Thema: Erst gestern
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Alt 27.06.2011, 19:44   #2
Stimme der Zeit
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Hallo, Walther,

auf den "Punkt" gebracht. Ich denke, ich plaudere ein wenig "aus dem Nähkästchen". Das Gedicht beschreibt ein Phänomen, zu dem ich von einer Tatsachengeschichte berichten möchte.

Entgegen dem gängigen Vorurteil, Hartz-IV-Empfänger wären "faule Nutznießer" von Steuergeldern, gab es eine Gruppe, die an einem Computerkurs teilnahm. Letzten Winter, als wir saftige Minusgrade hatten. Der Kurs fand in einem von einer kirchlichen Institution bereitgestellten Gebäude statt.

Es dauerte 2 Wochen und benötigte die Intervention der "höheren Etagen" im Sozialunternehmen, damit - tata - die Heizung endlich eingeschaltet wurde. Nachdem die "Faulen" mit dicken Jacken, Schals und Handschuhen 14 Tage lang täglich 4 Stunden tapfer bis in Mark gefroren hatten.

Als die Teilnehmer vor dem Gebäude standen, wies der Pfarrer sie darauf hin, dass sie "hier nicht herumlungern sollten", sondern sich hinter das Gebäude begeben müssten. Dort befand sich ein Aschenbecher, der seit langer Zeit, festgeschraubt übrigens und schon leicht rostig, als "Raucherpunkt" diente. Er wurde dann eine Woche später prompt abmontiert.

Des weiteren fand dort jeden Donnerstag ein Marktcafé statt. Preiswerter Kaffee und Kuchen - den Kursteilnehmern wurde der Besuch des Cafés auch nach dem Erwerb von Marktwaren nicht gestattet ...

Wie oft dieser Pfarrer wohl schon "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" von seiner Kanzel herab gepredigt hatte? Derselbe, der dann den Hartz-IV-Empfängern gegenüber von "Herumlungern", vom "Stören bzw. Belästigen der Marktbesucher", von "froh sein, dass sie überhaupt hier geduldet werden bzw. hier sein dürfen" sprach - um anschließend mit den wohlhabenden "Damen" seiner Gemeinde Kaffee zu trinken und Kuchen zu essen ...

Ein Verhalten, das nicht nur in Lyrikforen auftritt, und das mir meine persönliche Meinung wieder einmal bestätigt hat.

Eine Moral für mich - und eine für alle anderen ...

Ob dieser "Kirchenmann" seine Machtausübung genossen hat? Davon bin ich, ganz privat, absolut überzeugt. Geil, andere herum zu schubsen, und ihnen die "Meinung geigen" zu können. Während man selbst doch der ultimative Ausbund menschlicher Tugenden ist.

Leider, lieber Walther, gibt es zu viele, die nicht "stürzen", obwohl sie es wahrhaftig verdienten.

Die Intention deines Sonetts habe ich natürlich verstanden, und ja, manchmal stürzen sich diese Menschen selbst von ihrem "hohen pseudo-moralischen Sockel". Manchmal, aber immer noch viel zu selten ...

Gerne gelesen, gerne kommentiert. Ich hoffe, du verzeihst mir meine kleine "Geschichte", da sie der Thematik doch sehr nahe kommt.

Und, ich vergesse das natürlich nicht: Einwandfreie Arbeit - sowohl in der Ausführung als auch bezüglich des Inhalts.

Dämonisch liebe Grüße

Stimme
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