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Alt 14.02.2018, 21:26   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Chavi!

Ein schönes Gedicht - schmerzvolle Nacht mit versöhnlich-tröstlichem Ausklang, der Hoffen macht.

Allerdings scheint die Zeit zu fliegen: Zu Beginn ist es Mitternacht, fünf Zeilen weiter schon drei, und gleich darauf zwitschern schon die Vögel den Morgen ein! Zeitraffernacht!

Mitternacht. Wie still es ist!
Der Mond versteckt sein Angesicht.
Etwas klopft... Ist es mein Herz?
Was gibt ihm eine letzte Frist,
wer tröstet es in seinem Schmerz?
Die Kirchturmuhr schlägt drei.
Wann ist die Nacht vorbei?
Da hör ich durch den Fensterspalt
der Vögel Singsang, nah am Wald.

XxXxXxX
xXxXxXxX
XxXxXxX
xXxXxXxX
xXxXxXxX
xXxXxX
xXxXxX
xXxXxXxX
xXxXxXxX

Wie du siehst, haben zwei Zeilen betonten Auftakt, und zwei sind nur dreihebig.

Interessanterweise scheint das dem Text nicht zu schaden. Die Abweichungen fügen sich wohlwollend in die Sprachmelodie, verleihen dem Text sogar erzählerische Dichte und emotionalen Ausdruck.

Dennoch kann ich als alter Erbsenzähler nicht umhin, eine dem dominanten Schema angeglichene Version zu versuchen. Nenne es einen inneren Zwang ...

Die Mitternacht. Wie still es ist!
Der Mond versteckt sein Angesicht.
Was klopft so wild - ist es mein Herz?
Was gibt ihm eine letzte Frist,
wer tröstet es in seinem Schmerz?
Die ferne Kirchturmuhr schlägt drei.
Wann ist die wunde Nacht vorbei?
Da hör ich durch den Fensterspalt
der Vögel Singsang, nah am Wald.

Ich kann mir nicht helfen - mir ist Lyrik eben so lieber: Schön im Gleichtakt oder zumindest in harmonischem, gleichbleibend definiertem Wechsel. Beachte es gar nicht, ich hab das nur für mich gemacht ... - so ähnlich wie Sheldon Cooper, der sein Anklopfritual immer dreimal wiederholen muss ...

Sehr gern gelesen!

LG, eKy
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