Hi, Thomas!
Bezüglich reimloser Lyrik bin ich sicher der Falsche zum Bewerten.
Ich unterscheide allerdings durchaus zwischen einerseits Reimstruktur und Takt und andererseits dem Rhythmus der Sprachmelodie, deren Klang eine eigene Melodie zu generieren vermag. Gute reimlose Gedichte gewinnen sehr von so einer harmonischen Sprachführung, die den Inhalt trägt, untermalt oder akzentuiert. Im Idealfall - für mich, wohlgemerkt - ergänzen sich Sprachmelodie und Reimschema perfekt, aber das ist meine eigene Vorliebe und kein Werturteil.
In obigem Fall finde ich die Wortwahl gut, das Bild sehr poetisch - nur die Formulierung scheint mir etwas verwirrend. Ich würde es so sagen:
Es hat
die Rose Morgentau
aus ihrem Weiß geweint;
Tränen so rein,
<--- Hier muss übrigens ein Komma hin.
darin man ihre Seele sah.
Der Einstieg mit "Es hat..." erscheint mir persönlich klanglich etwas hart. Ich - und das ist kein Vorschlag, sondern nur meine "Variante" - würde es so formulieren:
Die Rose weinte Morgentau
aus ihrer Blüte, weiß und rein.
Verschenkte Träne! Doch genau
so klar muss ihre Seele sein.
Ein anderer Stil, keine Frage. Ich habe eben Fenollosa's Aufsatz über die chinesischen Radikale nicht gelesen...
Ich hoffe, dieser Beitrag konnte zumindest
irgendwie hilfreich sein!
LG, eKy