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Alt 11.06.2016, 15:53   #10
Jongleur
Hallig-Dichter
 
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Hi Erich Kykal,

danke für deine gewohnt interessante Antwort. Deine gedankliche Kraft und das von dir gewählte Thema inspirieren mich, erneut zu antworten.

Zitat:
Dein Voschlag für Z1 ist gut, aber meiner "klingt" für mich sprachmelodisch weicher, flüssiger.
Da kann ich mich schon in deine Schuhe stellen.

Und nachdenklich stelle ich fest, dass MIR eine " gedankliche Breite" versprechende Eingangszeile viel wichtiger ist als ihr spezieller Klang. Ja, fast fürchte ich mich, einen wohlklingenden Eingangsvers zu schreiben, der mich anschließend zwingt, womöglich in seiner zu engen Umlaufbahn kreisen zu müssen.

Zitat:
Das von dir unterstellte Missverständnis ist keines: Ich glaube wirklich, dass manche Menschen - vergleichsweise, womit auch immer - oberflächlich, böse oder grausam sind.
Ich unterstellte dir doch hierzu gar kein Missverständnis! Du hast dich sehr deutlich im Text und in deinen Kommentaren geäußert. Natürlich gibt es zum Beispiel Psychopathen.

Zitat:
Das ist ja gerade die Crux, dass der Sensible letztlich nicht unterscheiden kann, mit wem er es gerade zu tun hat: Mit einem echten Grausamen - oder mit einem, der sich nur so stellt, um nicht verletzt zu werden, so wie er es tut, bloß anders vielleicht!
Ja, die Gefahr besteht natürlich permanent. Wir können dafür den Volksjubel für die großen Diktatoren heran ziehen. Oder das zutiefst beindruckende Ringen eines Künstlers mit einem Psychopathen in der Doku "ich bin ein Psychopath" (siehe youtube).

Zitat:
So passiert es leider oft, dass eigentlich gute Menschen einander verletzten,
weil sie die gegenseitigen Schutzmechanismen nicht erkennen - weil sie eben jeweils andere haben, oder schwächere.
Aber wer sind "eigentlich gute" Menschen? In epischen Werken muss sich der Autor viele Gedanken machen, wie er dramaturgisch den Kampf der Menschen mit ihren inneren und äußerlichen Gegebenheiten gestaltet, damit ihre Charaktere klar werden.

Das kann unter den Gedichtsformen am ehesten eine Ballade leisten. Je kürzer das Gedicht, umso geringer die Möglichkeit, Charaktere zu zeichnen. Deshalb ist die Gefahr groß, Charaktere nur zu behaupten.
Ich meine, die meisten Forendichter tun es trotzdem. Aber es geht auch anders. Man könnte die Begegnung mit einem Psychopathen voraus setzen und dann über den Einfluß reflektieren, den diese Begnung (eventuell) auf die eigene Psyche hat. Eine derartige Stringenz vermisste ich in deinem Gedicht.

Aber ich fühle dieses Ringen spätestens in deinen sehr offen formulierten Kommentaren. Und da wir uns nicht kennen, gehe ich mal davon aus, dass Du Deine "Quälgeister" früher schon oft genug verdichtest hast. Dann haben natürlich spätere Texte eventuell den Charakter eines Fazites.


Zitat:
Dass Dichter nicht nur oder immer sensibel und sanftmütig sind, sondern durchaus "normale" Menschen, bei denen durchaus auch mal der Dreck spritzt, zeigen die Gedichteforen doch eigentlich nur allzu offensichtlich! Ich selbst bin zuweilen einer giftigen Satire oder einer geschworenen Feindschaft nicht abhold, wenn mich jemand extrem gegen den Strich bürstet - man muss nur darauf auchten, dass man sich nicht in solch einer Rolle verliert, sich ganz darauf fixiert oder gar Selbstbestätigung daraus zu ziehen beginnt - dann wird es gefährlich, und Gehässigkeit und Verbitterung lauern gleich um die Ecke!
Hier hast DU mich etwas missverstanden: Für mich sind Dichter eher nicht normal. Ihre Phantasien sind für mich der Versuch, ihrer relativen Hilflosigkeit in der realen Welt eine poetische Scheinwelt entgegen zu setzen: Eine Innenwelt, wo persönliche Zweifel und Sehnsüchte erhört werden.

Auch alles Unnormale wäre normal, wenn da nur nicht diese sehr realen und oft recht phantasielosen Leser wären, die uns zwingen, die Vorgänge in unserer Innenwelt den Vorgängen in der Außenwelt anzupassen.

Wie auch immer: Dein Gedicht (inclusive deiner teilweise bedrückenden Kommentare) beschäftigt mich weiter!
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