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Alt 01.10.2013, 03:11   #2
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus larin,

das Gedicht ist formal untadelig, über den Inhalt aber lässt sich wahrlich diskutieren.

Natürlich ist es richtig, dass das zentrale Nervensystem bestimmte biologische Funktionen koordiniert, das ist zweifelsohne überlebenswichtig, wenn wir uns den Umstand vor Augen führen, dass Funktionen wie z. B. die Atmung (Herzschlag, Verdauung, Blutkreislauf etc.) automatisch ablaufen.
Man stelle sich nur einmal vor, das Atmen würde einfach vergessen. Die Folge wäre der unweigerliche Tod nach wenigen Minuten ohne Sauerstoff.
Es wäre auch sehr lästig und umständlich, wenn wir unseren Willen auf solche Dinge konzentrieren müssten. Wahrscheinlich wären wir damit sogar überlastet und somit nicht mehr in der Lage, andere Dinge auszuführen.

Daraus allerdings zu folgern, das "irgendwer", den wir gar nicht wirklich kennen, irgendetwas mit uns anstellt, entzieht sich meiner Logik, denn wie im Text richtig angemerkt ist, sind die automatisch ablaufenden Eigenschaften des zentralen Nervensystems Bestandteile jedes biologischen Lebewesens, das, zunächst einmal, von der Natur auf das Überleben programmiert ist.

Alle komplexeren Lebewesen benötigen ein solches System mit diesen Funktionen. Dieses als Steuerungssystem anzusehen aber ist nicht korrekt, denn im eigentlichen Sinne steuert das ZNS nicht, sondern dient "lediglich" zur Aufrechterhaltung der Funktionalität des Gesamtorganismus'.

Alles was darüber hinausführt aber unterliegt dem individuellen Willen und kann somit auch willentlich beeinflusst werden.
Der Mensch trifft also durchaus bewusst und willentlich eine ganze Menge seiner Entscheidungen selbst, die zwar zugegebenermaßen von vielen Faktoren beeinflusst werden, aber eben auch durch Reize außerhalb seines Organismus' hervorgerufen werden können und nicht durch ein imaginäres "ES", wie es uns die Psychoanalyse weiszumachen versucht.

Die Conclusio in diesem Text erscheint mir zu kurzgegriffen und oberflächlich betrachtet zu sein, denn die Aussage "Wir sind nicht Herr im eigenen Haus" widerspricht allen ethischen und moralischen Grundsätzen.
Denn wenn es so wäre, könnte niemand für seine Handlungen verantwortlich gemacht werden.

Der Mensch aber hat sich als gesellschaftliches Lebewesen Gesetze und Regeln des Zusammenlebens gegeben und es unterliegt ganz allein seinem individuellen Willen, seine Handlungen daran zu orientieren oder eben nicht.

Und das ist auch nur logisch.

Natürlich ist das rein menschliche Logik, aber es komme mir jetzt niemand mit dem Argument und frage, welchen Stellenwert die menschliche Logik einnimmt, denn wir besitzen und kennen nur diese.
Und solange dies der Fall ist, besitzt auch nur diese Logik Gültigkeit für uns, denn alles andere erscheint durch übertriebenes Gefühl und Sentimentalität bestimmtes Denken und Verhalten, was bei der Erörterung solcher Philosopheme keinen wirklichen Wert besitzt, weil es nicht weiter bringen kann.

Das sind Dinge, mit denen sich Religionen auseinandersetzen dürfen, nicht aber ernstgemeinte wissenschaftliche und damit meine ich auch philosophische Betrachtungen.

Die Psychoanalyse ist ein Dinosaurier des vorletzten und letzten Jahrhunderts und lediglich ein psychologisches Theoriegebäude, das bei näherer Betrachtung in sich zusammenstürzt und sich dabei selbst als Pseudowissenschaft entlarvt, oder wie es Karl Popper ausdrückt, bei der es sich um einen doppelt verschanzten Dogmatismus handelt.

Das jetzt weiter auszuführen, ginge aber zu weit.

Es lag mir nur daran, diesen Text nicht widerspruchslos einfach so hinzunehmen, denn der Mensch ist ein kreatives Lebewesen und keineswegs lediglich fremdbestimmt und ein Gefangener seiner selbst.


In diesem Sinne gerne gelesen und diskutiert...


Liebe GRüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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