Thema: Fazit
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Alt 26.06.2016, 15:45   #4
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus Erich,

ein Referendum ist ein Referendum und wenn die Mehrheit so entscheidet, dann ist das hinzunehmen, sonst hat „unsere Demokratie“ das Papier nicht verdient, auf dem ihr Name steht.

Warum scheuen unsere politischen Eliten solche Referenden wie der Teufel das Weihwasser?
Diese Frage sollte man sich allen Ernstes einmal stellen, denn genau das ist, wogegen die Menschen in (ganz) Europa sich langsam aufbäumen, weil sie diesen Moloch in Brüssel als äußerst undemokratisch wahrnehmen.
Die ganzen abgehalfterten Politikversager, die dort das Sagen haben, schaffen es bis heute nicht, die Menschen auf diesem Weg mitzunehmen und ihnen die Dinge verständlich zu machen.

Und wenn ich dann in der Presse die Schlagzeile lese, „Schäubles Geheimplan für die Zukunft Großbritanniens“, dann dreht sich mir der Magen herum, trägt doch seine Regierung, allen vorweg Frau Merkel, einen großen Teil der Schuld für den Ausgang des britischen Referendums.
Was bilden die sich in Berlin eigentlich ein?

Die haben nämlich in GB nicht nur Cameron abgewählt, sondern auch die zögerlichen und engstirnigen und zugleich in ärgerlicher Weise auf den eigenen Vorstellungen beharrenden Köpfe der EU, deren Argumente und Drohungen (gegen den Brexit) keine Mehrheit hinter sich brachten. Diese Politik des sturen Aussitzens ist jetzt gescheitert.

Die sollen sich jetzt mal an die eigene Nase fassen, denn die Briten wegen ihres Egoismus, ihrer Kurzsichtigkeit und ihrer Europamüdigkeit schlechtzumachen, ist alles andere als der richtige Weg.

Denn die gehen nicht, so wie du es beschreibst, als bornierte Snobs, sondern als stolze Demokraten, die das politische Versagen der Europäischen Union nicht mehr weiter hinnehmen wollen.
Sie waren es nicht, die ihr Land in Unterstützer und Gegner, Nationalisten und Weltbürger gespalten haben, sondern das war ganz alleine die EU selbst.

Diese EU ist nur noch eine Ruine, weil sich das gegenwärtige Führungspersonal als unfähig erwiesen hat, der Auflösung des größten politischen Objekts der Gegenwart Einhalt zu gebieten.
Die Strukturprobleme und die Krisen der letzten Zeit sind ihnen einfach über den Kopf gewachsen.
Hier braucht es nicht nur ein paar Reformen, sondern das ganze Projekt muss schnellstmöglich komplett reformiert werden, oder dieser Brexit ist nur der Anfang vom Ende.

Was diese Woche geschehen ist, war eindeutig die Fortsetzung der in 2005 gescheiterten Referenden zur EU-Verfassung in Frankreich und Holland.
Daraus wurde nichts gelernt, gar nichts und der abgehalfterte Juncker sagte damals ganz frei heraus, Europa solle einfach weitermachen, ohne seine Bürger unnötig zu fragen.
Das ist jetzt die Quittung für dieses menschenverachtende Geschwätz, denn die haben sich einen Scheißdreck um ihre Bürger gekümmert. Wenn die so weitermachen, dann ist das jetzt der Anfang vom Ende einer guten, nein der besten Idee sogar, weil sich Ideal und Wirklichkeit und Eliten und Volk immer weiter voneinander entfernen.

Warte mal ab, da werden noch ganz andere Köpfe rollen. Faymann und Cameron waren die ersten, aber nicht die letzten, vor allem, solange Merkel im Alleingang regiert.

Wer da jetzt mit Bildungsferne oder romantisierendem Wahn alter Leute argumentiert, und den „Inseldeppen“ mit solchen Drohszenarien begegnet, der hat nicht verstanden, was hier abläuft.

Die ganze Schmutzigkeit und Hinterhältigkeit der politischen Elite wird allein schon dadurch deutlich, dass jetzt allen Ernstes in Erwägung gezogen wird, dieses Referendum politisch nicht umzusetzen, weil es ja für das Parlament rechtlich nicht bindend ist.

Ich gehe jede Wette ein, wenn es tatsächlich so weit kommt, dann brauchen die Labour Party und die Tories bei der nächsten Wahl gar nicht mehr anzutreten, dann haben die auch noch das letzte bisschen Vertrauen ihrer Bürger verloren.

Nein, dieser Austritt war ein kräftig-schmerzhafter und zu diesem Zeitpunkt richtiger Tritt in den Hintern eines technokratischen und undemokratischen Ungeheuers, das dadurch hoffentlich endlich mal zur Besinnung kommt.

Was wir brauchen ist ein Generationenwechsel in der Führungsetage der EU mit den dazugehörigen grundlegenden Reformen, damit dieses kostbare und wertvolle Gebilde nicht völlig den Bach runtergeht.

Wenn wir in Deutschland heute abstimmen dürften, ob unser Land in dieser EU verbleiben soll, dann würde ich eindeutig mit Nein stimmen.

Wenn sich die Mitgliedsstaaten allerdings dazu aufraffen könnten, einen europäischen Superstaat mit einer demokratisch gewählten Zentralregierung zu gründen, dann wäre ich sofort dabei, denn ich bin ganz bestimmt kein Europafeind, ganz im Gegenteil, ich erkenne die Notwendigkeit an, aber diese EU in dieser Form ist ein destruktiver, abgehalfterter und nicht mehr funktionierender Versagerverein, der den Überblick und die Interessen seiner Bürger vollkommen aus den Augen verloren hat.

Das haben die Briten erkannt und wenn sich nichts ändert, dann sehe ich schon die nächsten Austritte: Holland, Frankreich und Österreich.

Und wenn die Achse Deutschland und Frankreich zerbrochen wird, dann ist sowieso Zapfenstreich und das beste und ehrgeizigste politische Projekt der Gegenwart ist endgültig gescheitert.

Mein Dank geht an die Briten, die das der ganzen Welt endlich einmal aufs Deutlichste vor Augen geführt haben.

Und für mich bleiben die Briten weiterhin unsere europäischen Brüder und Schwestern, weil ihr Referendum offenbart hat, was sich in vielen Herzen der anderen Europäer in schweigender und machtloser Wut schon lange aufgestaut hat.

Ich verstehe das als einmalige Chance, zu retten, was zu retten ist und Europa mit anderen Führungskräften künftig anders zu gestalten.

Vielen Dank für deine Gedanken zum Thema…


Hi gin,

ich würde dich bitten, meine Antwort an Erich zu lesen, da habe ich deine Frage schon ausführlich beantwortet.

Ich bin nicht der Meinung, dass es hier um Nationalstolz geht, sondern dass diese Umfrage ganz deutlich das Versagen der politischen Eliten in Europa wiederspiegelt.

Letztendlich geht es natürlich nur um das Kapital, das sieht man ja auch daran, dass London als Kapitalstandort mehrheitlich gegen den Brexit gestimmt hat.

Dass dieser Text keine Lösungen anbietet, ist schon klar.

Die Frage sollte aber eigentlich lauten, warum man die Menschen in Europa nicht über ihre Zukunft abstimmen lässt, sondern dies einfach über ihre Köpfe hinweg bestimmt.

Die Antwort ist ganz einfach: Die haben riesige Angst, dass das Volk ihnen den ausgestreckten Stinkefinger zeigt.

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die EU einige Vorteile mit sich bringt bzw. gebracht hat. So wäre z.B. die Wiedervereinigung Deutschlands ohne diesen europäischen Gedanken sicherlich nicht vollzogen worden.

Allerdings sollte man auch nicht verkennen, dass hier das Großkapital seine dreckigen Spielchen treibt und viele Menschen in der EU zu abhängigen Wirtschaftssklaven macht.

Die EU in dieser Form ist ein Selbstbedienungsladen für die verschiedensten Lobbyisten und damit zu einem korrupten Haufen verkommen, der nur noch seine eigenen Interessen wahrnimmt und dafür sogar den großartigen Gedanken eines vereinten Europas aufs Spiel setzt.

Wenn sich da jetzt nicht bald was ändert, dann war dieser Brexit der Anfang vom Ende einer guten Idee, die wie ein maroder Scherbenhaufen zusammenfällt.

Das wäre schade und dann hätte der nationale Gedanke gewonnen, weil dieses ehrgeizige Projekt einfach dem schnöden Mammon geopfert würde.

Warten wir ab, wie sich diese Betonköpfe entscheiden, aber viel Gutes erwarte ich nicht, denn die kleben wie Schmeißfliegen an ihren Pöstchen und Positionen.

Daher habe ich leider wenig Hoffnung.

Vielen Dank für deine Antwort…


Ich bedanke mich für eure Rückmeldungen…

Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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