Thema: Wenn du gehst
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Alt 12.06.2016, 15:08   #9
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Meishere!

Entschuldige, wenn ich mich dazu nochmals äußere -

Für mich sind meine Gedichte das Vermächtnis, das ich der Welt hinterlasse, da ich mich anders nicht fortgepflanzt habe und es auch nicht mehr zu tun gedenke.
Dabei ergebe ich mich insoweit der eigenen Hybris, dass ich davon ausgehe, dass meine Werke es tatsächlich wert sind, überliefert und erhalten zu werden.
Ein nicht unerheblicher Teil meines Selbstwertgefühls hängt an dieser Tatsache: an diesem Bilde, wie in 100 Jahren sprachverliebte Menschen durch meine Texte streifen und sie genießen, so wie ich es heute mit jenen eines Rilke tue, bedauernd, dass ich diesen bewunderten Menschen nie persönlich kennenlernen durfte.
Dass Lyrik kein Weg zu Ruhm zu eigenen Lebzeiten ist, ist mir schon klar, und das ist auch gar nicht meine Motivation, aber was mich - außer dem Faible für schöne Sprache - bei der Stange hält, ist eben diese romantische Vorstellung, die meine (doch leicht) enttäuschte Eitelkeit tröstet und mir das Herz erwärmt.

Daher meine Frage -

Du also betrachtest dein Schaffen als eine Art lyrisches Tagebuch - eine mir gänzlich neue Sicht, wie ich zugeben muss. Da drängt sich mir nun die Frage der Motivation auf: Tust du das aus einer inneren Ruhe und Gelassenheit heraus, die einfach tut, was sie will, ohne sich um ein Urteil der Jetzt- oder Nachwelt zu kümmern - oder hältst du dein eigenes Schaffen ursächlich für ohnehin zu wenig wertig, um extra noch groß daran herumdoktern zu wollen?
Ich unterstelle weder das eine noch das andere - mich interessiert bloß, wie man zu so einer Einstellung dem eigenen Werk gegenüber kommt, und diese beiden möglichen Erklärungen sind die für mich plausibelsten.

Ich hoffe, ich dringe nicht zu sehr in dich ...

LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
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Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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