Thema: Glauben
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Alt 04.03.2014, 19:19   #3
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Moin wüstenvogel,

wie versprochen, habe ich mich nun hier eingefunden.

Die Worte des Siddhartha Gautama sind in ihrer Weisheit nicht zu übertreffen.

Sie richten sich allerdings an denjenigen, der auch bereit ist, seinen eigenen Glauben zu hinterfragen (was er als ehemaliger Hindu ja wohl getan hat).

Alles was ich z. B. über das Christentum erfahren habe, erfuhr ich durch die Unterweisung anderer.
Teils waren es für mich damals Weise, zum Teil glaubte ich daran, dass alle um mich herum daran glaubten, ich habe es gelesen, es wurde in meiner Gegenwart in Messen geheiligt, meine Mama glaubt(e) und ich tat das auch.

Ich war damals noch ein Kind und deshalb hätten mich des Bhuddas Worte auch nicht erreicht, denn ich war davon überzeugt, es müsse so sein und nicht anders.

Doch ich nährte von Anfang an einen steten Zweifel in meiner Brust und je älter ich wurde, desto abstrakter erschien mir diese Religion, denn alles was man mir im privaten Umfeld, in der Schule und in der Kirche darüber erzählte, stand im krassen Widerspruch zu dem, was sich meinem eigenen Weltbild offenbarte.

Es gab Not, Elend, Hunger und Kriege, Verbrechen, Krankheiten, Ungerechtigkeiten und all die negativen Dinge, um dessen Beseitigung oder Linderung so fleißig überall gebetet wurde.

Und es änderte sich nichts, im Gegenteil, je mehr ich betete, umso grausamer erschien mir diese Welt, denn es sollte ja einen allmächtigen und liebenden Gott geben, in dessen Macht es gestanden hätte, Frieden, Glück und ein gesundes und auskömmliches Leben für alle Menschen zu schaffen.
Doch dies wollte oder konnte er anscheinend nicht.
Das hieß für mich, entweder er ist nicht allmächtig oder ihm fehlt jegliche Bereitschaft, diese Dinge abzustellen.

So stellte ich also meine Fragen und ich bekam zur Antwort, dass die oben genannten Zustände Teile des Bösen und damit Prüfungen seien, die wir alle im Laufe unseres Lebens meistern müssten.

Warum das so sei, wollte ich wissen und man verwies mich auf Adam und Eva, deren ungehorsames Verhalten für die Vertreibung aus dem Paradies verantwortlich gewesen sei. Von da an sollte der Mensch sich selbst versorgen.

Aha, fragte ich, dann ist also dieses liebende und allmächtige Dogma eigentlich ein rächendes, nicht verzeihendes Dogma?

Nein, nein, bekam ich zur Antwort, so dürfe ich nicht denken und solche Fragen auch nicht stellen.
Denn nur wer an das Dogma und seine liebende Gerechtigkeit glaube und nach seinen Geboten handele, werde eines Tages die Erlösung von all den genannten Übeln erlangen. Das sei das Ziel.

Ich blieb hartnäckig und hakte nach, ich fragte, warum aber soll ich zunächst durch diese weltliche Hölle gehen, wenn mich das Dogma liebt und mir in seiner Allmächtigkeit durchaus sofort ein angenehmes Leben ermöglichen könnte?
Warum schickt er mich in einem sterblichen Körper in diese Existenz, lässt mich das alles durchmachen, nur um mich danach zu erlösen?
Welchen Sinn ergäbe das und wofür?
Was will ein solches Dogma mit so unvollkommenen Lebewesen wie den Menschen?
Sind wir nur ein Zeitvertreib für ein Dogma, das sich auf unsere Kosten unterhält, so wie wir es Abend für Abend am Fernsehschirm tun?

Nun ja, die Antwort, die ich auf all meine Fragen bekam, war immer dieselbe: Des Dogmas Wege seien eben unergründlich.

Und da wurde auch ich zu einem Erleuchteten, einem Erwachenden, meine Kindheit fiel von mir ab und damit auch dieser Glaube, denn ich erkannte als wahr, dass es diese(s) Dogma(en) ohne die Menschen gar nicht gäbe.

Es waren ihre Erfindungen. In den Anfängen vielleicht als Trost und Hoffnung und ethische Lehre für das sterbliche Leben gedacht, später als universelle Machtinstrumente, denn die Priesterkasten hielten ja die Schlüssel und die Antworten für das Jenseits parat.

Und jede Religion besitzt ihre speziellen und einzig richtigen Antworten, die für das ganze kleine Universum Gültigkeit besitzen.

Von da an konnte ich mein kleines sterbliches Leben nicht mehr jenem Mummenschanz weihen, der mir was über den Tod erzählen wollte, während ich noch lebte.
Also wurde ich selbständig Denkender und nahm mein Weltbild in die eigenen Hände, wie es auch Siddharta einst tat.

Der wusste, wovon er sprach.

So kann ich deinem Text nur teilweise zustimmen.

Ich bin durchaus bereit an mich selbst zu glauben und ebenso an einige andere. Das Leben besitzt für mich das höchste Gut.
Eine Schöpfung hat es niemals gegeben, vielmehr gab es eine Entwicklung und eine Entstehungsgeschichte.
An einen Gott (an welchen der vielen menschlichen Götter auch?) kann und will ich nicht glauben.
Es gibt viele fremde Ideale, die nichts wert sind und nur Schaden anrichten, das sollten wir nicht vergessen.
Unrecht, Not und Leid werden niemals ein Ende haben, solange es Menschen gibt. Es sind ausschließlich ihre Eigenschaften und nur sie können solches bewusst erfahren.

Wenn mit Glaube in der zweiten Strophe der Glaube an sich selbst und an die Liebe gemeint ist, dann möchte ich dem zustimmen, jedoch anmerken, dass dies ebenfalls nur menschliche Eigenschaften sind.
Und wenn diese eines Tages mit der Menschheit aussterben, dann wird es sehr wohl eine Zukunft geben, denn die Menschheit mit all ihrem Glauben und ihren Dogmen sind nur ein winziger, völlig unbedeutender Teil dieses Universums und mit ihrem Verschwinden wird weder die Zeit still stehen, noch das All untergehen.

Deshalb kann ich dem Glauben, auch meinem eigenen, keine allzu große universale Bedeutung zumessen.

Ups, das war wieder länger, als gewollt.


Gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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