Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 26.02.2017, 10:57   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi Fridolin!

Ja, das kenne ich! All meine Bücher habe ich im "Eigenverlag" publiziert, d.h., ich habe selbst für Editieren und Druck sowie das Binden bezahlt.
An die 40.000 Öcken hat mich das über die Jahre schon gekostet - mindestens! Gibt es eine Chance, das je wieder reinzuholen? - Nope!
Die meisten Bücher liegen immer noch bei mir rum, meist verschenke ich sie an die seltenen Gäste - ernsthaft Interessierte gibt es praktisch keine.
Warum ich es dennoch tue? Keine Ahnung - oder doch, aber die ist mir etwas peinlich! Es sind irgendwie meine "Kinder" - als Ästhet habe ich vor langer Zeit beschlossen, meine genetische Disposition keinem anderen fühlenden Wesen bewusst anzutun: Klein, fett, sehr kurzsichtig, kurzfingrig, Glatze, starke Körperbehaarung, Plattfüße, und, und, und ... - die Liste ist lang, mit Sicherheit länger als ich!
Was von mir "in der Welt" also bleiben wird, mein Vermächtnis, mein Erbe - das werden meine Bücher sein. Zumindest die paar, die ich verkauft oder verschenkt habe. Was hier noch rumliegt, wird irgendein Erbe höchstwahrscheinlich geschlossen zum Altpapier werfen ...

Kaum einer macht sich im Zeitalter der Massenmedien noch die Mühe, Lyrik zu lesen. Denn wie ist sie entstanden? - In einer Zeit, da es KEIN Smartphone, KEIN Radio, KEIN Fernsehen, ja kaum Printmedien gab, da musste man den Geist eben anders beschäftigen. Eine Methode war, im Familienkreis oder in größerem Rahmen musikalische und/oder literarische Abende zu gestalten.
Gedichte galten neben Musik als Königsdisziplin der gehobenen Unterhaltung!
Man las viel mehr als heute, zumindest in gebildeten Kreisen. Entsprechend hoch war das Niveau des Geschriebenen.
Heute schreibt man (wenn überhaupt noch - ich fürchte, irgendwann wird es nur noch "Hörbücher" (-Würg!) geben!) eher für die Masse - und deren Ohr wurde nie für Lyrik geschärft, deren Herz nie dafür erwärmt.
Dazu kam die "Prosaisierung" durch 2 Weltkriege und viel Elend - die Leute hatten andere Sorgen! Zuletzt nagelte die "moderne" abstrakte Lyrik endgültig den Sargdeckel zu! Sowas wollte einfach keiner mehr lesen, abgesehen von einigen exaltierten selbstgefälligen Hirnwixern, die sich wer weiß was auf ihr abgehoben elitäres Kunstverständnis einbildeten.

Höchst bedauerlich, aber es ist so! Wenn wir heute noch publizieren, dann hauptsächlich für uns und die verschwindend kleine Gemeinde jener, die noch Sinn für den und Freunde am Zauber der Sprache selbst haben! Und damit meine ich nicht den Proletensprech bildungsferner Deutschtürken, nicht das dialektverseuchte Schimpfwortgeleier untersten Saufgesindels, nicht die verkrüppelte Stenosprache emoticonverseuchter Smartphonedaddler!
All diese Auflösungserscheinungen gepflegter Sprache sind mir zutiefst zuwider - dazu liebe ich sie einfach zu sehr, um sie dermaßen vergewaltigt, ja geschändet zu sehen!
Wir Dichter sind einfach aus der Zeit gefallen ...

Gern, aber zutiefst resignierend seufzend gelesen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (26.02.2017 um 17:38 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten