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Alt 01.03.2010, 23:46   #4
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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hallo louis,

ich wollte zwar schon abschalten , aber : jetzt MUSS ich einfach widersprechen!

vorweg erstmal: ein schönes sonett hast du geschaffen, zu einem ernsten und wichtigen thema.
allein der inhalt reizt mich etwas zum widerspruch ( und vielleicht auch zur ehrenrettung der menschheit)

diese behauptung : "niemand sieht mehr....- nur die dichter ..." ist eine so schreckliche verallgemeinerung einer persönlichen emotion, ein drüberstülpen über alles und jedes, dass es mir dabei den magen umdreht!

ich schätze dich höher ein, und darum möchte ich dir einen denkanstoß geben.

Zitat:
Der Blick fürs Schöne ist den Menschen längst vergangen,
.

Nein. Das glaube ich nicht. Natur begeistert immer noch viele.
Aber im hektischen Getriebe der Stadt gibts nicht viel Natur, da ist alles aufs Funkionieren ausgerichtet. Der Blick ist von Glas- und Steinwänden umstellt.
wo sollte da begeisterung herkommmen. es gibt außerdem auch leute, die das stadtleben sehr lieben!

Geschmack ändert sich von zeit zu zeit. moden kommen und gehen.
wenn ich mir allein fotos von mir selber ansehe, was ich da für zeug getragen habe vor 10, 20, 30 jahren oder die frisuren, die ich früher hatte, dann denke ich mir jedes mal: oh mein gott, wie konnte ich nur....?

keiner steht bewundernd vor Dingen? keiner? wirklich?
ich tue das ab und zu mal. du tust es auch. wie ich falderwalds und Danas kommentaren entnehmen kann und in vielen gedichten schon gelesen habe, tun die es auch. seid ihr alle also auch alle "keiner"?
fakt ist: dichter sind auch irgendwie "schwafler" ( Nncht böse auffassen - ich nehme mich da nicht davon aus) - es gibt aber auch andere persönlichkeiten, die ihre be-und empfindlichkeiten nicht so zu markte tragen, wie wir das tun.
(methode: gefühle hat man - aber man zeigt sie nicht).
es ist ja auch nicht jeder der sprache so mächtig, dass ers so könnte.
aber den mitmenschen das gefühl grundsätzlich in abrede zu stellen, nur weil sie es mir nicht auf die nase binden - nein, das würde ich nicht tun.

dass es auch schwachsinn zu hören und zu sehen gibt ist allerdings auch richtig. na und? wozu das lamento? es gibt auch unkraut auf der wiese, steine im schuh, fliegen in der suppe.....

Zitat:
besonnen lauscht allein der Dichter
das wird den malern aber nicht gefallen. den bildhauern auch nicht.
es soll hin und wieder auch politiker geben, die "schauen" können und einen blick fürs wesentliche haben. mitunter sind es auch ganz "einfache" leute, die etwas in gang setzen, die sich plötzlich ein herz fassen und ihren eigenen ideen trauen. manche davon sind sehr jung, manche packen noch in hohem alter etwas neues an. der geist weht, wo er will - dort aber nachhaltig!

woher die traurigkeit kommt, die uns menschen immer wieder mal befällt, das steht auf einem anderen papier. es hat etwas mit der funktionsweise unseres gehirnes zu tun. aber nicht nur. wir alle stehen in beziehungsgeflechten, die unterschiedlich auf uns einwirken. nicht alles davon registrieren wir bewusst.
unsere körperliche befindlichkeit spielt auch eine rolle. ( wenn ich mörderkopfweh habe, ist mir der schönste sonnenuntergang wurscht, wenn ich hundemüde von der arbeit bin interessiert mich auch kein bienengesumme oder das schattenspiel, das des baumes blättergeflecht an die wand wirft usw..usw...)
es soll auch leute geben, die baumes blättergeflecht noch nie was abgewinnen konnten, aber die hin und weg sind, wenn sie schiabfahrtsläufe sehen oder fußball....

die sache mit dem aufmerksamsein ist im grunde einfach:
wir sind in dem maße aufmerksam, in dem wir auch schon als kind aufmerksamkeit erfahren haben und aufmerksamsein durften ( das heißt, dass es auch eine ruhige, geborgene atmosphäre gegeben hat, die eine solche aufmerksamkeit zuließ). aus kindern, um die sich niemand kümmert, werden leicht erwachsene, die sich auch um nichts kümmern, denn das kind lernt das wahrnehmen durch das wahrgenommen werden.

den letzten satz unterschreibe ich dir und unterstreiche ihn doppelt: seid aufmerksam!
vor allem mit euren kindern, denn da beginnt die zukunft.

allein sind wir immer.
wir werden allein geboren ( außer da hätte jemand einen zwilling) und wir sterben "allein". ob wir uns dabei aber auch einsam fühlen oder nicht - das ist die frage, die ich mir stelle.
was macht den unterschied aus?

an den tatsachen ist nicht zu rütteln.

darum ist jeder augenblick kostbar.

ich nehme an, darauf wolltest du hinweisen.

und nun hast du auch noch meinen senf dazugekriegt.

da kann man jetzt wohl auch nichts mehr machen....
mir ist "vielfalt" trotzdem lieber als "einfalt".

liebe grüße,
larin

Geändert von a.c.larin (01.03.2010 um 23:50 Uhr)
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