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Alt 19.12.2015, 03:28   #2
Lailany
Kiwifrüchtchen
 
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Kia ora Wolo

Zitat:
Zitat von wolo von thurland Beitrag anzeigen
Vergangnes Schwanen schwingt noch in den Köpfen,
Erinnerung an erste Ernstbarkeiten,
die Ring an Ring zu langen Reihen reihten,
woraus wir heut und hier noch Hoffnung schöpfen.

Lebendges Hoffen lässt den Leib sich strecken,
macht muntren Morgengruß zum Maß des Glücks,
bringt kampflos in Besitz des besten Stücks,
mutiert aus müden Kämpfern mächtge Recken.

Wir stoßen ständig nun an unsre Grenzen,
die wir nicht fühlten früher, frei von Tränen,
gleich stolzen, muskulös beschwingten Schwänen.

Nach all den lauten, angenehmen Lenzen
will uns das Greise in die Grube schlenzen.
Wir aber wollen uns als Schwäne wähnen.
Ein fein gelungenes Stück Lyrik mit trefflicher Wortfindung und schöner melodischer Sprachführung.
Besonders gefällt mir die gemächlich, dennoch kraftvoll und klar gezogene Linie, mit der du die Stationen des Lebenswegs zeichnest.
Das Bild des Schwanes als Gleichnis auszuwählen, war eine prima Idee. Gefällt mir. Sehr sogar.
Das Wortspiel Schwan - schwanen ebenso. Das ist ein Sahnehäubchen.
Wortspiele wie diese passen selten in solch ernsthafte Texte.

"erste Ernstbarkeiten" sähe ich auch als ein Sahnehäubchen an, da es aber dieses Wort nicht gibt, muss man schon ein Häppchen Toleranz und ein paar mehr Häppchen Zeit aufbringen, um sich damit anfreunden zu können.
"schlenzen" kannte ich nicht, nachdem ichs mir ergoogelt hatte, macht es genau an der Stelle in Verbindung mit "das Greise" perfekt Sinn. Zuvor erschien es mir flapsig, cool und nur der Reimpartner des Lenzen zu sein, zumal es dazu nur wenige gibt.
Da ich aber weiß, dass ein Wolo sich nicht mit solch unbeholfenen Notlösungen über Hindernisse hievt, musste ich nachgucken und hab wieder was
dazugelernt.

Ein paar Kritikpunkte hab ich auch.

Das dg in "lebendges" knödelt gewaltig im Mund. Wie wenn man beim Essen in eine Knorpel beisst und sie im Stück runterwürgt, zu höflich, sie auszuspucken.
(Manche mögen Knorpeln und zerkauen sie sogar genüsslich. Mir grausts davor.)
So wie beim dg. Das will ich mir nicht reinwürgen lassen, nicht ohne aufzuschreien.

Zumal du mit "mächtgen" versuchst, mir noch eine zweite Ungenießbarkeit reinzuwürgen.
Ob nun mit oder ohne Knorpel, "mächtige Recken" gefällt mir gar nicht. Diese Combo wäre in einem Märchenbuch besser aufgehoben als in diesem Text. Nicht der Recke, "mächtige" ist der Störenfried. Das solltest du ehestmöglich loswerden. Ist ja nicht so, dass es dir an Einfällen gebricht.

Bei "muntren" verziehe ich zwar das Gesicht und schlucke es. Aber nicht, ohne mit dem Finger draufgezeigt zu haben.

"Mutiert aus"... ich glaub nicht, dass das so geht.
Mir ist nur "mutieren zum", sowie "mutieren zu" bekannt und geläufig.

Wir stoßen ständig nun an unsre Grenzen...
Wir stoßen immer öfter an die Grenzen....
Zu viele und zu offensichtliche Füllsel, was nach der ansonsten gediegenen Wortfindung besonders auffällt. Ein spontaner Vorschlag:
So stoßen ständig wir an unsre Grenzen, die wir nicht fühlten früher...
Vllt noch nicht das Gelbe vom Ei, aber zumindest als Gedankenanstoß.
Anstatt unsre würde ich "diese" Grenzen schreiben. Wäre mM einen Tick passender zu dem, was folgt und obendrein würde das "unsre" wegfallen.
Auch wenn letzteres nur eine Peanut ist, soll sie doch nicht unerwähnt bleiben.

Deine Texte sind gut durchdacht, die Worte sorgsam gewählt, Schludrigkeit kann man bei ihnen auch keine finden.
Bei solcherart Texten fallen dem aufmerksamen Leser eben auch Peanuts auf.

Last but not least: Gerne gelesen und mich damit beschäftigt. Und gerne meinen Senf hiergelassen.
Ist eine Weile her, dass ich einen so ausführlichen Kommi schrieb, aber es hat Freude gemacht.

Es grüßt Lai

PS: bringt kampflos in Besitz des besten Stücks
Sollte es nicht anstatt "in" nicht dort ein "den" hin?
So, wie die Zeile formuliert ist, erscheint sie mir unrichtig.
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"Manchmal ist es so demütigend, ein Mensch sein zu müssen..." Erich Kykal

Geändert von Lailany (19.12.2015 um 03:56 Uhr)
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