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Alt 23.04.2017, 11:33   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi EV!

Ungereimtes (oder kaum Gereimtes) ist nicht mein Ding, aber ein paar Tipps:

Dumpfe Waldraumklänge drücken
tote Bäume in den Traum Diese Zeile sollte für eine rundere Sprachmelodie eine weibliche Kadenz haben.
einer rauen kalten Nacht.
Seltsam ist die dunkle Welt, wo Das "wo" würde ich streichen und dafür stattdesen dort, wo es hingehört, "darin" schreiben und dort dafür das "leise" streichen. Dann hättest du auch den gewünschten Reim "Welt/erhellt".
leise jeder schwere Schatten
dürres Einsamsein erhellt.

Sprich: wo siehst du jene Himmelstränen?
Fließen sie endlos am Rücken lang? Das ist gemeinsprachlich formuliert. Hochsprachlich: "den Rücken entlang".
Oder ist es nächtens dunkler Strähnen
Schimmer reifend, der mit seinem Drang, Ohne Adverb hängt "reifend" seltsam unerklärt in der Luft, das Bild vervollständigt sich nicht: Welche Strähnen? Warum schimmern sie? Wozu reifen sie? Um die Phrase verständlicher zu machen, würde ich die "Strähnen" durch einen klareren Begriff ersetzen und auch vor das "reifend" ein Komma setzen. Schöner: "in seinem Drang", und kein Komma am Zeilenende.
schreiend aus der dunklen Tiefe: Leid,
Feuer, Eis und Eitelkeit besang?

Der Reim der drittletzten und letzten Zeile hat in der 2. Str. seine Entsprechung. Der Reim von Z1 und 3 in der 2. Str. ("-tränen/Strähnen") hat aber keine Entsprechung in Str. 1. Ein Ungleichgewicht.

Mögliche Lösung:

Dumpfe Klänge senken sacht
tote Bäume in das Träumen
einer rauen kalten Nacht.
Seltsam ist die dunkle Welt,
darin jeder schwere Schatten
dürres Einsamsein erhellt.

Sprich: wo siehst du jene Himmelstränen?
Fließen sie endlos den Rücken entlang?
Oder ist es nächtens dunkler Ahnung
Schimmer, reifend, der in seinem Drang
schreiend aus der dunklen Tiefe: Leid,
Feuer, Eis und Eitelkeit besang?


Sprachlich finde ich deinen Text angenehm komplex konstruiert. Vor allem die Conclusio finde ich lyrisch höchst gelungen!

Daher sehr gern gelesen und beklugfummelt!

LG, eKy
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