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Alt 11.11.2013, 20:17   #4
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Chavi!

Auch mir gefallen diese Zeilen stilistisch und inhaltlich sehr gut, allerdings kommst du bei mir (leider!) nicht ganz so "ungeschoren" davon wie bei ginTon. Nict, weil ich dir eins auswischen will - es liegt an mir und meinem unsäglich penetranten Hang zur Perfektion!


Zitat:
Zitat von Chavali Beitrag anzeigen


Die Nacht begann, sich an den Tag zu schmiegen, Hier nur 5 Heber. Korrektur: "...sich an den neuen Tag zu schmiegen,"
da drangen leise Flötentöne in mein Ohr. Hier wäre inhaltlich wie klanglich schöner: "...an mein Ohr."
Ich sah die Birkenzweige sich im Winde wiegen,
die Welt kam mir auf einmal so verloren vor.
Im Geiste sah ich ihn an meiner Seite gehen,
ein Bündel lila Zweige in der kühlen Hand.
Wir blieben oft am Rand des Feldes stehen Nur 5 Heber. Korr.: "...oft am Rande mancher Felder stehen"
und spürten den Lavendelduft, der uns verband.

Die Küsse wurden mit den Jahren immer kälter,
das Feuer unsrer Liebe, es verglomm zu Eis. Verglimmen kann etwas nur zu Asche. Hier winselt die Physik um Gnade! Wie wäre es mit: "...gerann zu Eis."?

Und auch die Sträucher des Lavendel werden älter, "des Lavendels", oder? Um die Wh. von "und" mit dem Vorschlag für die Folgezeile zu vermeiden (und auch, weil es besser klingt), dieser Einstieg: "Sogar die Sträucher..."
so schließt sich irgendwann der Lebenskreis. Nur 5 Heber. Korr.: "und endlich schließt..."

An lila Zweigen bricht sich letztes Licht, 5 Heber. Korr.: "bricht sich zage letztes..." Hier brichst du zudem die sonst immer eingehaltene Reihenfolge weiblicher und männlicher Kadenzen. Ist sie sonst wmwm, ist sie hier durchgehend 4x männlich. Es wäre eine Überlegung wert, das anzugleichen.
der Staub der Jahre flirrt durch Zeit und Raum. 5 Heber. Korr.: "der Staub der Lebensjahre..."
Gebrochner Schwur, der wie mit Nadeln sticht, 5 Heber. Korr.: "...wie mit heißen Nadeln..."
er geistert jede Nacht durch meinen Traum. 5 Heber. Korr.: "...meinen müden Traum."

Noch immer höre ich die Flöte weinen, 5 Heber. Korr.: "...die zarte Flöte..."
die Nacht ergreift Besitz vom Tag. 4 Heber! Korr.: "...vom ungelebten Tag."
Erinnerungen leben auf nur an den Einen,
der viel zu unentschlossen war und zag. Hier, zur Bekräftigung der Conclusio, kann man die 5-hebige letzte Zeile so hinnehmen.


Was von diesen Möglichkeiten du letztlich nutzt, sei ganz dir anheimgestellt. Ich persönlich rate natürlich zu allen! Schon dem Takt zuliebe!

Sehr gern gelesen und bearbeitet!

LG, eKy
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Geändert von Erich Kykal (11.11.2013 um 20:24 Uhr)
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