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Alt 19.11.2011, 19:01   #3
Stimme der Zeit
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Hallo, wolo,

danke für das griechische Schmunzeln. Aber, ich bin eben ich. Und da das nicht nur die Länge der Gedichte betrifft, sondern auch den Hang zur Experimentierfreudigkeit, hatte das hier natürlich wieder ein paar "Auswirkungen".

Beim antiken Distichon handelte es sich um lange und kurze Silben, so dass im Hexameter die ersten vier Daktylen durch Spondeen ersetzt werden konnten - zwei kurze Silben konnten durch eine lange ersetzt werden. Im Deutschen gibt es betonte und unbetonte Silben, daher kann das nicht übertragen werden. Hier wird statt dessen ein Trochäus verwendet. Beim Pentameter gilt das nur für die ersten beiden Daktylen. (Was ich ebenfalls getan habe, es fiel dir offenbar aber gar nicht auf, das nehme ich mal frecherweise als Kompliment. )

Logisch, dass ich so etwas gleich "testen" muss. (Wo ich schon mal dabei war, habe ich, so nebenher, die Liebe (römisch), den Tod (englisch/deutsch), die philosophische Idee (griechisch) und die zornige "Kampfbereitschaft" (ich ), ebenfalls frecherweise, zu einer "Einheit" verarbeitet.)

Ein Beispiel aus Johann Wolfgang von Goethes Werk: "Römische Elegien":

Saget, Steine, mir an, o sprecht, ihr hohen Paläste! - XxXxxXxXxXxxXx
Straßen, redet ein Wort! Genius, regst du dich nicht? - XxXxxXXxxXxxX
Ja, es ist alles beseelt in deinen heiligen Mauern, - XxxXxxXxXxXxxXx
Ewige Roma; nur mir schweiget noch alles so still. - XxxXxxXXxxXxxX
O wer flüstert mir zu, an welchem Fenster erblick ich - XxXxxXxXxXxxXx
Einst das holde Geschöpf, das mich versengend erquickt? - XxXxxXXxxXxxX
Ahn ich die Wege noch nicht, durch die ich immer und immer - XxxXxxXxXxXxxXx
Zu ihr und von ihr zu gehn, opfre die köstliche Zeit? - XxxXxxXXxxXxxX
Noch betracht ich Kirch und Palast, Ruinen und Säulen, - XxXxXxxXxXxxXx
Wie ein bedächtiger Mann schicklich die Reise benutzt. - XxxXxxXXxxXxxX
Doch bald ist es vorbei: dann wird ein einziger Tempel - XxXxxXxXxXxxXx / nicht ganz eindeutig, auch XxxXxXxXxXxxXx wäre möglich
Amors Tempel nur sein, der den Geweihten empfängt. - XxXxxXXxxXxxX
Eine Welt zwar bist du, o Rom; doch ohne die Liebe - XxXxxXxXxXxxXx
Wäre die Welt nicht die Welt, wäre denn Rom auch nicht Rom. - XxxXxxXXxxXxxX

Ersichtlich, dass Goethe sich des "deutschen Distichons" bedient hat. Das versuchte ich ebenfalls, ich finde, es ist so wesentlich günstiger im Bezug auf die deutsche Sprache und deren Betonungen als das "antike Original", bei dem unsere Sprache oft nicht "passt" und das daher "betonungstechnisch" sehr zum "Leiern" neigt.

Falls ich aber, das ist mein erster Versuch mit dem "deutschen Distichon", Fehler gemacht oder irgendwo falsch informiert sein sollte, dann wäre ich sehr dankbar, wenn man (oder du) mir das mitteilen würde(st).

Zitat:
(iphigenie liess doch lieber die götter die sache in die hand bzw. auf die knie nehmen....)
Ich bin hier frech, nur um das mal festgestellt zu haben. Ansonsten erhebe ich einen Plagiatsvorwurf!

Danke fürs Lesen und Schmunzeln!

Liebe Grüße

Stimme
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Geändert von Stimme der Zeit (20.11.2011 um 10:02 Uhr) Grund: Aus Versehen "Enter" betätigt, der Kommi war erst zur Hälfte fertig. *Verlegen guck* + Tippfehler gefunden.
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