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Alt 29.04.2012, 22:21   #16
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hi gin,

da muss ich mich aber noch mal melden

Zitat:
Vorab, ich denke, das du den Begriff (Ossi) gewählt hast, um darüber zu diskutieren.
Nein, eigentlich nicht. Ich wollte über Mosebachs Aussage und meinen Text diskutieren. Ich sagte oben schon, daß ich den Begriff provokativ wählte und wenn du den Titel über meinem Text anschaust, dann habe ich das im Gegensatz zur Titelzeile auch rumgedreht.

Was hätte ich denn schreiben sollen?
Etwa: Die Atheisten in den neuen Bundesländern sind keine Menschen?
Der Titel "Ossis sind keine Menschen" ist wesentlich plakativer und effizienter.

Und das hat nicht Mosebach gesagt, sondern ich, weil seine Aussage auf die o.a. Frage kam.

Zitat:
Aber wie gesagt, ist das was im Duden steht und zB in jedem einzelnen Herzen wohnt keine kongruente Weltsicht.
Natürlich mag im Duden "Ossi" als ein neutraler Begriff stehen, dennoch muss dies ja nicht für jede einzelne Person gelten und mitunter auch nicht für viele Menschen, sondern nur für den Verfasser bzw. die Verfasser des Duden und mitunter auch nur unter Druck des neutralem Drucks.
Beim Begriff "Ossi" geht es nicht um eine Weltsicht, sondern um Fakten.
Jeder weiß, was damit gemeint ist. Den Begriff "Wessi" gibt es übrigens schon viel länger. Den haben nämlich die Westberliner für die Einwohner der alten Bundesrepiblik kreiert. Darüber hat sich auch niemand echauffiert.
Außerdem findest du in jedem besseren Wörterbuch (auch bei Bertelsmann) unter dem Begriff "Ossi": Bürger der neuen Bundesländer.
Und zwar völlig wertfrei.

Es geht doch darum, wie dieser Begriff verwendet wird.

Ich habe doch diese Menschen nicht abgewertet, sondern Mosebach, es ging um den Osten Deutschlands, nicht um die alten Bundesländer, schon vergessen?

Wenn ich einen Ostfriesenwitz erzähle, sagt doch auch keiner, das sei abwertend.

Zitat:
Natürlich hat jede Weltsicht zunächst einmal Berechtigung, wie lange und ob von jedem befürwortet bzw. nicht, dass ist eine ganz andere Frage.
Das sehe ich anders. Sobald eine solche Weltsicht Menschen diskriminiert und herabwürdigt und öffentlich geäußert wird, steht eine Absicht dahinter, der ich jedwede Berechtigung abspreche.

Konstruiertes Beispiel:

Frage von A:

"Laut einer Studie ist Hessen (Verzeihung) die schwulste Region der Welt. Ist das eigentlich schlimm?"

Antwort von B:

"Für die Heterosexuellen ist es immer schlimm, wenn Menschen die Verbindung zum anderen Geschlecht verlieren. Weil sie davon überzeugt sind, dass diese Verbindung die Fähigkeit, Mensch zu sein, erst zur Vollendung bringt. Diejenigen, die heterosexuell unmusikalisch sind – wie man das heute so flott formuliert –, sind in ihrer Vollausbildung als Menschen beeinträchtigt. Homosexualität ist ein Mangel. Ein Leben in völliger Abkehr vom anderen Geschlecht ist eine reduzierte Existenz. Die seelische und auch die rationale Fülle des Menschseins ist dann nicht gegeben, wenn die Verbindung zum anderen Geschlecht verödet ist."

Siehst du, was ich hier gemacht habe? Ich habe nur die Begriffe ausgetauscht und ansonsten dieselbe Wortwahl wie Mosebach benutzt.

Und solche Weltsichten sollen ihre Berechtigung haben?

Zitat:
Außerdem ist eine Weltsicht im Sinne der Philosophie zunächst einmal ein theroetisches Konstrukt, je nachdem wie man dieses anwendet.
Nein, die Weltsicht oder besser Weltanschauung bezieht sich auf systematische, prinzipielle und durch Gesinnung bestimmte Aspekte, aus deren Anwendung auf die Welt dann ein Bild der Welt, das Weltbild, resultiert.
Die Gesinnung aber wird durch die persönlichen Werte und Moral begrenzte Grundhaltung bzw. Denkweise eines Menschen bestimmt, welche den Handlungen, Zielsetzungen, Aussagen und Urteilen desselben zugrundeliegend betrachtet werden kann. Ob die Gesinnung oder die Tat selbst die Sittlichkeit einer Handlung ausmacht, ist ein Problem der Ethik.

Und genau darum geht es hier.
Was Mosebach gesagt hat, verstößt gegen die allgemeingültige Ethik unserer Kultur und unseres heutigen Gesellschaftsbildes.

Das ist kein bloßes Konstrukt, er wendet es an.

Zitat:
Eine Dikatatur ist eine brutale und psychologische Durchsetzung eines Einzelnen in der Andersdenkende nicht toleriert werden, die sich sogar andere Weltsichten fälschlicherweise zu nutze machen können und auf ihre Weise auslegen (s. Nietzsche).
Ich will Nietzsche gar nicht widersprechen.

Aber was ist z.B. mit dem Nationalsozialismus?

Zitat:
Zitat von Wikipedia
Der Nationalsozialismus bezeichnete sich selbst als Weltanschauung und nicht als Ideologie. Während man einer Ideologie nur anhängen kann, so werden Weltanschauungen geteilt – oder auch nicht. Im Sinne des Nationalsozialismus wurde eine Weltanschauung gelebt: sie entzieht sich der Kritik, da sie die Wahrnehmung selbst bereits bestimmt, und sie enthält die Möglichkeit, alle Lebensbereiche unter ihrer Perspektive zu interpretieren und umzuformen. So werden zugleich, darauf macht Victor Klemperer in LTI aufmerksam, alle möglichen Positionen und selbst die Philosophie zu bloß konkurrierenden Anschauungen degradiert, gegen welche sich der Nationalsozialismus als „totale Weltanschauung“ durchsetzen sollte – und zwar durch die Mittel der Überzeugung der Zaudernden durch Propaganda bis hin zur physischen Vernichtung all jener, die die Weltanschauung des Nationalsozialismus nicht teilen wollten oder sollten.
Und so weit ist Herr Mosebach mit seiner Weltsicht gar nicht davon entfernt, auch wenn er nicht die physische Vernichtung der Nichtgläubigen anstrebt.
Aber was wäre, wenn solche Menschen wie er einmal die Macht in den Händen hielten?
Würdest du deine Hand dann dafür ins Feuer legen, daß nicht wieder Menschen aufgrund ihrer eigenen Weltanschauung verfolgt, verschleppt, gefoltert und ermordet würden?

Zitat:
Auch der Darwinismus als wissenschaftl. Theorie musste ja dafür herhalten. Insofern nenne ich es von einigen Diktatoren eher eine gestörte krankhafte Falschauslegung bzw. Anwendung von Theorien und Gedankenkonstrukten einiger anderer klügerer Männer/Frauen.
Keine Widerrede. Und was macht Mosebach hier? Ist das vielleicht etwas anderes?

Zitat:
Dennoch ist auch diese Weltsicht immer noch vertreten, bei einigen als Warnung bzw. pos. Lernimpuls, bei anderen - weiß auch nicht was in diesen Köpfen vorgeht ...
Ja, genau, das frage ich mich auch, vor allem bei Herrn Mosebach.

Zitat:
Ich hoffe es ist nicht pro Einwohner auf Quadratkilometer gerechnet. Weißt du, dass interessiert mich gar nicht was der Herr dort erzählt, ich finde dies auch gar nicht so tragisch, da es aus seiner Sichtweise vllt sogar stimmen mag und aus seiner Weltsicht heraus mitunter auch. Natürlich und ich sehe jetzt den Kern der Debatte ist es einerseits ein Dilemma andere und ihre Sichtweisen zu respektieren oder dies zu wollen und bei Anderen aus dem sicheren Wissen des falschen Denkens dies nicht zulassen zu können oder zu hinterfragen, ob das eigene tolerieren dann überhaupt noch richtig wäre/ist. Tja was nun, kann man alle Menschen von heute auf morgen gut machen und welche Definition soll dann dafür gelten ohne eine aufgezwungene...
Nun ja, mich interessierte das aber schon, sonst hätte ich ja nicht darüber geschrieben. Ich fühle mich solidarisch mit den "Ossis" (und allen anderen Atheisten), weil auch ich diese Religion nicht für wahr annehmen bzw. an sie glauben kann und ich somit automatisch durch die Aussage des Herrn Mosebachs auch mein persönliches Menschsein herabgewürdigt sehe.

Wenn er daran glaubt, wenn das seine Weltsicht ist, dann akzeptiere ich das für ihn, denn es ist seine Entscheidung, er muss damit leben, ich muss das nicht.
Und wenn ich das nicht muss, so sehe ich keinen Grund, mir dadurch nur eine reduzierte Existenz zubilligen und mir die seelische und rationale Fülle des Menschseins absprechen zu lassen.

Das ist doch durchaus vergleichbar mit der nationalsozialistischen Ideologie von den Untermenschen.

Und wenn solch erzkonservativen Katholiken nicht entsprechend widersprechend begegnet wird, dann können sie wieder eine ihrer Wahrheiten ungehindert verbreiten.
Was das zu den Zeiten, als der Klerus oder ihm hörige Kaiser und Könige noch herrschte, für Un- und Andersgläubige bedeutete, muss man doch niemandem mehr erzählen.
Was war daran besser als im dritten Reich?

Zitat:
Wir armen Menschen werden zwischen Eigen- und Aussenansicht hin und her geworfen. Da weiß ich jetzt auch nicht mehr weiter lieber faldi.
Na ja, es sind wohl mehr die Eigenansichten, die den Menschen zu schaffen machen.
Letztlich gibt es keine Außenansicht, zumindest nicht direkt, denn alles was sich außerhalb von mir befindet, ist Objekt der Anschauung, welches durch die Sinne und damit den Verstand erfasst wird.
Erst jetzt schaltet sich die Vernunft ein, indem sie die Objekte abstrakten Begrifflichkeiten unterordnet.
Und dies geschieht nun einmal immer mit der Eigenansicht der Dinge.

Wo diese aber für Menschen und das soziale Klima gefährlich werden könnten, gilt es Einhalt zu gebieten.
Und zwar immer dann, wenn Menschen aufgrund bestimmter Eigenschaften, oder wie hier Nichteigenschaften, eindeutig diskriminiert werden.
Sie mein obiges Beispiel von den Schwulen.

Zitat:
Dennoch empfinde ich als "Ossi" seine Auslegung, dass dies die atheistischste Region der Welt ist nicht tragisch, weil er mitunter Recht hat und wenn nicht eben seine Meinung gesagt hat.
Ich weiß, worauf du hinaus willst.
Es war meine Verknüpfung mit dem allgemeinen Begriff "Ossi", denn seine Worte galten ja nur den Atheisten unter ihnen, bzw. den Atheisten allgemein am Beispiel der "Ossis".

Im Übrigen ist es nicht seine Auslegung, daß dies die atheistischste Region der Welt sei, sondern ein die Auswertung einer Studie, zu der er seine Meinung geäußert hat. Vielleicht solltest du den Text doch einmal komplett durchlesen, damit wir auch wissen, worüber wir hier reden.

Zitat:
Wie gesagt ich finde die Verwendung des Begriffes "Ossi" weitaus tragischer und leider auch das was damit verbunden ist, auch wenn dies niemand aussprechen will (versteckte Bürgergegensätze).
Letztendlich unterstellst du hier etwas, was gar nicht so gemeint ist.

Sowohl der Begriff "Ossi" als auch der Begriff "Atheist" können aus der jeweiligen Sicht negativ und abwertend konnotiert sein.

Vielleicht kommst du jetzt dahinter, warum ich den Begriff "Ossi" verwendet habe. Ansonsten weiß ich es auch nicht mehr.

Zitat:
Insofern hat der Pastor wenigstens etwas den Anderen voraus, er hat öffentlich gesagt was er wirklich denkt und fühlt.
Erstens ist er kein Pastor, er ist Jurist und Schriftsteller und zweitens hat er nicht gesagt, was er wirklich denkt und fühlt, sondern er lebt im Glauben an andere Gedanken. Ich sage es mal mit Schopenhauer (aus Parerga und Paralipomena II, KAPITEL XV, UEBER RELIGION):

Zitat:
Zitat von Arthur Schopenhauer
§. 176.
Offenbarung.

Der ist nur noch ein großes Kind, welcher im Ernst denken kann, daß jemals Wesen, die keine Menschen waren, unserm Geschlecht Aufschlüsse über sein und der Welt Daseyn und Zweck gegeben hätten. Es giebt keine andere Offenbarung, als die Gedanken der Weisen; wenn auch diese, dem Loose alles Menschlichen gemäß, dem Irrthum unterworfen, auch oft in wunderliche Allegorien und Mythen eingekleidet sind, wo sie dann Religionen heißen. Insofern ist es also einerlei, ob Einer im Verlaß auf eigene, oder auf fremde Gedanken, lebt und stirbt: denn immer sind es nur menschliche Gedanken, denen er vertraut, und menschliches Bedünken. Jedoch haben die Menschen, in der Regel, die Schwäche, lieber Andern, welche übernatürliche Quellen vorgeben, als ihrem eigenen Kopfe zu trauen. Fassen wir nun aber die so überaus große intellektuelle Ungleichheit zwischen Mensch und Mensch ins Auge; so könnten allenfalls wohl die Gedanken des Einen dem Andern gewissermaaßen als Offenbarungen gelten. -
Hingegen das Grundgeheimniß und die Urlist aller Pfaffen, auf der ganzen Erde und zu allen Zeiten, mögen sie brahmanische, oder mohammedanische, buddhaistische, oder christliche seyn, ist Folgendes. Sie haben die große Stärke und Unvertilgbarkeit des metaphysischen Bedürfnisses des Menschen richtig erkannt und wohl gefaßt: nun geben sie vor, die Befriedigung desselben zu besitzen, indem das Wort des großen Räthsels ihnen, auf außerordentlichem Wege, direkt zugekommen wäre. Dies nun den Menschen ein Mal eingeredet, können sie solche leiten und beherrschen, nach Herzenslust. Von den Regenten gehn daher die klügeren eine Allianz mit ihnen ein: die andern werden selbst von ihnen beherrscht.
Soviel dazu.

Es gibt viel Weisere, die Meinung solcher frommen Schwätzer brauchen wir heute nicht auch noch, wir haben andere Problem, findest du nicht?


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


PS: @ Erich

Ich antworte dir noch separat...
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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