Thema: stummfilm
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 06.09.2015, 10:19   #8
Bodo Neumann
Gesperrt
 
Registriert seit: 14.12.2014
Beiträge: 351
Standard

Hallo Wolo,

dein Stummfilm gefällt mir richtig richtig gut, obwohl mich Sonette (du weißt es vielleicht) häufig nicht ansprechen. Deshalb habe ich mich gefragt, warum gerade dieses mich erreicht. Hier das Ergebnis meiner kleinen Analyse:

Zuerst gefällt mir die Metapher des Stummfilms für die Darstellung des Gemütszustandes des LI - das ist ein sehr passendes Bild. Das ist dir meiner Meinung nach in S1 noch besser gelungen als in S2. Hier tauchen Hintergrundgeräusche auf (zischeln, Dämpfer), die das Bild der absoluten Stille aus S1 etwas aufweichen. Mag sein, dass das beabsichtigt ist. Auch gefällt mir das Bild eines Autos auf Samtpfoten nicht ganz so. Irgendwie sehe ich den Wagen dabei vorbeischreiten...
Die Ruhe wird formal unterstützt durch Aussagen, die jeweils am Versende abgeschlossen sind.

Ganz stark finde ich den letzten Vers des 2. Quartetts. Der plötzliche Schrei, zusätzlich verstärkt durch die optische Absetzung in die nächste Zeile, erzeugt Spannung. Danach gelingt es dir, durch stakkatoartige Wortwahl und versübergreifende Aussagen (im Gegensatz zu den ruhigen Quartetten) ein verzweifeltes Tempo aufzunehmen. Gerade dieser harte Übergang hat es mir angetan, eben weil hier die Form den Inhalt so wunderbar unterstützt. Es entsteht kein Geleier, keine Langeweile - es reißt mich wirklich mit. Das könnte ich mir auch als Songtext sehr gut vorstellen.

Agnetas "metrische Einwände" kann ich nachvollziehen. Lastwagen, Samtpfoten - das gleiche hatten wir ja schon bei den Erdmännchen diskutiert. Gut vorgetragen, d.h. die letzte Silbe möglichst schwach betont, kann es durchaus funktionieren. Aber zunächst stolpert man einfach drüber. Aber ich möchte das Thema hier nicht aufwärmen. Das hast du alles mit Agneta schon besprochen.

Gruß Bodo


Bodo Neumann ist offline   Mit Zitat antworten