Thema: Im Café
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Alt 30.08.2014, 11:37   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Registriert seit: 18.02.2009
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Standard Im Café

Der alte Mann rührt schweigend in der Tasse
und nimmt ein kleines Schlückchen dann und wann.
Er wirkt dabei, als ob er kaum mehr fasse,
was er an Welt um sich begreifen kann.

Das Lautgewirr aus einem Dutzend Mündern,
es plätschert träge an sein müdes Lauschen.
Was immer zwischen Seligen und Sündern
die Lippen sich versagen oder tauschen,

er nimmt es an, sich darin zu verlieren.
Gleich einer Puppe, die kein Kind mehr achtet,
so baumelt seine Seele in den Schlieren
begonnener Gespräche wie umnachtet.

Die Menschen strömen rege durch die Gasse
vor dem Café, das Paar am Tisch daneben
kommt überein, dass man sich scheiden lasse -
um ihn herum pulsiert das volle Leben.

Der alte Mann rührt schweigend in der Tasse
und nimmt ein kleines Schlückchen hin und wieder.
Ein Ruhender in ruheloser Masse:
Der stumme Ton in einem Meer der Lieder.
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (30.08.2014 um 20:12 Uhr)
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