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Alt 22.05.2011, 23:15   #37
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Moin Erich,

ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, aber du kannst dir sicher sein, daß ich teilweise entschieden anderer Meinung bin...

Zitat:
Es ist eine erwiesene Tatsache, dass wir weit über 90% unserer Entscheidungen eben nicht aufgrund logischer - also geistiger - Überlegungen treffen!
Zunächst einmal müssen wir klären, was unter dem Begriff "Entscheidung" überhaupt zu verstehen ist:

Es gibt Alternativen und es gibt Varianten, zwischen denen eine Wahl zu treffen ist.
Diese Wahl zu treffen, nenne ich Entscheidung.

Alles andere sind Handlungen, die hier auf gar keinen Fall mit der Entscheidung verwechselt werden dürfen.

Die meisten meiner Handlungen, wahrscheinlich mehr als 90 %, und da stimme ich vorbehaltlos zu, geschehen unbewusst und sind gesteuert durch das Zentrale- und das periphere Nervensystem (Reize) oder durch erlerntes Verhalten (Reiz - Reflex), welches keiner Überlegung mehr bedarf oder aber werden durch ein Gefühl ausgelöst.

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig, der Berliner Charité sowie des Berliner Bernstein Zentrums für Computational Neuroscience (um John-Dylan Haynes) untersuchten mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie die Gehirne von Probanden.
Das Ergebnis dieser Untersuchung verleitete sie zu der Aussage, sie hätten den neuronalen Prozess der Entscheidungsfindung entschlüsselt: "Unser Gehirn weiß schon sieben Sekunden vor einer bewusst getroffenen Entscheidung, wie sie ausfallen wird."

Die Probanden hatten die Aufgabe, die rechte oder die linke Hand zu bewegen.
Sie hatten also die Wahl zwischen zwei Alternativen.
Bei diesem Versuch konnte also festgestellt werden, daß frühestens sieben Sekunden vor Ausführung der zu erwartenden Handlung in verschiedenen Hirnregionen eine Aktivität zu erkennen war, die eine mehr als "zufällige" Voraussage erlaubte, welche Hand er bewegen würde.

Und was sagt das jetzt aus?
Im Grunde genommen gar nichts.
Denn der Proband hatte nichts anderes zu tun, als sich zu überlegen, welche Hand er denn jetzt als nächstes bewegen wolle und zudem mindestens sieben Sekunden Zeit für seine Entscheidung.
Womit hat er sich also in dieser Zeit wohl vornehmlich beschäftigt?
Und er wusste um seine einzigen Alternativen.

So mussten sie auch letztlich zugeben, daß dies kein endgültiger Beweis gegen die Existenz eines freien Willens sei: "Nach unseren Erkenntnissen werden Entscheidungen im Gehirn zwar unbewusst vorbereitet. Wir wissen aber noch nicht, wo sie endgültig getroffen werden. Vor allem wissen wir noch nicht, ob man sich entgegen einer vorgebahnten Entscheidung des Gehirns auch anders entscheiden kann."

Und ich behaupte, daß ich über 90 % aller meiner willensrelevanten Entscheidungen sehr wohl durch logische und geistige Überlegungen treffe.
Den Rest der Entscheidungen und Handlungen überlasse ich gerne meinem sehr komfortablen Körper, der sicherlich besser weiß, was für ihn gut ist. Somit brauche ich mich damit nicht mehr zu belasten.

Zitat:
Das Beispiel mit dem Autofahrer und dem Felssturz ist diesbezüglich schlüssig.
Dieser Meinung bin ich nicht.

Zitat:
Das Anhalten selbst war ein bewusster Akt, aber die Entscheidung dazu fiel davor, und zwar aus un- oder unterbewussten Erwägungen heraus. Gerade deshalb konnte sich der Mann seine Entscheidung ja nicht erklären und musste geradezu mutmaßen, es könnte eine "höhere Eingebung" gewesen sein, weil die Entscheidung auf einer ihm nicht direkt zugänglichen Ebene seines Wesens fiel - eben nicht "logisch oder bewusst" erklärbar WAR!!!
Das Anhalten war ein bewusster Akt, wann aber die Entscheidung dazu gefallen war, können wir nur mutmaßen.
Auf jeden Fall muss es einen Grund dafür gegeben haben. Hier ist das also das plötzliche Gefühl stehen zu bleiben und die Landschaft zu betrachten.
Der Mann aber war mit seinem Fahrzeug von A nach B unterwegs und hatte ein Motiv für seine Fahrt.
Wenn er unter Zeitdruck gestanden hätte, das Wetter schlecht gewesen wäre oder sich auf der engen schluchtartigen Straße keine geeignete Haltemöglichkeit geboten hätte und oder andere behindernde Faktoren gegen einen Halt gesprochen hätten, wäre seine Entscheidung vielleicht anders ausgefallen. Und solche rationellen Dinge sind somit in seine Überlegungen eingeflossen und haben seine Entscheidung bewusst beeinflusst.
Nach diesem Ereignis wird er sich sicherlich gesagt haben, da habe ich aber unverschämtes Glück gehabt, gut daß ich auf meinen Bauch gehört habe und ist sich in Wirklichkeit gar nicht darüber bewusst, daß dieses Gefühl, das ihm zum Anhalten riet, erst einmal zur Realisierung überprüft werden musste und ob dies in jener Situation überhaupt möglich war.
Auf der Autobahn halte ich schließlich auch nicht an, weil ich das dringende Bedürfnis verspüre, mir die Landschaft anzuschauen, mag sie noch so schön sein.

Zitat:
Seine "Ichsimulation", wenn ich das immer noch so formulieren darf, folgte nur diesem starken Impuls, anzuhalten, konnte ihn sich - gerade weil er im Zusammenhang mit dem Felssturz solches Gewicht erhielt - hinterher aber nicht erklären und griff somit auf bewährte Interpretationsmuster zurück, die Menschen seit der Steinzeit für Unerklärbares pflegen: Göttliche Fügung, Schicksal, höhere Ordnung usw...
Der starke Impuls war, wie ich gerade erläuterte, nur der Auslöser, der nach einer Entscheidung verlangte, die nach den vorgegebenen Bedingungen getroffen wurde und werden musste.
Wie lange der Prozess der Entscheidungsfindung benötigte, ist hierbei überhaupt nicht relevant, das kann in Sekundenbruchteilen ablaufen.
Das Unerklärliche überlassen wir an dieser Stelle zunächst der Spekulation des Betroffenen.

Zitat:
Betrachten wir die Tatsachen: Das Zusammentreffen der Entscheidung, anzuhalten, und dem Steinschlag kann - und war letztlich auch - rein zufällig. Nur unser Geist will bei Ereignissen, die solch großen Einfluss auf uns haben, einfach nicht daran glauben. Er verbindet diese Ereignisse zu einer - für ihn logischen und folgerichtig erscheinenden - Kette, die einander in seinen Augen bedingen MUSS, weil er sonst ja tot wäre usw...
Wir projizieren die EIGENE Sicht von Wichtigkeit auf die Ereignisse (weil sie dank ihres direkten Aufeinanderfolgens für unser eigenes Dasein so bedeutend wurden) und verleihen ihnen damit ein Gewicht, das sie - jedes für sich - so nie gehabt hätten. Man sagt dann gern: Das KANN kein Zufall gewesen sein!
Denkfehler! Es KANN sehr wohl!!!
Lösen wir uns einmal vom Zusammenhang der beiden Ereignisse und betrachten diese aus der Perspektive eines außenstehenden Beobachters, der außerhalb von Zeit und Raum steht und die Einsicht in alle Ereignisse hat.
Zum einen haben wir also das Anhalten des Mannes auf seiner Fahrt, zum anderen den Hangsturz.
Beiden Ereignissen aber wohnt, zunächst unabhängig voneinander, die Verkettung einer Vielzahl von Gründen inne, ohne die sie gar nicht hätten stattfinden können.

Der Hang ist seit unendlichen Zeiten Wetter und tektonischen Einflüssen ausgesetzt. Zudem hat der Mensch dort eine Straße gebaut und somit auch noch seinen Einfluss darauf genommen.
Schließlich wurde seine ganze Existenzlage so instabil, daß es nur noch eines letzten auslösenden Grundes bedurfte, um ihn genau zu dem Zeitpunkt zum Einsturz zu bringen, als unser Protagonist in der Nähe war.
Da die Bedingungen so und nicht anders waren, musste der Hang also zu diesem Zeitpunkt unweigerlich einbrechen, er konnte gar nicht anders.

Der Mann aber hatte ein Motiv für seine Fahrt, welches wiederum durch andere Dinge begründet war. Er traf dadurch bedingt eine Entscheidung, die ihn zwangsläufig im fraglichen Zeitraum auf eine Strecke von A nach B führte, auf der dieser Hangsturz geschehen würde, von dem er freilich nichts wissen konnte.

Als außenstehender Beobachter, der Einblick in die Dinge hat, sehe ich nun, wie der Mann losfährt, seine Strecke wählt und sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit fortbewegt.
Und ich sehe die Entwicklung des Hangs und die Dinge, die auf diesen zukommen werden, so daß es einer simplen mathematischen Rechnung bedarf, um zu sagen, wann dieser einbricht und wo jener sich zu diesem Zeitpunkt befinden wird, wenn die Bedingungen stabil bleiben.

Wäre er also weiter gefahren, wäre er jetzt vielleicht tot und unter den Steinmassen begraben. Das ist jedoch nicht geschehen, weil er nach rationellen Überlegungen einem plötzlichen Impuls nachgab und die Bedingungen sich dementsprechend änderten.
Dies findet aber auch seinen Grund in dem Mann selbst, denn wäre nur seine momentane Gemütslage anders gewesen, hätte er den Wunsch nach der Landschaftsbetrachtung gar nicht erst verspürt und der Impuls wäre ausgeblieben. So war es also unvermeidlich, daß er anhält und nicht von den Ereignissen "überrollt" wurde.

Zufälle gibt es also gar nicht, sondern lediglich eine Menge unbestimmter Faktoren die wir weder beeinflussen können noch wollen.
An Zufälle zu glauben, hieße an Wunder zu glauben.

Ganz spekulativ könnten sogar die Schallwellen des Motors als letzter auslösender Grund in der engen Schlucht den Hang zum Einsturz gebracht haben.

Zitat:
Zurück zur Hirnforschung: Wie gesagt, seine Entscheidung war bauchgesteuert. Sein bewusstes Ich reagierte und setze sein Wollen in die Tat um. Die Ursachen können vielfältig sein: Er wollte - unbewusst - eine schöne Landschaft genießen, musste vielleicht pinkeln. Oder das Ereignis überwältigte ihn so sehr, dass er sich hinterher nicht mehr an den ursprünglichen Grund seines Anhaltens erinnern konnte (oder wollte!), weil es nicht in die so wunderbar sich fügende "Legende" gepasst hätte. Eine gute Geschichte ist eben immer besser als eine nüchterne Wahrheit. Da biegt man sich oft was zurecht und glaubt nach einiger Zeit vielleicht sogar selbst daran.
Nein, lediglich der Impuls, also der auslösende Reiz war bauchgesteuert, nicht aber die Entscheidung als solche, die in einer solchen Situation, nämlich als der Führer einer Maschine, abgewogen werden musste.
Egal ob er schauen wollte oder pinkeln musste, das sind beides keine stichhaltigen Gründe um einem solchen Impuls sofort und ohne Überlegung nachzugeben. Wie schon gesagt, das mache ich auch nicht auf der Autobahn.
Wenn ich merke, daß ich starken Harndrang habe, ist es mir klar, daß ich anhalten muss, damit mir nicht die Blase platzt, dafür ist dieser Reiz ja da, jedoch bestimme ich die Gelegenheit selbst nach vernünftigen und rationellen Überlegungen.
Letztendlich ist wohl ein Fakt, daß wenn ich eine weitere Strecke fahre, irgendwann einmal anhalten muss, um mich zu erleichtern, das ist jedoch keine relevante Entscheidung, weil der Zeitpunkt sowieso schon feststeht, wann dieses spätestens passieren muss, denn es ist davon abhängig, wie viel und welche Flüssigkeit ich zu mir genommen habe und wie gut momentan meine Nieren funktionieren, wobei wir wieder beim Satz vom zureichenden Grunde wären, der sämtliche Zufälle ausschließt.

Zitat:
Man muss sich nur mal vor Augen halten, wie sehr sich schon einfachste Beobachtungen in Zeugenaussagen unterscheiden oder gar widersprechen. Wir funktionieren eben extrem subjektiv, bilden uns aber gern ein, wir würden alle die Umwelt relativ objektiv wahrnehmen. Pustekuchen!
Das mag vielleicht für einfache Gemüter und damit den großen Teil der Menschheit gelten, jedoch nicht für diejenigen, die sich dieser Tatsache durchaus bewusst sind.
Die Welt ist meine Vorstellung, wie Schopenhauer schon sagte.
Alle Sinneseindrücke sind bloße Reize und jene kann ich nur nach den mir gegebenen Fähigkeiten verarbeiten und verstehen.
Hier stimme ich uneingeschränkt zu.

Zitat:
BEWUSST funktionieren wir eben nur bei solchen Gelegenheiten wie dieser hier: Wenn es um "geistige" Inhalte geht. Aber schon der "Gusto" auf was anderes (Tasse Kaffee, Hunger, Durst, ungeklärte Probleme, soziale Mechanismen, ...) lenkt uns ab, und schon wieder folgen wir einem unbewussten Impuls, der uns - ohne dass wir an Manipulation auch denken würden, da wir nicht bewusst zwischen geistigen und unterbewussten Befehlen unterscheiden - woanders hindrängt, obwohl wir diesbezüglich nie eine fundierte geistige Entscheidung getroffen hatten.
Das wäre nur dann richtig, wenn jeder von uns nur ein bestimmtes Ziel verfolgen würde.
Es ist durchaus möglich, daß ich eine Tätigkeit unterbreche, um zu Essen, weil ich Hunger oder Durst habe, um auszutreten, wenn ich Harndrang verspüre oder sonstige körperliche Bedürfnisse erfüllen will/muss, jedoch nicht zwangsläufig notwendig und gegeben, weil mir die Entscheidung immer noch selbst obliegt, ob ich damit warten kann oder will. Daß ich es irgendwann tun muss, ist hingegen keine Frage. Aber auch dieses kann ich bewusst tun.
Die Tasse Kaffe ist dafür ein gutes Beispiel.
Immer wenn ich Kaffe rieche, läuft mir das Wasser im Munde zusammen und ich könnte vor Sehnsucht fast vergehen, weil ich ihn wirklich gerne mag.
Jedoch werde ich mich jedes Mal bewusst dagegen entscheiden, weil ich weiß, daß er mir nicht bekommt und bei mir Gallenkoliken auslösen kann.
Das ist also wiederum eine bewusste Entscheidung zwischen zwei Alternativen, die ich gegeneinander abwägen muss.
Entweder dem Wunsch nachgeben und in Kauf zu nehmen dabei krank zu werden, oder verzichten, weil mir mein Wohlbefinden mehr bedeutet.
So geht es mir übrigens auch mit dem Alkohol, auf den ich bewusst seit vielen Jahren verzichte. Und zwar nicht, weil er mich krank macht, sondern aus rationellen Entscheidungsgründen heraus, die ich für mich getroffen habe.
Ungelöste Probleme und soziale Mechanismen hingegen setzen schon wieder ein bewusstes Denken an Konsequenzen oder Folgen voraus.
Ob solche Entscheidungen immer vernünftig sind, mag dahingestellt sein, aber sie werden dementsprechend trotzdem bewusst gefällt.

Zitat:
Das Bewusstsein baut diese Entscheidungen wie selbstverständlich hinterher in sein Selbstbild ein, sodass der Eindruck entsteht, wir hätten uns - also als Ganzes, MIT Hirn eben - dafür entschieden, aber dem ist eben nicht so!
Entschuldige bitte, wenn ich an dieser Stelle die vielleicht naive Frage stelle, wer dann für uns entscheidet?
Unser Bauch, bestimmte Reize oder irgendeine abstruse äußere Kraft?
Wer bitte entscheidet für mich, wenn nicht ich als Ganzes und zwar mit und durch mein Hirn?
Von wem werde ich also fremdgesteuert?
Selbst wenn es nur Gefühle, Instinkte, Triebe, Mechanismen sein sollten, so sind diese aber immer noch meine eigenen, die in mir sind, die mich ausmachen und damit meine Persönlichkeit.
Niemand kann mich zwingen etwas zu tun oder zu entscheiden, wenn ich es als Ganzes nicht will. Das Schlimmste, was man mir androhen könnte, wären körperliche und seelische Schmerzen oder meine Vernichtung.
Wenn ich es aber schaffe, die Ängste davor zu überwinden, dann kannst du tun und lassen, was du willst, dann wirst du keinen Einfluss auf meine Entscheidungen nehmen können.

Zitat:
Deshalb auch sprechen die Hirnforscher von Ichsimulation - nicht zuletzt, weil wir tatsächlich nur sehr wenige Entscheidungen MIT Hirn treffen. Wir denken bloß, es wären mehr, weil sich unser "Geist" eben meist nur an ebendiese Entscheidungen auch "bewusst" erinnert! (So wie in verblassender Erinnerung die "guten alten Zeiten" immer "schöner", immer verklärter werden - man erinnert sich eben nur an das Gute.)
Die Hirnforscher können das Ding meinetwegen nennen, wie sie wollen, wir treffen alle Entscheidungen mit Hirn, dafür ist dieses Organ nämlich da.
Daß dabei viele Prozesse unbewusst, ja automatisch ablaufen, will ich gar nicht in Abrede stellen, wahrscheinlich wären wir sonst auch überfordert, doch ich bleibe dabei, daß alle relevanten Entscheidungen nach den Fähigkeiten meines abstrakten Denkapparates getroffen werden.
Das nämlich unterscheidet uns von den anderen Lebewesen auf unserer Erde.

Zitat:
Nach reiflicher Erprobung dieser Erkenntnisse am eigenen Dasein konnte ich diesen Aussagen nur beipflichten. Du - als vom Wert und der Bedeutung des Geistigen Überzeugter - möchtest es natürlich gern anders sehen, weil eine solche Sicht der Dinge den "Wert" des eigenen Selbst zu schmälern scheint.
Das möchte ich nicht nur gerne anders sehen, das ist auch anders, was schon dein Satz beweist: "Nach reiflicher Erprobung dieser Erkenntnisse am eigenen Dasein konnte ich diesen Aussagen nur beipflichten."
Das ist nämlich nur auf rein geistiger Ebene möglich, wie so viele Dinge, die nur auf dieser Ebene ablaufen können.
Nehmen wir nur einmal die Mathematik, eine Wissenschaft die rein a priori existiert, weil sie nur analytische Urteile enthält und die Grundlage für alle uns bekannten Wissenschaften darstellt, ja ohne die wir wahrscheinlich gar keine Wissenschaften hätten.
Eine rein geistige Wissenschaft also, auf deren Basis erst alle Erkenntnisse möglich werden, sogar die der Hirnforscher.
Da geht es gar nicht mehr darum, den Wert des eigenen Selbst zu überschätzen oder zu schmälern, sondern nur noch um das Erkennen.

Zitat:
Da kommt dann wieder die anthroprozentrische Selbstüberschätzung ins Spiel,
die den Menschen gern als "Krone der Schöpfung", als "Herrn der Erde" - oder, wenn schon das nicht, so doch wenigstens als "Herr seiner selbst" sehen möchte. Nun, nicht einmal DAS sind wir offenbar. Schade. Soviel Philosophie für nix und wieder nix! Ein Pech aber auch....
Nun, ich ziehe den Anthropozentrismus auf jeden Fall dem Theozentrismus vor.
Hier, wo ich bin, ist der Mittelpunkt meines Universums, denn alles andere existiert außerhalb von mir.
Ich gehe nicht so weit zu behaupten, daß es nur für mich existiert, denn ich sehe mich lediglich als einen Teil der Natur, auf die ich in meiner Existenz angewiesen bin, die es deshalb zu schützen gilt, da sie einzigartig und damit für den Menschen unverzichtbar ist, weil wir sie, von materiellen Belangen abgesehen, brauchen, um gut und glücklich leben zu können und die deshalb respektvoll zu behandeln ist, nicht zuletzt auch darum, um zu lernen auch friedvoller und besser untereinander und miteinander umzugehen.
Darin sehe ich nichts Verwerfliches.

Und jetzt mal ganz ehrlich: Was hat die Natur Perfekteres als den Menschen hervorgebracht, dieses hochkomplexe Lebewesen, das in der Lage ist, abstrakte Gedanken zu entwickeln und sich überhaupt um die eigene und die Existenz aller anderen Dinge, einschließlich der Natur selbst, bewusst zu werden?

Und daran wird auch alle Wissenschaft nichts ändern können, weil diese eben auch nur ein Menschwerk ist, also erst durch den Menschen ihre Daseinsberechtigung gefunden hat und seine eigene Schöpfung ist.

Und die will mir nun einreden, ich sei nur eine Ichsimulation und ein funktionierender und denkender Zellhaufen?

Fragt sich also letztlich, wer sich da selbst überschätzt, der Schöpfer oder seine Schöpfung, nicht wahr?


Liebe Grüße

Falderwald


PS: Ich habe den ganzen Faden jetzt mal in das neue Forum kopiert.
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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