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Alt 22.04.2012, 00:05   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Walther!

Industrieruinenromantik! Ein neuer Lyrikzweig!

Das gefällt mir sehr gut in Klang und Bildern, mit zwei Minuspunkten:

Zum einen das Großschreiben der Zeilenanfänge, egal, ob mitten im Satz oder nicht. Jaja, ich weiß, bin schon oft drauf rumgeritten, aber hier stört es eindeutig am Übergang von S1 zu S2: Das Enjambement kommt beim ersten Lesen gar nicht an, weil man glaubt, ein neuer Satz fange an, was allerdings den "roten Faden" kappt: Wieso ein Punkt nach umstreifen? - denkt man, das ergibt keinen Sinn! Erst dann dämmert es einem, dass der Satz von S1 hier noch weitergeht. Natürlich ist der Lesegenuss zum Teufel, man muss neu ansetzen. Lästig, störend, kontraproduktiv! Aber das weißt du ja schon. Warum du immer noch auf diesem überkommenen Effekt bestehst, ist mir schleierhaft. Naja, jeder wie er glaubt...

Zum anderen der letzte Dreizeiler: Abgesehen davon, dass Takt-ungefragt ein unreiner Reim ist, finde ich diese Conclusio schlicht...schlecht. Das hohe Niveau der oberen Strophen mündet hier in ein wie abgeschnitten wirkendes Sinngewebe (vorletzte Zeile, die ins Leere läuft, wo man ein "doch nun..." oder ein "nun aber..." erwarten würde), an das ein seltsam entkoppelter Homunkulus von Abschluss drangepappt wurde, der so, wie er hier formuliert ist, irgendwie...enttäuscht! Die letzte Zeile hier wirkt wie eine krude Prothese an einem amputierten Adonis.
Würd ich nochmal umschreiben....

Abgesehen von diesen beiden Details ein "typischer Walther": Wortgewalthig (nee, nicht vertippt...), bilderreich, sprachlich exzellent.

Gern gelesen (bis auf "du weißt schon"...)

LG, eKy
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Geändert von Erich Kykal (26.04.2012 um 10:52 Uhr)
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