Thema: Sonett
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Alt 15.08.2016, 21:05   #30
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hallo Holger,

zunächst einmal vertrete ich die Meinung, dass sich heutzutage eine Menge - auch ganz individuell verfasste Texte - "Sonett" nennen dürfen, die nicht alle Vorgaben des klassischen Sonetts erfüllen.

Ich empfehle hierfür die Lektüre "Deutsche Sonette" aus dem Reclam-Verlag, Nr. 9934, herausgegeben von Hartmut Kircher, zu lesen, vor allem dessen Nachwort, nach welchen Kriterien er die entsprechenden, z. T. auch völlig von der Norm abweichenden, Texte ausgesucht hat.

Leider ist dieses Buch nur noch gebraucht zu bekommen.

Im Text selbst werden Fragen gestellt, die sich u. a. auf die Blumen der Hoffnung beziehen.

Im ersten Quartett wird gefragt, wo sich die Wiesen mit den entsprechenden Blumen befindet.

Im zweiten Quartett erfolgt eine Beschreibung ihrer Eigenschaften und Auswirkungen.

Im ersten Terzett stellt sich die Frage, ob den Protagonisten die o.a. Wiesen, hier Auen, trotz der schroffen Realität auf Dauer zugänglich sein werden. Denn das Leben hat eben vermehrt auch seine dunklen Seiten. Und der Mensch ist nur ein Mensch, der auch Fehler macht und dann und wann versagt.

Das zweite Terzett stellt sich dann zunächst die Frage, wer es denn jemals geschafft hätte, sich ständig auf diesen Weiden aufhalten zu können (s.o. erstes Terzett).
Dann aber zieht es auch das Fazit, dass diese Blumen den Protagonisten trotzdem immer zur Verfügung stehen werden (Man muss nur nach ihnen suchen).

Und da mit diesen ja die Hoffnung gemeint ist, ist das auch stringent.

Fazit: Die Hoffnung stirbt nie.

Von daher würde ich den Text durchaus als Sonett bezeichnen. Es ist kein "Klassisches Sonett", so wie es die Aufgabe der Sommervögel forderte, aber es gehört definitv zu den "sonettartigen" Texten, was Inhalt und Darstellung betrifft.

Auch die metrischen Unebenheiten kann man durchaus beim Vortrag kompensieren und entsprechend betonen. Nach zweimaligem Lesen ist mir das prima gelungen.

Das einzige, was mich wirklich teilweise stört, ist der "sprachliche" Ausdruck.

Die Inversion im ersten Quartett wurde ja schon angesprochen, die ist wirklich nicht sehr ansprechend.

Der Rest ist Geschmackssache, ich hätte einige Stellen anders formuliert. Aber das ist ja nun mal nicht mein Text und im Großen und Ganzen sind alle Metaphern zu entschlüsseln.


In diesem Sinne gern gelesen und kommentiert...

Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald



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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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