, als Dichter ist es gut zu wissen, nicht allein zu sein, denn leider ist seine hochstehende Kunst die am wenigsten geachtete, da die große Masse nicht den Intellekt besitzt, sich mit diesen Kleinkunstwerken ernst- und gewissenhaft auseinander zu setzen, weil jene nämlich erst dann ihre wahre Größe erreichen können.
Allerdings sollte man an dieser Stelle zugeben, daß es auch unter den Dichterwerken qualitative Unterschiede gibt, weshalb ich der Schlussaussage hier nicht pauschal zustimmen möchte.

Aber dieses hat mir durchaus gut gefallen, denn es ist ein kleines und im o. a. Sinne naives Stück Lyrik, sprachlich und reimtechnisch gut umgesetzt, weist auch Gesellschaftskritik ohne erhobenen Zeigefinger auf und lädt ganz Allgemein zum Nachdenken ein, was ich auch mit diesem kleinen Beitrag gerne getan habe.


Gerne gelesen und kommentiert…


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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