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Alt 17.09.2009, 13:02   #4
Archimedes
der mit dem Reim tanzt
 
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Liebe cyparis, wow, welch starkes Stück Lyrik!!! Besonders die ersten drei Zeilen haben es mir angetan.

O, Herz, zerspring mir nicht!
O, Sinn, gib weiter Licht,
daß ich bestehen möge!

Da ist alles drin, was das Leben ausmacht: Herz und Sinn. Auch die nächsten drei Zeilen haben es: Ich muss ihnen treu bleiben, sonst geht es verloren und ich bin nur eine klingende Schelle:

Selbst wenn mich alle Welt betröge,
hielt' ich im Innern Gnadgericht,
wög' Liebe mehr mir als Verzicht.

Jetzt fällt es aber stark ab, und ich kann dir nur raten die letzten zwei Zeilen wegzulassen.

Daß ich dies niemals löge:
Geb's Gott, bis daß mein Auge bricht!

Das "löge" ist zwar grammatikalisch richtig, aber doch sehr fern und damit unglaubwürdig.
Die letzte Zeile ist doch sehr klischeehaft abgedroschen. Ich würde es so für sich sprechen lassen:

O, Herz, zerspring mir nicht!
O, Sinn, gib weiter Licht,
daß ich bestehen möge!

Selbst wenn mich alle Welt betröge,
hielt' ich im Innern Gnadgericht,
wög' Liebe mehr mir als Verzicht.

So ist es auch vom Reim her symmetrisch abgerundet und bedarf keines übersinnlichen Beistandes.

Das tolle Gedicht gerne überdacht.

Wenn ich im letzten Abendstrahl
den letzten Weg gegangen bin,
dann denke ich an meine Wahl:
Nicht Leib und Leben, Herz und Sinn.

Lieben Gruß
Archimedes ...der solche Kernkreise mag
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